- In der chemischen und pharmazeutischen Industrie werden hohe Energiemengen für den Betrieb von Reaktoren benötigt.
- Effizienzpotenziale lassen sich mit einer prozessgeeigneten Rührtechnik heben, die für kurze Prozesszeiten sorgt.
- Weitere Einflussfaktoren sind optimal eingestellte Randbedingungen für effiziente Wärmetechnik.
Ein wichtiger Hebel besteht darin, diejenige Rührtechnik zu nutzen, die spezifisch zum jeweiligen Prozess passt. Einen hohen Energiebedarf bedingen vor allem Prozesse, die hohe Rührerdrehzahlen erfordern (etwa das Begasen oder Suspendieren) oder bei denen hochviskose Medien verarbeitet werden. Um die notwendige Rührleistung und insbesondere die Prozesszeiten und damit die einhergehende Energiemenge zu reduzieren, steht eine Vielzahl an emaillierten Rührorganen zur Verfügung.
Der zielgerichtete Einsatz speziell entwickelter Rührer kann die Prozesszeiten signifikant reduzieren, wodurch sich Betriebskosten sowie CO2-Emissionen senken lassen. So können beispielsweise bodennahe Rührer mit einem großen Durchmesser gezielt für eine schnelle und effiziente Aufwirbelung von Partikeln oder Rührer mit hoher Scherwirkung zum Begasen und Dispergieren zum Einsatz kommen. Wandnah laufende Rührer wie ein Anker- oder Kreuzbalken-Rührer wiederum eignen sich für hochviskose Medien, da sich so für eine zuverlässige Homogenisierung und einen effizienten Wärmeübergang sorgen lässt. Scherarme Rührer wie die
Ultraflow-Turbine (UFT) finden unter anderem Verwendung in Kristallisationsprozessen.
Auch Stromstörer bieten ein großes Potenzial
Neben einem für den jeweiligen Prozess geeigneten Rührorgan ist das eingesetzte Stromstörer-System ein oft vernachlässigtes Thema. Stromstörer dienen im Allgemeinen zur Steigerung des spezifischen Leistungseintrages (kW/m³) und zur Verkürzung von Mischzeiten, da ein reiner tangentialer Produktfluss im Reaktor gestört bzw. umgelenkt, die Turbulenz erhöht und eine Trombenbildung reduziert wird. Neben diesen Haupteffekten lässt sich ein Stromstörer auch gezielt prozessunterstützend einsetzen. Prozessabhängig ermöglichen Stromstörer das Einleiten von Fluiden, also Gasen oder Flüssigkeiten, an geeigneter Position – etwa turbinennah (relevant beim Begasen) oder direkt hinter dem Stromstörer (für eine effektive Vermischung). Spezielle Stromstörer, wie das Segtec, können zudem für eine signifikante Verbesserung einer Oberflächenbegasung oder das Einziehen von aufschwimmenden Flüssigkeiten oder Feststoffen sorgen. So erzeugen diese Systeme einen exzentrischen Wirbel im Reaktor, der die Gase oder aufschwimmenden Stoffe gezielt zur oberen Stufe des Rührsystems führt. Die eingezogenen Stoffe verteilen sich so deutlich effektiver und feiner im Reaktorraum, sodass Reaktionen schneller stattfinden. Kürzere Prozesszeiten oder alternativ reduzierte Drehzahlen sparen viel Energie.
Weiterhin können Stromstörer auch zur Prozessüberwachung – etwa zur Temperaturmessung oder Probeentnahme – zum Einsatz kommen. Darüber hinaus bietet Thaletec mit dem Powerbaffle einen emaillierten Rohrbündel-Wärmetauscher an, der die Funktionen eines Stromstörers, einer Temperatursonde und die eines im Rührbehälter eingebauten Wärmetauschers realisiert. Die daraus resultierenden kürzeren Prozesszeiten oder ein reduziertes Temperaturniveau zwischen Produkt und Servicemedium – und damit weniger Umgebungsverluste – können spürbar Energie einsparen. Ebenso erhöht sich aufgrund der höheren verfügbaren Wärmeleistung bei exothermen Reaktionen die Anlagensicherheit. Das System kann zudem zur Trennung von Kühl- und Heizkreisläufen dienen.
Energieeffiziente Randbedingungen für die Wärmetechnik
Ein weiterer Hauptverbraucher bei emaillierten Reaktoren stellt die Wärmetechnik dar. In Abhängigkeit der chemischen Prozesse gilt es, das Produkt entsprechend zu temperieren. Klassischerweise dient zum Kühlen oder Heizen des Produktes ein Doppelmantel oder eine Halbrohrschlange, die sich jeweils auch in mehrere Temperierzonen unterteilen lassen. Beide Varianten bedingen Vor- und Nachteile in Abhängigkeit des verwendeten Wärmeträgermediums. In den meisten Fällen ist jedoch der Doppelmantel in Kombination mit Strömungsdüsen aus verschiedenen Gründen die Vorzugsvariante. Erst bei höherem Druck (p > 6 bar) des Servicemediums kann die Halbrohrschlange im Vorteil sein.
