- Bislang stellten Gasanteile oder Lufteinschlüsse eine große Herausforderung für Masse-Durchflussmessgeräte dar, da sie die Schwingung des Messrohrs dämpfen. Wenn die Schwingung des Messrohrs nicht aufrechterhalten werden kann, führt dies im Extremfall zur Unterbrechung der Messfunktion.
- Das Coriolis-Durchflussmessgerät Optimass 6400 bietet eine zuverlässige Indikation von Gasblasen im Prozess, indem es eine Kombination verschiedener Messgrößen zur Erkennung eines Zweiphasenstroms verwendet.
- Bei Werten zwischen null und hundert Prozent Gas- bzw. Luftanteil in der Leitung hält es kontinuierlich die Masse- und Dichtemessung aufrecht.
Warum benötigen Anwender eine sichere Indikation, dass Gasblasen im Prozess vorhanden sind? Die Antwort ist einfach: Oftmals wissen sie gar nicht, dass Gasblasen in ihren Prozessen auftreten. Und selbst wenn sie es wissen, fällt es ihnen aufgrund fehlender Messmöglichkeiten schwer, den Anteil zu quantifizieren. Viele Anwender behelfen sich hier mit selbstgebauten Lösungen oder haben sich damit arrangiert, dass ihre Durchfluss-Messungen ungenau sind, weil der Gasanteil nicht berücksichtigt wird. Denn ungewollte Gasblasen haben einen nicht zu unterschätzenden Nebeneffekt: Sie beeinträchtigen die Funktion der Durchflussmessgeräte, damit deren Messwerte für die Steuerung und damit auch die verfahrenstechnischen Prozesse sowie die Qualität der Produkte.
Obwohl Gasblasen ein nicht zu unterschätzendes Problem im industriellen Alltag sind, müssen Messtechnikhersteller sich oft gegen den Vorwurf verteidigen, aus diesem Phänomen ein größeres Problem zu machen, als es eigentlich ist. Zumal solche Gasanteile – so die Kritik – in wesentlich weniger Prozessen auftreten, als von Geräteanbietern behauptet. „Gasblasen in chemischen Prozessen sind eine der häufigsten Ursachen, warum Anlagenbetreiber Servicemitarbeiter rufen, um ein vermeintlich fehlerhaftes Gerät zu überprüfen“, erklärt Frank Grunert, Produktmanager Coriolis-Masse-Durchflussmessgeräte bei Krohne. „Die Verwunderung ist meist groß, wenn der Anwender feststellt, dass das Gerät spezifikationsgemäß misst und sich über die gespeicherten Dichteänderungsverläufe Rückschlüsse auf unerwartete Gasanteile ziehen lassen.“
Gasblasen: eine typische Störung im Prozess
Gasblasen bereiten Anwendern insbesondere in sensiblen Dosierprozessen Ärger und Kopfschmerzen. Die Ursachen sind vielfältig: Gas wird beispielsweise über das Rohmaterial oder Lecks vor oder in einem Pumpenansaugbereich eingetragen. Auch ein zu niedriger Füllstand in einem Vorlagebehälter sowie Rührwerke in Tanks, oder lange Fallwege in Tanks können zu einem Gaseintrag führen. Häufig kommt es auch beim An- und Abfahren oder Reinigen der Anlage zu Gaseinschlüssen. Hier ist für den Betreiber die Dauer der Zweiphasenströmung von Interesse: Handelt es sich um eine Kurzzeit-Störung oder einen dauerhaften Prozesszustand?
Weitere Beispiele sind Fertigungsprozesse, in denen Gasblasen gezielt eingebracht werden und der Gasstrom vor der Lanze gemessen wird, beispielsweise bei der Produktion von Duschgels. In manchen Prozessen dienen Gasblasen zur Steuerung, z.B. wenn Tanks mit Luft leergedrückt werden und die Gasblasenmeldung des nachgeschalteten Durchflussmessgerätes den leeren Tank signalisiert. Ein weiteres interessantes Indiz: die auf den Branchenmessen zu beobachtende steigende Nachfrage nach Pumpen für Mehrphasengemische, insbesondere aus der Petrochemie.
