Flüssiges Metall zerfällt in Tröpfchen, aus denen später Pulver­partikel werden.

Flüssiges Metall zerfällt in Tröpfchen, aus denen später Pulver­partikel werden. (Bild: Rosswag Engineering)

  • Additiv gefertigte Bauteile und Ersatzteile sind schnell und maßgefertigt zugänglich, müssen aber auch industrielle Standards erfüllen.
  • Das Beispiel beschreibt die Zertifizierung von per 3D-Druck aus Metallpulver hergestellten Wärmeübertragern, die der Druckgeräterichtlinie ensprechen.
  • In kontinuierlich weiterentwickelten Prüfprozessen erhaltene Zertifikate können Herstellern und Zulieferern Wettbewerbsvorteile in stark regulierten Branchen verschaffen.
Wärmetauscher
Weil durch additive Fertigung komplexere Strukturen entstehen können, sind damit bestückte Wärmetauscher deutlich leistungsstärker. (Bild: Rosswag Engineering)

Sich etwas „backen“ zu können ist eine umgangssprachliche Redewendung, die die Fähigkeit beschreibt, eine dringend benötigte Sache kurzfristig herzustellen. Genau das ermöglichen additive Fertigungsverfahren wie der Metall-3D-Druck: kurzfristig benötigte Teile exakt gemäß Spezifikationen herzustellen. Schon jetzt ist die Technik nicht nur auf einfache Bauteile beschränkt, sondern „druckt“ sogar Komponenten für Wärmeübertrager.

Rosswag Engineering aus dem badischen Pfinztal stellt leistungsstarke Wärmeübertrager im 3D-Druckverfahren her. Sie widerstehen 1.000 Grad Celsius und haben die vierfache Wärmeübertragungsleistung gegenüber vergleichbaren Komponenten, die in herkömmlichen Verfahren hergestellt wurden – und das bei nur geringem Druckabfall.

Hier entstehen Rohrbündel-Wärmeübertrager.
Hier entstehen Rohrbündel-Wärmeübertrager. (Bild: Rosswag Engineering)

Das Ausgangsmaterial muss stimmen

Die Druckgeräterichtlinie (DGRL) ist die rechtliche Basis, die alle drucktragenden Komponenten erfüllen müssen, egal ob sie im 3D-Druck oder in konventioneller Produktion entstanden sind. Der erste Schritt für Rosswag Engineering auf dem Weg zu diesem Ziel war eine Zertifizierung für die Produktion des verwendeten Metallpulvers. Es ist der Grundstoff, um qualitativ hochwertige Teile und Komponenten additiv zu fertigen. Seine gleichbleibende Qualität und Beschaffenheit sind dafür die Voraussetzung.
So entscheidet zum Beispiel die Partikelgrößenverteilung des Pulvers mit darüber, welche Qualität daraus beim hergestellten Bauteil resultiert. Das betrifft zum einen das Verhalten der Teilchen, wenn unterschiedliche Temperaturen und andere Materialien auf sie einwirken – zum Beispiel, wenn sie Teil eines Wärmeübertragers werden. Veränderungen am Pulver ziehen Veränderungen im gesamten Prozess nach sich. Unter anderem muss die Laserleistung der Maschine verändert werden, damit die Pulverkörner der Nickelbasislegierung im Pulverbett in der richtigen Form zusammenschmelzen.

Solche Wechselwirkungen zu beachten, ist eine wichtige und komplexe Aufgabe der Qualitätssicherung in der additiven Fertigung. Ziel ist es, durch geschulte Mitarbeiter und prozessbegleitende Analytik eine gleichbleibend hohe Qualität sicherzustellen. Bleiben diese Anpassungen aus, oder werden die Parameter für den Druck von vornherein nicht richtig festgelegt, hat dies Folgen für die Güte der Erzeugnisse. Ein negatives Zusammenspiel von Kräften innerhalb des Prozesses und eine mögliche Bauteilinstabilität können daraus resultieren.

Mehrere Testobjekte werden geprüft und dabei zum Teil zerstört, zum Teil erhalten
Mehrere Testobjekte werden geprüft und dabei zum Teil zerstört, zum Teil erhalten. (Bild: Rosswag Engineering)

Zertifizierung nimmt alles in den Blick

Rosswag Engineering hat als Metall-3D-Druck-Dienstleister von TÜV SÜD ein Zertifikat für die additive Fertigung erhalten. In die Entscheidung, ob eine solche Zertifizierung vergeben wird, fließen Daten und Prüf­ergebnisse von allen Prozessschritten ein. Auch Grundvoraussetzungen wie Materialien sowie Fachwissen und Erfahrung des eingesetzten Teams zählen zu den Schritten. Außerdem werden Herkunft, Relevanz und Validität der zugrunde gelegten Daten beurteilt. Das Zertifizierungsprogramm von TÜV SÜD basiert auf zahlreichen Normen die grundlegende Sicherheitsanforderungen konkretisieren. Neben den Mitarbeitern und Werkstoffen betreffen die Prüfkriterien das Herstellverfahren und die Qualifizierung. Die Expertinnen und Experten haben in die Entwicklung des Zertifizierungsprogramms zudem ihre jahrzehntelangen Erfahrungen mit Werkstoffen und in der Schweißtechnik eingebracht.

Der Dienstleister wendet beim Audit verschiedene Regelwerke an. Die Druckgeräterichtlinie DGRL/2014/ 68/EU ist dabei das bedeutendste, da sie grundlegende Sicherheitsvorgaben für drucktragende Bauteile definiert. Abgesichert wird alles über die Prüfung der Normen DIN/TS 17026 sowie in Teilen die EN 13445-4 und in Zukunft die EN 13445-14. Mehr als 100 Testteile von Rosswag prüfte der Industriedienstleister darauf, ob sie hinsichtlich technologischer und mechanischer Beschaffenheit den Anforderungen eines Einsatzes unter hohem Druck genügen. Auch prüften die Experten, ob die Teile in gleicher Qualität und mit identischen Produktmerkmalen aus dem Drucker kommen. Denn nur wenn ein additiver Fertigungsprozess zu wiederholbaren Ergebnissen führt, entspricht er den hohen Anforderungen der Zertifizierung.
Marktbeobachtungen zufolge kann ein Herstellerzertifikat vor allem in der Chemiebranche einen kompetitiven Vorteil bringen. Da TÜV SÜD kontinuierlich an der Weiterentwicklung seiner Prüf- und Zertifizierungsprozesse arbeitet, profitiert die Branche von einem vollständigen und umfassenden Qualitätsnachweis auf Basis aller relevanten Normen.

Über Rosswag Engineering

Rosswag Engineering ist seit 2014 auf additive Fertigung (Laser Powder Bed Fusion / LPBF) spezialisiert. Bislang sind mehr als 100.000 Bauteile für verschiedene Industrien entstanden. Der Herstellungsprozess für Metallpulver ist bei Rosswag bereits seit einigen Jahren zertifiziert. Neu ist jetzt das Zertifikat für die additive Fertigung von sogenannten Halbzeugen. Damit ist bescheinigt, dass sowohl die Prozesse als auch das Material und die Qualitätssicherung der Druckgeräterichtlinie entsprechen.

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