CT: Herr Dr. Konwitschny, grundsätzlich stehen Betreiber beim Thema Leckagesuche ja vor zwei Optionen: outsourcen oder selber machen. Wem empfehlen Sie was?
Dr. Rudolf Konwitschny: Die Variante der Lecksuche als zugekaufter Service hat für Betreiber durchaus ihren Charme. Denn wenn die Lecksuche nur ein- oder zweimal im Jahr stattfindet, dann lohnt sich die Anschaffung eigener Hardware in aller Regel nicht. Dazu kommt in solchen Fällen auch das Problem, das Personal „fit“ zu halten. Denn notfalls muss ein Mitarbeiter in der Lage sein, spontan um 3 Uhr nachts auf Lecksuche gehen zu können und dabei schnell zu einem verlässlichen Ergebnis zu kommen. Hierfür qualifiziertes beziehungsweise zertifiziertes Personal vorzuhalten, haben sich in der Vergangenheit oft nur Betriebe aus dem Bereich der Kerntechnik geleistet. In den vergangenen Jahren gab es in vielen Betrieben ja einen generellen Trend, technische Dienstleistungen mehr und mehr auszulagern. Mittlerweile geht es aber wieder in die andere Richtung, und die Unternehmen bauen eigene Spezialisten auf – auch in der Chemie. Im Zuge dessen verzeichnen wir auch eine verstärkte Nachfrage für Inhouse-Schulungen. Das ist für „Selbermacher“ auch unbedingt anzuraten. Denn sonst kauft ein Unternehmen für sein Personal ein teures Helium-Lecksuchgerät, und dann weiß niemand, wie man es korrekt einsetzt. Mittlerweile verbringe ich rund ein Drittel meiner Arbeitszeit damit, solche Schulungen zu geben. Spannend ist dabei, festzustellen, dass das Kundeninteresse sich weniger auf Standardseminare konzentriert, sondern hin zu speziellen Applikationen.
CT: Wer sich selbst ans Werk machen will: Wo liegen in einem Druckluftsystem die klassischen Schwachstellen, wo sollte also auf jeden Fall eine regelmäßige Prüfung geschehen?
Konwitschny: Das häufigste Problem, das mir in der Praxis begegnet, ist weniger eine typische Schwachstelle in einem Leitungssystem, sondern die falsche Interpretation von Messergebnissen. Wird in einem Integraltest ein Leck erkannt, so werden oft ungeeignete Methoden zur Lokalisierung eingesetzt: Schaumbildende Mittel sind bei Betreibern sehr beliebt, weil günstig. Allerdings verschätzen sich die Anwender häufig, wenn es darum geht, die Empfindlichkeit dieser Tests korrekt einzuschätzen – teils um den Faktor 100.
Die Frage nach klassischen Schwachstellen im Leitungssystem würde ich vielleicht so beantworten: Leckagen tauchen in aller Regel weniger im Vollmaterial auf, sondern an Fügestellen. Also überall dort, wo mechanische Belastungen auftreten – beispielsweise an Flanschverbindungen oder Absperrorganen. Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Fehlersuche: Leckstellen sind oft verdeckt. Die Frage für den Betreiber lautet in einer solchen Situation: Wie kann ich das Leck überhaupt finden? Denn es gibt ja viele verschiedene Methoden, unter denen es die korrekte auszuwählen gilt – oder auch eine Kombination davon. Beispielsweise lässt sich eine Leckage durch Spürgas ziemlich genau lokaliseren und mit der besten Empfindlichkeit aller Methoden nachweisen.
CT: Die Leckage finden, ist der eine Punkt, sie zu schließen, die andere. Welche Möglichkeiten haben Unternehmen hier?
Konwitschny: Hier heiligt die Dringlichkeit manchmal die Mittel. Wenn es darum geht, die Charge zu retten, dann ist manchmal selbst der Einsatz von Panzertape ein probates Mittel. Aber grundsätzlich sollte sich der Anwender natürlich nicht auf sein Improvisationstalent verlassen. Im Normalfall heißt das: Dichtungen tauschen beziehungsweise die fehlerhafte Verbindung von dafür ausgebildetem Personal fachgerecht und dauerhaft reparieren zu lassen.
CT: Bisher haben wir über den Fall eines Druckluftnetzes gesprochen. Nun gibt es in der Prozesstechnik viele Gase, die ätzend oder auch brennbar sind. Hier gelten in der Folge natürlich auch gänzlich andere Anforderungen an die Prüftechnik – und das Prüfpersonal?
Konwitschny: Im Ex-Bereich gelten natürlich ganz andere Herausforderungen. Hier kommen spezielle Geräte wie Wasserstoff-Schnüffler mit entsprechender Zulassung zum Einsatz. Es kann auch aus Sicherheitsgründen nötig sein, das eigentliche Gas vor der Lecksuche zu evakuieren und durch Helium zu ersetzen und erst dann zu testen. Hier kann ich auch nur noch einmal appellieren, das Prüfpersonal vorher zu schulen beziehungsweise sogar zu zertifizieren. Hier gehen wir auch mit gutem Beispiel voran und schicken unsere Service-Teams in solche Zertifikats-Kurse. Herausforderungen gibt es aber nicht nur in der klassischen Prozesstechnik: Im Halbleiterbereich geht es manchmal darum, Leckagen im ppm-Bereich zu lokalisieren – das geht natürlich nur mit speziellen Systemen und gut geschultem Personal.
CT: Jetzt gibt es viele verschiedene Methoden der Lecksuche, wobei die Helium-Lecksuche sozusagen die „Königsdisziplin“ darstellt. Was macht diese eigentlich so interessant für den Anwender?
Konwitschny: Vielleicht fange ich am besten mit dem „aber“ an: Im Grunde setze ich Helium nur ein, wenn ich muss. Das hat einen simplen Grund: Es ist teuer. Noch dazu kommt, dass die Ausbildung des Personals vergleichsweise aufwendig ist. Der große Vorteil der Helium-Methode ist die hohe Empfindlichkeit, sodass der Anwender damit eine normkonforme Prüfung nach DIN sowie TA-Luft ausführen kann. Außerdem ist das Gas inert. Da heißt, es gibt keine Reaktion mit dem Produkt oder dem Leitungsmaterial. Der Betreiber muss die gasführenden Rohre also im Anschluss an die Messung nicht reinigen lassen. Die unerreicht empfindliche und selektive Detektion von Helium ermöglicht es, sowohl integrale Tests als auch eine Lokalisierung durchzuführen – auch an unzugänglichen Stellen. Das macht die Methode beispielsweise für petrochemische Anlagen interessant.
Die Fragen stellte Philip Bittermann, Redaktion
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