Aus Sicht der Messtechnik sind Gasblasen eine Flüssigkeits-Gas-Strömung – die häufigste Form der Zweiphasenströmungen. Zur Charakterisierung einer Zweiphasenströmung ist eine Vielzahl von Messgrößen erforderlich. Hierzu zählen unter anderem der Volumenanteil der dispersen Phase in der kontinuierlichen Phase, die Dichte beider Phasen, die Morphologie (Größe, Form, Verteilung) der auftretenden dispersen Phase, die Viskosität der kontinuierlichen Phase, der Prozessdruck und die Oberflächenspannung der kontinuierlichen Phase.
Zweiphasenströmungen sind komplex
Entsprechend der vielfältigen Eintragungsmöglichkeiten von Gasblasen weisen die Flüssigkeits-Gas-Strömungen sehr unterschiedliche Charakteristika auf. „Es
gibt aktuell kein Messverfahren, das alle Parameter messen kann“, beschreibt Grunert. „Aber eine Kombination verschiedener Messprinzipien hilft, diese Strömungen besser zu beschreiben.“ „Bevor ein Anwender Gegenmaßnahmen ergreifen kann, muss er zunächst erkennen, dass ein solches Problem überhaupt existiert. Zur Erkennung von Gasblasen ist das Coriolis-Masse-Messprinzip sehr gut geeignet, da es Masse- und Dichteänderungen des Messstoffs präzise erkennt“, betont Grunert.
Bislang stellten Gasanteile oder Lufteinschlüsse eine große Herausforderung für Masse-Durchflussmessgeräte dar, da sie zwei Effekte hervorrufen: Einerseits wird die Schwingung des Messrohrs durch die Relativbewegung der verschiedenen Phasen gedämpft, da die Gasphase im Gegensatz zur flüssigen Phase kompressibel ist. Diese Dämpfung führt zu inkonsistenten Schwingungsamplituden des Messrohrs, die die Geräteelektronik bei der Suche nach der Eigenresonanzfrequenz des Messrohrs stören. Ein weiterer Effekt kann beim Schwingungserzeuger bzw. beim mechanischen Schwingungssystem des Coriolis-Messgerätes beobachtet werden: Die vom Erzeuger aufgenommene Leistung kann signifikant größer sein als die aufgrund von Fluid- und Materialdämpfung im Messrohr umgewandelte Leistung. Wenn die Schwingung des Messrohrs nicht aufrechterhalten werden kann, führt dies im Extremfall zur Unterbrechung der Messfunktion.
Massenstrom wird „gasblasenresistent“ gemessen
Mit dem Optimass 6400 wurde ein Gerät entwickelt, das diese beiden Effekte exakt wiedergibt: Als Standardgerät ist es für eine Vielzahl von Prozessen in einem breiten Temperatur- und Druckbereich einsetzbar. „Gasblasen können eine Messung erheblich stören, zum Ausfall der Messgeräte oder schlimmstenfalls zum Anlagenstillstand führen, weil das Durchfluss-Messsignal zur Prozesssteuerung fehlt. Gerade beim Anfahren ist es äußerst hinderlich, wenn die Anlage nach wenigen Sekunden wieder stillsteht, weil das Messgerät ausgestiegen ist“, erläutert Grunert.
Bislang gab es nur Geräte auf dem Markt, die den letzten stabilen Messwert einfroren, um den Prozess nicht unterbrechen oder neu starten zu müssen. Optimass 6400 erkennt und meldet Gasblasen zuverlässig und hält dabei die aktive Messung bei allen Messzuständen mit Gasanteilen von null bis hundert Volumen-Prozent aufrecht. Das Gerät ist „gasblasenresistent“. Der Messwertaufnehmer Optimass 6000 sowie die Elektronik des Messwertumformers MFC 400, die zusammen den Optimass 6400 bilden, sind präzise aufeinander abgestimmt und verfügen über eine komplett digitale Signalverarbeitung – von der Generierung der Anregungssignale des Messrohrs bis hin zur Auswertung der Sensorsignale. Dadurch ist es möglich, Veränderungen im Prozess zuverlässig zu erkennen und die tatsächlichen Zustände in der Leitung realistisch wiederzugeben.
