
Im Januar 2020 wurden die beiden ehemaligen Werksgelände von Clariant und Novartis (Schweizerhalle) zu einem Industriepark zusammengelegt. Bilder: Getec
Stabiler Cashflow, niedriges Mietausfallrisiko und in Zeiten der Niedrigzinsen attraktive Margen: Die Gründe, weshalb Gewerbe- und Industrieparks 2019 zu einer der am stärksten nachgefragten Anlagekategorie gehörten, sind vielfältig. Aus Sicht des Magdeburger Industriedienstleisters Getec, der mehrheitlich dem schwedischen Investmentfonds EQT Infrastructure gehört, kommt noch ein weiteres Argument dazu: Die Abnehmer für Ver- und Entsorgungsleistungen sind vor Ort.
Im ostdeutschen Industriepark Zeitz, am Kieler Standort Friedrichsort sowie am niederländischen Standort Emmen hat der Energiedienstleister bereits einige Jahre Industrie- und Chemiepark-Erfahrungen gesammelt. Mit der Übernahme von zwei benachbarten Chemieparks im schweizerischen Muttenz legte Getec im Herbst 2018 noch eine Schippe drauf: Künftig wird das Magdeburger Unternehmen dort nicht nur die Ansiedler im Park mit Ver- und Ensorgungsleistungen bedienen, sondern auch die Flächen vermarkten.
Zwei Chemieparks in Muttenz verschmolzen
Im Januar 2020 wurden die beiden ehemaligen Werksgelände von Clariant und Novartis (Schweizerhalle) nun zu einem Industriepark verschmolzen, dem neuen „Getec Park.Swiss“. „Durch die Zusammenführung der Industrieparks und Bündelung der Ressourcen werden wir die Attraktivität des Standortes weiter verbessern“, formuliert Thomas Wagner, CEO der Getec Group, das generelle Ziel. Neben Ansiedlern aus der Chemie- und Pharmaindustrie will der Dienstleister auf dem 51 ha großen Gelände auch Unternehmen aus anderen Branchen ansiedeln.
Als ein Alleinstellungsmerkmal des nun größten Chemie- und Life-Science-Industrieparks der Schweiz sieht das Unternehmen die Kombination aus Ökologie und Wirtschaftlichkeit. „Wir haben uns auf die Fahnen geschrieben, die bei uns ansässigen Unternehmen auf dem Weg zu einer „Zero Impact Production“ zu unterstützen“, sagt Wagner. „Dekarbonisierung, Dezentralisierung und Digitalisierung“ seien die großen Treiber, die den Markt derzeit verändern. Aus Rest- und Abfallstoffen Energie zu erzeugen, ist dabei eine Spezialität des Dienstleisters. „Durch die Zusammenführung der beiden Areale und der Bündelung der Kompetenz zur Energieerzeugung können wir gleichzeitig die Ver- und Entsorgungssicherheit für unsere Kunden verbessern“, ergänzt Dr. Dieter Regnat, Geschäftsführer des Industrieparks. Dadurch, dass am kombinierten Standort alle chemietypischen Genehmigungen und Voraussetzungen vorhanden sind, können die Flächen sehr schnell entwickelt werden.
Das Waste-to-value-Versprechen will Getec am Standort künftig auch mit der Übernahme der Lösemittelaufbereitung von Novartis einlösen und dort künftig auch Stoffe anderer Kunden aufbereiten. „Uns stehen nun vielfältige Anlagen zur Verfügung – diese Flexibilität versetzt unsere Kunden in die Lage, beispielsweise Stillstände flexibler planen zu können“, so Regnat.
Interview mit Thomas Wagner, CEO der Getec Group
„Betrieb ganzer Industrieparks ist ein logischer Schritt“
CT: Schon vor Jahren hatten Energieversorger die Übernahme von Chemieparks als strategisches Feld entdeckt – allerdings mit unterschiedlichem Erfolg. So richtig durchgesetzt hat sich das als Betreibermodell nicht. Was wollen Sie anders machen?
Wagner: Entscheidend ist die Kundenorientierung. Wenn man nur die Energieversorgung im Blick hat, dann kann es passieren, dass Qualität und Wettberwerbsfähigkeit der anderen Dienstleistungen leiden. Wir verstehen uns dagegen als Full-Service-Dienstleister – das ist unsere DNA. Aus meiner Sicht ist das die Voraussetzung für eine langjährige Partnerschaft. Zudem haben wir eine mittelständische Denke: Wir begegnen unseren Kunden als Macher und Kümmerer – und das wird sehr geschätzt.
CT: Als Dienstleister in der Ver- und Entsorgung sind Sie schon seit Jahren in Chemieparks aktiv. Was ist in Muttenz anders?
Wagner: In Zeitz und Emmen kümmern wir uns um die Energieversorgung sowie die Nutzung von Abfall- und Reststoffen und organisieren auch die Netzinfrastruktur, Logistik, Feuerwehr und vieles mehr. Dadurch kennen wir die für den Betrieb eines Industrieparks notwendigen Leistungen sehr gut. In Muttenz können wir noch mehr Synergien erzeugen und unsere Kompetenz bei den Themen Waste-to-Energy und dem Schließen von Stoff- und Energiekreisläufen ausspielen. Dadurch wird der Industriepark noch attraktiver. Zudem sind wir in der Lage, neuen Kunden oder solchen, die Erweiterungen planen, vorhandene Flächen sehr schnell zur Verfügung zu stellen.
CT: Welche Rolle werden Chemie- und Industrieparks im Portfolio von Getec künftig spielen?
Wagner: Eine sehr große Rolle. In der Genese war Getec seit jeher in den Kundensegmenten Industrie und Immobilienwirtschaft unterwegs. Der Betrieb von Industrieparks hat sich als eigenständiges großes Geschäftsfeld entwickelt – und verbindet komplexe und ganzheitliche Industriedienstleistungen mit Real Estate. Hier sehen wir viele Synergien, um nachhaltigen Wert für die Kunden zu schaffen.
CT: Planen Sie, in der Zukunft noch weitere Industrieparks zu übernehmen?
Wagner: Wir betreiben als Getec bereits rund 8.000 Anlagen – der größte Teil davon ist in unserem Besitz. Unser Geschäft besteht ja längst nicht nur aus der Lieferung von Energie und Utilities. Wir sind immer daran interessiert, in Infrastruktur zu investieren, bei der Energiedienstleistungen und Services gefordert sind. Dabei kommt uns zugute, dass immer mehr Unternehmen solche Leistungen zukaufen wollen. Und wenn man das für Einzelanlagen beherrscht, dann ist der Betrieb ganzer Industrieparks ein logischer Schritt.
Bildergalerie: Die größten Chemieparks in Deutschland

