AVORA-Süd

Die Nähe zum Rhein erfordert besondere Aufmerksamkeit bei der Abwasser-Aufbereitung im Infrapark Baselland. Im Bild die Abwasser-Vorbehandlungsanlage Avora. (Bild: Infrapark Baselland)

  • Die Nähe zu fließenden Gewässern erleichtert Chemiebetrieben und Industrieparks den Zugang zu Kühlwasser und die Entsorgung von Abwasser. Eine stabile Wasserqualität erfordert jedoch besondere Aufmerksamkeit.
  • Im vorgestellten Abwasserkonzept verhindert ein Netzwerk von Pumpen, Messstellen und Rückhaltebecken, dass belastete Abwässer in den Fluss gelangen.
  • Eine spezielle Anlage übernimmt die Vorbehandlung der besonders belasteten Industrie-Abwässer, bevor diese in einer regulären Kläranlage aufbereitet und in den Fluss eingeleitet werden können.

Denn für die Trinkwasserversorgung der Stadt Basel und der umliegenden Gemeinden wird dem Rhein Wasser entnommen und dann in die nahegelegenen Waldgebiete gepumpt. Dort wird das Rheinwasser über Sandfilter, Wasserstellen, Grundwasser, Reservoire und durch ein Netz von Leitungen bis zu den Wasserhähnen der Konsumenten geführt. Diese naturnahe Aufbereitung mit einem biologischen Reinigungsprozess im Waldboden hat großen Anteil daran, dass das Basler Trinkwasser stets alle Qualitätsanforderungen erfüllt.

Reduzieren oder vermeiden

Die wichtigsten Komponenten des Abwasserkonzepts des Infrapark Baselland sind das kontinuierliche Bestreben, Abwasserströme zu reduzieren oder sogar zu vermeiden sowie die Behandlung des Abwassers an der Quelle. Außerdem unterhält das Werk in Muttenz seit 1976 ein Kanalisationssystem, um Industrie-, Sanitär-, Kühl- und Regenwasser getrennt zu sammeln und überwacht abzuleiten.

An mehreren Messstellen werden die Abwasserströme durch Entnahme mengenproportionaler Abwassermuster und Rückstellmuster überwacht. Die Abwassermuster werden gemäß einem speziellen Analysenkonzept auf allgemeine Abwasserparameter sowie Einzelstoffe und Metalle untersucht. Industrieabwässer mit hoher biologischer Abbaubarkeit und frei von schädlichen Einzelstoffen und Metallen werden zusammen mit den Sanitärabwässern direkt zu der von Industrie und Kanton gemeinsam betriebenen Kläranlage ARA-Rhein abgeleitet. Industrieabwässer, welche diese Anforderungen nicht unmittelbar erfüllen, werden dagegen im Produktionsbetrieb oder der Abwasservorbehandlungsanlage (Avora) des Infrapark Baselland vorbehandelt.

Kühl- und Regenwässer werden überwacht und direkt in den Rhein abgeleitet. Die Analyse und Dokumentation der Abwasserqualität erfolgt hier kontinuierlich in einer Messstation. Bei Grenzwertüberschreitung werden diese Abwasserströme automatisch in die Rückhaltebecken umgeleitet, geprüft und entsprechend der Einstufung weitergeleitet. Bei zehn Rückhaltebecken mit insgesamt 15.000 m3 auf Seite des Infrapark Baselland und zusätzlich einem Havarietank auf der ARA-Rhein mit 16.000 m3 steht ausreichend Retentionsvolumen auch für Großereignisse und bei starkem Regen- und Kühlwasseranfall zur Verfügung.

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Ein Netz von Pumpen und Messstationen sorgt dafür, dass die Abwässer entsprechend ihrer Belastung an den richtigen Ort gelangen.

Behandlung der industriellen Abwässer

Das Industrieabwasser des Werks wird an der Quelle analysiert, deklariert und je nach Abbaubarkeit in die biologische Abwasserreinigungsanlage ARA-Rhein oder zur Abwasservorbehandlung geleitet. Auf der ARA-Rhein werden die Industrieabwässer mit Kalkmilch neutralisiert und in einen von drei Puffertanks geleitet. Von dort gelangen diese Abwässer in die zweistufige biologische Reinigung, wo Mikroorganismen die im Abwasser vorhandenen Stoffe abbauen. Vor der zweiten biologischen Stufe werden die Industrieabwässer mit den vorgeklärten Abwässern aus den umliegenden Gemeinden gemischt. Danach gelangt das gereinigte Abwasser in den Rhein.

Die Avora besteht seit 1990. Sie ist spezialisiert auf die Vorbehandlung von Industrieabwässern, deren Inhaltsstoffe in biologischen Kläranlagen nur schlecht oder gar nicht abbaubar sind. Solche Abwässer werden so vorbehandelt, dass die gesetzlichen Anforderungen an die biologische Kohlenstoffelimination sowie die Begrenzung der Fracht und Konzentration von Schwermetallen und Einzelstoffen sicher und nachhaltig eingehalten werden. Anschließend fließen sie zur Industrie-Kläranlage, in der sie biologisch endgereinigt werden.

