The first carbon-tariff system, the EU Carbon Border Adjustment

Die erste Berichtspflicht für den CBAM begann im Oktober 2023. (Bild: wutzkoh – stock.adobe.com)

  • Der CBAM soll Carbon Leakage verhindern.
  • Bisher fallen nur einzelne chemische Erzeugnisse unter die Verordnung.
  • In der Emissionshandelsphase ab 2026 müssen Chemieunternehmen mit Worst-Case-Ansätzen arbeiten, wenn zertifizierte Ist-Werte fehlen.

Der Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) ist eines der Schlüsselinstrumente der EU, um CO2-intensive Importwaren fair zu bepreisen und die Verlagerung von Treibhausgasemissionen in Länder außerhalb der EU zu verhindern, sogenanntes Carbon Leakage. Der CBAM ist Gegenstand des Fit-for-55-Pakets und zählt zu den Maßnahmen, die die EU im Zuge des European Green Deal auf den Weg gebracht hat, um die Treibhausgas-Emissionen bis 2030 um 55 % im Vergleich zu 1990 zu reduzieren.

Betroffene Unternehmen werden verpflichtet, für jede importierte Tonne CO2 CBAM-Zertifikate zu erwerben. Die Einführung erfolgt in Etappen und hat am 1. Oktober 2023 mit einer Berichtspflicht für erste Waren begonnen. Der Beginn des eigentlichen Zertifikatehandels ist für 2026 geplant.


Was gilt es in der Berichtsphase zu beachten?

Bis 31. Dezember 2025 sind Importeure betroffener Waren – wozu unter anderem Eisen, Stahl, Zement und Aluminium gehören – verpflichtet, folgendes in einem vierteljährlichen Bericht an die EU-Kommission über das CBAM-Übergangsregister zu melden: die importierte Menge an CBAM-Waren, die darin enthaltenen direkten und indirekten CO2-Emissionen sowie bereits im Herstellungsland entrichtete CO2-Abgaben. Etwa 15 % der rund 200 Angaben sind Pflichtangaben.

Die Berechnung der importierten CO2-Emissionen sollte grundsätzlich auf Basis von Ist-Werten erfolgen. Hierbei müssen Hersteller im EU-Ausland unterstützen. Abgabefrist ist das auf ein Kalenderquartal folgende Monatsende. Die Verantwortung liegt bei den Importeuren oder ihren indirekten Zollvertretern. Zu den wenigen Ausnahmen von der Berichtspflicht gehören Sendungen mit einem Wert unter 150 Euro, das Gepäck von Reisenden, militärische Lieferungen und Waren mit handelsrechtlichem Ursprung in den EFTA-Staaten Island, Norwegen, Liechtenstein, Schweiz und einigen Sondergebieten wie Büsingen, Helgoland, Livigno, Ceuta und Melilla.

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Der CBAM zählt zu den Maßnahmen im Rahmen des European Green Deal. (Bild: Tomas Ragina – stock.adobe.com)

Fehlende Lieferantendaten schätzen?

Pflichtangaben zu schätzen, ist nicht gestattet. Um die in Einfuhrwaren enthaltenen Treibhausgas-Emissionen zu berechnen, sind zwei Techniken erlaubt: Das Bestimmen auf Grundlage von Materialströmen und Berechnungsfaktoren aus Laboranalysen sowie Standardwerten (kalkulatorische Methode) oder das kontinuierliche Messen der Konzentration von Treibhausgasen im Abgasstrom (Messmethode).

Bis 31. Dezember 2024 sind weitere ähnlich genaue Methoden zur Überwachung und Berichterstattung genehmigt. Zudem hat die EU-Kommission Defaultwerte zur Verfügung gestellt, auf die Berichtspflichtige bis 31. Juli 2024 zurückgreifen können. Ab August 2024 dürfen Importeure diese allerdings nur noch nutzen, wenn der Anteil der so ermittelten Emissionen nicht mehr als 20 % an den Gesamtemissionen einer Ware beträgt.