Das Gerät arbeitet mit verschiedenen, in den internen Signalen des Messumformers gesetzte Indikatoren für Gasblasen. Sie weisen allerdings Querempfindlichkeiten auf. Deshalb wird eine Kombination von zwei oder mehr Indikatoren für eine zuverlässige Diagnose verwendet. In der Namur-Empfehlung NE 107 sind verlässliche Diagnoseergebnisse die wichtigste Forderung. Die Diagnosedaten des neuen Masse-Messgeräts sind besonders verlässlich, weil sie eine Kombination aus verschiedenen Indikatoren zur Erkennung der Gasblasen verwenden. Ein entscheidendes Kriterium bei der Auswahl des Messgerätes ist für viele Anwender die Genauigkeit, mit der das Gerät bei Auftreten von Gasblasen misst. Oft ist zwar die Rede davon, dass Geräte selbst bei hohen Gasblasenanteilen noch genau messen. „Die Praxis zeigt jedoch auch bei diesen Geräten, dass Gasblasen Veränderungen der Prozesse bewirken. Daraus resultieren Abweichungen bei der Genauigkeit der Masse-Durchflussmessung in Abhängigkeit von den Prozessbedingungen und der kundenspezifischen Anlagenbedingungen“, beschreibt Grunert. „Außerdem fallen mal mehr, mal weniger, mal kleine, mal große Gasblasen an. Ebenso kommt es zu Temperatur-, Druck- oder Viskositäts-Veränderungen, die berücksichtigt werden müssen“, erläutert Grunert.
Aufgrund dieser Erfahrungen wird trotz der augenscheinlichen Verbesserung des Messverhaltens derzeit keine Aussage über die Genauigkeiten der verschiedenen Messgrößen – Dichte, strömende Masse, Volumen – beim Auftreten von Gasblasen und bei wechselnden Prozessbedingungen getroffen.
Fazit: Das Coriolis-Durchflussmessgerät Optimass 6400 bietet eine zuverlässige Indikation von Gasblasen im Prozess, indem es eine Kombination verschiedener Messgrößen zur Erkennung eines Zweiphasenstroms verwendet. Bei Werten zwischen null und hundert Prozent Gas- bzw. Luftanteil in der Leitung hält es kontinuierlich die Masse- und Dichtemessung aufrecht und liefert jederzeit Messwerte. Gleichzeitig kann es den 2-Phasen-Status melden und einen vorkonfigurierten Alarm gemäß Namur NE107 mit konkreten Handlungsanweisungen ausgeben.
Blick hinter die Kulissen
Digitale Signalverarbeitung – Schlüssel zum „Gas-Management“
Digitale Signalverarbeitung hat schon seit Langem Einzug in Coriolis-Masse-Durchflussmessgeräte genommen, jedoch zunächst nur in der Auswertung der Sensorsignale. Zur Schwingungsanregung wurde bisher meist ein analoger Signalkreis verwendet, der das gemessene Schwingungssignal des Messrohrs verstärkt und als Antriebssignal zurück an das Messrohr gibt.
Bei Gasblasen ist das Schwingungssignal gestört, hervorgerufen durch die Transienten in der Dämpfung und der Dichte des Mediums. Die Störung wird mit aufgenommen und verstärkt – dadurch ist auch das Antriebssignal gestört. Das bedeutet einerseits einen Leistungsverlust, da nicht mehr effizient nur in der Resonanz des Messrohrs angeregt wird. Zum anderen wird auch die Messung der Frequenz gestört. Beide Effekte führen dazu, dass sich die Messung der Messrohrschwingung zunehmend verschlechtert. Der Verlust der Resonanz zwingt einen Neustart.
Optimass 6400 verfügt über eine synthetische Schwingungsanregung und eine hochauflösende digitale Signalverarbeitung: Die Schwingungsanregung erfolgt über eine digital vorgegebene und damit bekannte Antriebsfrequenz. Die Messrohrschwingung entsteht aufgrund dieses Antriebs, damit ist automatisch auch die Schwingungsfrequenz des Messrohrs genau bekannt. Dieser Zusammenhang ändert sich auch bei der Störung durch Gasblasen nicht. Der Regelkreis bleibt „sauber“ und wird nicht durch eingestreute und verstärkte Frequenzen gestört. Damit kann das Coriolis-Messsystem Amplitude und Phase auch bei Störungen genau messen und in die Resonanz regeln. Das Gerät bleibt im kontinuierlichen Messbetrieb auch bei Gasanteilen oder Lufteinschlüssen von 0…100 % im Medium.