Mit 180 Hektar Gesamtfläche kommt der von Yncoris (ehemals Infraserv Knapsack) betriebene Chemiepark Knapsack auf Platz 19 des Chemiepark-Rankings deutscher Standorte. Bild: Yncoris

Der von Infraserv Gendorf betriebene Chemiepark Gendorf umfasst 197 Hektar Gesamtfläche. Bild: Chemiepark Gendorf

Als Chemie- und Industriepark sieht sich der Standort Zeitz in Ostdeutschland. Die Gesamtfläche beträgt 232 ha.Bild: Infra-Zeitz Servicegesellschaft mbH

Im Chempark Krefeld, der von Currenta betrieben wird, hat unter anderem der Kunststoffhersteller Covestro Produktionsanlagen in Betrieb. Gesamtfläche: 260 ha. (Bild: Covestro)

Solvay betreibt in Rheinberg Chlor-Vinyl-Anlagen und vermarktet die freien Flächen des Industrieparks (261 ha Gesamt, frei: 80 ha). (Bild: Solvay)

Klarer Fokus auf Petrochemie hat der Standort Gelsenkirchen-Scholven, der von Ruhröl - BP Gelsenkirchen betrieben wird. (280 ha) (Bild: BP)

Der von der BASF betriebene Standort Schwarzheide umfasst 290 ha, davon stehen 95 ha für neue Ansiedler zur Verfügung. Bild: BASF

Auch Dormagen ist ein von Currenta betriebener Chempark-Standort. Dort stehen von einer Gesamtfläche von 360 ha nur noch 25 ha für Ansiedler zur Verfügung. Bild: Covestro

Agrochemie bildet einen Fokus am Chemiestandort Piesteritz, der von SKW betrieben wird. Von 390 ha sind noch 30 für Ansiedler frei. Bild: SKW Stickstoffwerke Piesteritz

Der Industriepark Brunsbüttel ist zwar auch ein ehemaliger Bayer-Standort, wird aber nicht wie die Chempark-Standorte von Currenta betrieben, sondern vom Kunststoffhersteller Covestro. Von 420 ha sind 250 ha frei. Bild: Covestro

Infraserv Höchst betreibt mehrere Chemieparks, der größte davon ist der Standort Höchst (460 ha, 50 ha Freifläche). Bild: Infraserv Höchst

Der größte unter den von Currenta betriebenen Chempark-Standorten ist das Werksgelände in Leverkusen (480 / 30 ha). Bild: Currenta

Am Standort Lingen im Emsland wird nicht nur Chemie hergestellt, sondern wird auch Strom und Dampf aus Kernkraft produziert. Von 500 ha Gesamtfläche sind 80 verfügbar. (Bild: RWE)

Der Chemiepark Marl landet mit einer Gesamftfläche von 650 ha auf Platz 6 unseres Rankings. Bild: Evonik

Der Standort Schwarze Pumpe in der Lausitz kommt auf 720 ha, von denen 70 ha verfügbar sind. (Bild: Vattenfall)

Der Industriepark Schwedt wird von der PCK Raffinerie beherrscht, die gleichzeitig Betreiber des 800 ha umfassenden Geländes ist. Bild: Werner Weber-Fotolia

Auf Platz 3 der Chemiestandorte landet das BASF-Gelände in Ludwigshafen (1000 ha). Nach jüngster Erhebung stehen dort noch 50 ha für neue Anlagen zur Verfügung. Bild: BASF
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