Da Emaille physikalisch gesehen ein schlechter Wärmeleiter ist, hängt der Wärmedurchgangskoeffizient (k-Wert) stark von der Emaille-Schichtdicke ab. Umso wichtiger ist die Einstellung der weiteren Einflussgrößen. So sollte ein geeigneter Wärmeträger gewählt und für günstige Strömungsverhältnisse innen und außen am Innenkessel gesorgt werden, um beidseitig einen hohen Wärmeübergangskoeffizient (α) zu erzielen. Dies lässt sich an der Innenseite durch Rührer erreichen, die eine hohe Pump- bzw. Umwälzleistung aufweisen. Mehrstufige Rührsysteme unterstützen diesen Effekt noch.
Dabei hängt der übertragbare Wärmestrom von der Rührerdrehzahl ab. Jedoch folgt der Wärmestrom in Abhängigkeit der Rührerdrehzahl einer Wurzelfunktion. Dies bedeutet, dass ab einer bestimmten Drehzahl kein nennenswerter Zuwachs an übertragbarer Wärmeleistung zu erzielen ist. Im Gegenteil: Da die eingebrachte Leistung der Rührtechnik direkt in Wärme im Produkt umgewandelt wird, ist eine weitere Drehzahlsteigerung bei Kühlprozessen kontraproduktiv.
Analoge Verhältnisse finden sich an der Außenseite des Innenkessels. Auch hier folgt der Einfluss der Strömungsgeschwindigkeit im Doppelmantel oder in der Halbrohrschlange einer Wurzelfunktion. Das Motto „Viel hilft viel“ gilt also auch hier nicht. Für einen energieeffizienten Betrieb sind somit die Stoffdaten des Wärmeträgers günstig und die Strömungsverhältnisse (Rührerdrehzahl, Volumenstrom) ausreichend einzustellen.
Auch die Wärmeaustauschfläche ist ein wichtiger Faktor. Diese lässt sich durch den Einsatz eines oder mehrerer der bereits erwähnten Powerbaffle steigern. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Temperaturdifferenz zwischen Servicemedium und Produkt. Um die Umgebungsverluste zu minimieren, sollte die Temperaturdifferenz auf niedrigem Niveau gehalten werden. Isolationsmaterialien wie Steinwolle, Mineralwolle oder Foamglas können hier Umgebungsverluste reduzieren. Die energiesparendste Wärmetechnik wird somit mittels eines hohen Wärmedurchgangskoeffizienten, einem niedrigen Temperaturniveau zwischen Produkt und Servicemedium bei möglichst großer Wärmeaustauschfläche erzielt.
Engineering Summit 2023
Der Engineering Summit ist die zentrale Networking-Veranstaltung des europäischen Anlagenbaus. Der Kongress wird vom 19. bis 20. September zum inzwischen neunten Mal stattfinden und dient als Plattform für den Austausch unter Führungskräften des Anlagenbaus. Auf dem kommenden Engineering Summit, der von der Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau im VDMA sowie der CHEMIE TECHNIK gemeinschaftlich veranstaltet wird, werden Aspekte der Dekarbonisierung, Transformation der Energiesysteme sowie Aspekte der Anlagenbau-Ressourcen und Technologien im Vordergrund stehen. Veranstaltungsort ist Darmstadt. Weitere Informationen unter www.engineering-summit.de
Peripherien optimieren
Weitere Betriebskosten und CO2-Emissionen im Zusammenhang mit Reaktoren enstehen aus der Bereitstellung der Servicemedien über Pumpen. Meist sind große Volumenströme für den Betrieb der Reaktoren notwendig.
Um dennoch die Pumpleistung auf einem niedrigen Niveau zu halten, sollten hydraulische Druckverluste in einer Anlage minimiert werden. Rohrleitungssysteme mit großem Durchmesser sind zu bevorzugen und auch die Auswahl der Heiz- bzw. Kühlräume der Reaktoren hat einen entscheidenden Einfluss. Halbrohrschlangen weisen aufgrund ihrer langen Spiralform und des sich bildenden Sekundärwirbels den größten Druckverlust im Vergleich auf. Der größte Druckabfall in Doppelmänteln resultiert an den parallelgeschalteten Strömungsdüsen. Ein emaillierter Rohrbündel-Wärmetauscher weist dagegen die niedrigsten Betriebs- und Energiekosten auf, da die mehreren parallelgeschaltete Rohre für einen geringen Druckverlust sorgen.
Reemaillierung spart CO2-Emissionen
Emaillierte Reaktoren oder Lagerbehälter müssen extremen chemisch-korrosiven und teils abrasiven Bedingungen standhalten und müssen daher nach Erreichen der Lebensdauer ersetzt werden. Doch es besteht eine CO2-sparende Alternative zur Neuanfertigung: Für eine sogenannte Reemaillierung werden ein gebrauchter Reaktor oder Lagerbehälter sowie alle Einbauteile dekontaminiert und die verschlissene Emaille abgestrahlt. In der Folge lassen sich auch notwendige Reparaturen oder Änderungen durchführen.
Berücksichtigt man den Energiebedarf zur Stahlerzeugung sowie die internen Energieaufwände der Fertigungsschritte und der Brennprozesse, lassen sich etwa bei einem emaillierten Reaktor der Baugröße CE16000 im Vergleich zu einer Neuanfertigung rund 55 % Energie einsparen.