Herausforderungen der Berichtspflicht

Laut eines Medienberichts von Bloomberg haben weniger als 10 % der 25.000 in Deutschland vom CBAM betroffenen Unternehmen bis zum 28. Februar 2024 ihren ersten Quartalsbericht abgegeben. Die Gründe dafür sind unter anderem der Informationsmangel durch die derzeitige „Regulatorikflut“ und häufig wenig transparente Warenimporte.
Auch, dass sich die Klärung, wie die Berichtspflicht praktisch umzusetzen ist, aufgrund der verspäteten Fertigstellung der Durchführungsverordnung verzögerte, war nicht hilfreich. Ebenso wie die äußert knappe Bereitstellung des CBAM-Übergangsregister-Zugangs sowie mangelnde Unterstützung beim Umsetzen durch die Behörden. Systemtechnische Fehler im Übergangsregister sind zum Teil bis heute nicht behoben und erschweren Unternehmen nach wie vor die fristgerechte Abgabe der Berichte.

Sanktionen beim Verstoß gegen die Berichtspflicht

Mittels automatisierter Abgleiche der CBAM-Berichte mit den von den nationalen Zollbehörden gemeldeten Importdaten und Emissionswerten identifiziert die EU-Kommission Abweichungen, die sie den nationalen Überwachungsbehörden übermittelt. In diesen Fällen müssen Unternehmen mit Nachprüfungen rechnen. Sofern sie einer Aufforderung einen CBAM-Bericht abzugeben beziehungsweise zu korrigieren innerhalb eines Monats nicht nachkommen, kann dies zu Bußgeldern in Höhe von mindestens 10 Euro bis zu 50 Euro und mehr pro Tonne CO2 führen.


Wie ist die chemische Industrie vom CBAM betroffen?

Aufgrund ihrer besonderen Merkmale fällt die chemische Industrie noch nicht umfassend in den Anwendungsbereich des CBAM. Wie in dem Delegierten Beschluss (EU) 2019/708 aufgelistet, besteht in Bereichen der chemischen Industrie, beispielsweise beim Herstellen von Industriegasen, organischen und anorganischen Grundstoffen und Chemikalien und pharmazeutischen Grundstoffen, im Zeitraum 2021 bis 2030 ein Risiko, dass CO2-Emissionen verlagert werden.

Dennoch sind die Produkte dieser Bereiche zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht umfassend Gegenstand der CBAM-Verordnung. Insbesondere fallen organische chemische Erzeugnisse nicht unter die vorliegende Verordnung, da es aufgrund technischer Einschränkungen heute noch nicht möglich ist, die damit verbundenen grauen Emissionen festzulegen. Die Begründung zur CBAM-Verordnung weist bereits darauf hin, dass, um organischen chemischen Erzeugnissen spezifische Treibhausgas-Emissionen zuzuordnen, mehr Daten und Analysen benötigt werden. Dennoch befinden sich bereits heute wichtige Ausgangsprodukte der chemischen Industrie wie Salpetersäure, Nitriersäuren, Ammoniak und Wasserstoff im Anwendungsbereich des CBAM. Mit der geplanten schrittweisen Erweiterung des CBAM-Anwendungsbereichs werden auch weitere chemische Erzeugnisse in den Fokus rücken. Die EU-Kommission wird hierfür einen konkreten Fahrplan bis Ende 2025 vorlegen. Mit einer ersten Erweiterungswelle dürfte im Jahr 2027 zu rechnen sein.

