Chinas Chemie auf der Überholspur – lautete der Titel einer Presseinformation, die der Verband der Chemischen Industrie (VCI) in den letzten Juli-Tagen an die Medien verschickt hat. Der Hintergrund: Mit einem Chemie-Umsatz von 205 Milliarden Euro waren die Produzenten aus der Volksrepublik im Jahr 2006 an der bisherigen Nr. 2 Japan vorbei gezogen, nachdem das Reich der Mitte bereits 2005 den Chemie-Europameister Deutschland von Platz 3 verdrängt hatte. Und da Umsatz-Weltmeister USA mit 508 Milliarden Euro noch in weiter Ferne liegt, wird es in den kommenden Jahren für die Chinesen einsam auf der Überholspur.
Gibt die Entwicklung Anlass zur Sorge? Aus deutscher Sicht ein klares „Nein“. Denn erstens führt die hiesige Chemie seit dem Jahr 2000 mehr an China aus als im Gegenzug eingeführt wird. Und zweitens ist die deutsche Chemie im Ausland bereits so stark wie im Inland: In fast 1300 ausländischen Betrieben produzieren 352000 Mitarbeiter Chemikalien im Wert von 131 Milliarden Euro. In Deutschland sind es knapp 2000 Betriebe, 436000 Mitarbeiter und 162 Milliarden Euro. Und da sich BASF, Bayer, Lanxess, Degussa & Co. in der Volksrepublik besonders stark engagieren, hat der deutsche Beitrag zur chinesischen Chemieproduktion großes Gewicht.
Diese Entwicklung ist nur ein Beispiel für die enorme Flexibilität der Branche: Obwohl diese hierzulande auf eine große Tradition zurückblickt, ist das Chemiegeschäft so volatil wie kaum ein anderes Segment. Wer hätte beispielsweise Ende 2004 gedacht, dass die Ausgliederung des Grundchemikalien-Geschäfts bei Bayer in weniger als zwei Jahren zur Lanxess-Erfolgsstory werden würde und das Unternehmen heute bereits Schwergewichte wie Degussa auf der Wunschliste für Übernahmen hat?
Aber nicht nur die großen Unternehmen der Branche machen von sich reden. Auch die Vielzahl an mittelständischen Produzenten hält den Wettbewerb aktiv und verhindert, dass monopolistische Situationen entstehen und die Unternehmen träge werden. Die Entwicklung macht einmal mehr deutlich: Wer bereit ist zur Veränderung, dem muss vor der Zukunft nicht bange sein.
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