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Um die Treibhausgas-Emissionen von Importwaren zu berechnen, sind zwei Techniken erlaubt. (Bild: Ticha – stock.adobe.com)

Operative Herausforderungen für die chemische Industrie

Im Rahmen des CBAM gilt grundsätzlich das Nämlichkeitsprinzip. Demnach müssen Treibhausgas-Emissionen spezifisch den eingeführten CBAM-relevanten
Produkten zugeordnet werden – für Unternehmen der chemischen Industrie häufig eine operative Herausforderung, denn: Was ist zu tun, wenn auf dem Transportweg identische chemische Produkte mit unterschiedlichem CO2-Fußabdruck vermischt werden? Oder wenn aus identischen Vorprodukten mit unterschiedlichen Treibhausgas-Emissionen ein chemisches Erzeugnis hergestellt wird und der Hersteller die Vorprodukte in einem gemeinsamen Tank lagert?

Bei einem Vermischen identischer chemischer Produkte auf dem Transportweg oder einem Verlust der Nämlichkeit in Händlerketten sieht der CBAM keine spezifische Lösung vor. Die in den Einfuhrwaren enthaltenen CO2-Emissionen zu bestimmen, wird durch Anwendung eines Worst-Case-Ansatzes erfolgen müssen, bei dem der ungünstigste Emissionswert für die Berichterstattung herangezogen wird. Ähnlich verhält es sich in der Emissionshandelsphase, die ab dem 1. Januar 2026 beginnt. Hier wird die EU-Kommission länder- und produktspezifische Defaultwerte festlegen, die auf einem Worst-Case-Ansatz basieren und als Alternative zu zertifizierten Ist-Werten im Emissionshandel verwendet werden können.
Im Falle einer Vermischung oder gemeinsamen Lagerung identischer chemischer Vorprodukte im Herstellungsbetrieb kommt aufgrund der CBAM-Logik eine Art Massenbilanzierungsmethode zum Einsatz, um den CO2-Fußabdruck von Waren zu bestimmen. Im Rahmen dieser CBAM-Kalkulationsmethode werden die Gesamtemissionen, die in einer Installation (Fertigungsstätte) verursacht werden, ermittelt. Dabei werden sowohl direkte Emissionen berücksichtigt, die beispielsweise beim Erzeugen von Wärme und Kälte entstehen, als auch indirekte Emissionen, die das Erzeugen des verwendeten Stroms verursacht. Zudem werden die Emissionen der CBAM-relevanten Vorprodukte in die Gesamtbetrachtung einbezogen. Das bedeutet, dass, falls identische chemische Vorprodukte von verschiedenen externen Lieferanten mit unterschiedlichem CO2-Fußabdruck bezogen werden, ihre spezifischen Werte in die Gesamtkalkulation einfließen.

Nachdem die Gesamtemissionen einer Installation bestimmt wurden, werden diese auf einzelne Fertigungslinien und CBAM-relevante Produkte heruntergebrochen. Durch diese Art der Massenbilanzierung ergibt sich für jedes spezifische CBAM-Produkt ein spezifischer CO2-Emissionswert, der im Rahmen der CBAM-Quartalsberichterstattung heranzuziehen ist. Mit Beginn der Emissionshandelsphase ändert sich an dieser Kalkulationsmethodik grundsätzlich nichts. Jedoch sind die Kalkulationsergebnisse zwingend durch einen unabhängigen Sachverständigen zu verifizieren und zertifizieren.

Nächste Schritte

Trotz der gegenwärtigen Herausforderungen sollten Wirtschaftsbeteiligte ihrer CBAM-Berichtspflicht gemäß den gesetzlich definierten Abgabefristen nachkommen, um Compliance-Verstöße und damit verbundene Bußgelder zu vermeiden. Da die Nutzung der Defaultwerte befristet ist, empfiehlt es sich, rechtzeitig auf Lieferanten zuzugehen und diese in den Prozess einzubinden. Um die Unterstützung der Lieferanten sicherzustellen, ist es elementar, diese frühzeitig über die Anforderungen des CBAM aufzuklären und in den Informationsaustausch einzubeziehen. Zudem sollte deren administrativer Aufwand so gering wie möglich gehalten werden.

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