Havarie

Im Havariefall verhindern Rückhaltebecken, dass unbehandelte Abwässer in den Rhein gelangen.

Durch die apparative Auslegung und das Fachwissen des Personals in Entsorgungsfragen kann die Avora problematische Abwässer fach- und umweltgerecht vorbehandeln: Schwermetalle aller Art lassen sich entfernen, und wasserlösliche, ökorelevante organische Inhaltsstoffe wie Agro- und Pharma-Wirkstoffe, Spurenstoffe oder Industriechemikalien lassen sich beseitigen.

Für die zentrale Vorbehandlung stehen zwei Verfahren zur Verfügung, einerseits das Fällen und Flocken sowie Eisen(II)-katalysierte Oxidation mit Wasserstoffperoxid (Fenton-Prozess). Nach erfolgter Vorreinigung und Erfüllung der Einleitbedingungen kann das Abwasser der Industriekläranlage zugeführt werden. Durch das konsequente Abwassermanagement erfüllt der Standort die geforderte biologische Eliminierung von organischem Kohlenstoff und die weiteren gesetzlichen Auflagen.

Verbesserungen und Optimierungen

Sowohl im Infrapark wie auch auf der ARA-Rhein sind zusätzliche Investitionen mit einer Gesamt-Investitionssumme von über 60 Mio. CHF geplant, um die Qualität der gereinigten Abwässer und damit die Wasserqualität im Rhein weiter zu verbessern. In der Avora wird Anfang 2019 die Anlage derart erweitert, dass Abwässer einen zweifachen Oxidationsprozess durchlaufen und refraktäre Einzelstoffe noch effektiver behandelt werden können. Damit lässt sich verhindern, dass solche Stoffe nach der zusätzlichen Reinigung durch die Industriekläranlage in den Rhein gelangen. In der ARA Rhein wird unter anderem 2019 eine Flotationsanlage nach der ersten Behandlungsstufe der Abwässer aus der chemischen Industrie in Betrieb gesetzt, welche die Menge an unlöslichen Stoffen unter die heutigen Grenzwerte reduzieren wird.

Interview mit Dr. Reto Wieduwilt, Leiter Abwasser, Infrapark Baselland

„Zu einer guten Flusswasser-Qualität beitragen“

CT: Ergeben sich für den Chemiepark Infrapark Baselland besondere Umstände im Vergleich zu anderen Standorten, etwa durch die Nähe zur Bebauung?
Wieduwilt: Der Infrapark liegt in einem relativ großen Abstand von mindestens 500 Metern zu Wohnzonen, was daher zu keinen speziellen Anforderungen führt. Die wichtigsten Anforderungen ergeben sich einerseits aus unserer Nähe zum Rhein und unserer Verantwortung, zu einer guten Flusswasser-Qualität beizutragen, und andererseits aus der sich in direkter Nachbarschaft befindlichen Aufbereitung des Trinkwassers für die Stadt Basel und die umliegenden Gemeinden, wo eine Kontamination verheerende Auswirkungen hätte.

CT: Ein geändertes Umweltbewusstsein hat sicher in den vergangenen Jahren dazu beigetragen, dass die Ansprüche an die Abwasservorbehandlung gestiegen sind. Welche technischen Herausforderungen haben sich daraus ergeben, und wie lassen sie sich lösen?
Wieduwilt: Die von der Rheinüberwachungsstation eingesetzten Messmethoden werden laufend verfeinert und können dadurch chemische Stoffe in geringsten Konzentrationen nachweisen. Parallel dazu hat auch der Infrapark die Vorbehandlung und die Analytik des Abwassers weiter optimiert und verbessert.

CT: Entstehen durch den trockenen Sommer 2018 spezielle Herausforderungen in Bezug auf die Wasserqualität im Rhein?
Wieduwilt: Der Rhein ist auch nach außerordentlich langen Trockenperioden noch ein großer Vorfluter, wodurch negative Auswirkungen auf die Wasserqualität weniger stark zum Tragen kommen. Allerdings kann die hohe Wassertemperatur von über 26 °C zu einem Problem werden, da dadurch die Industrie gezwungen ist, die Abwassertemperatur entweder zu senken oder die Einleitungen vorübergehend zu stoppen. Mit Wärmerückgewinnung versucht man dieser Problematik zu begegnen.

CT: Ein aktuelles Thema sind steigende Belastungen insbesondere durch Arzneimittel-Rückstände im Abwasser. Stellt Sie diese Problematik vor zusätzliche Herausforderungen?
Wieduwilt: Im Infrapark werden kaum Abwässer aus Pharmabetrieben vorbehandelt, wodurch sich diese Frage für uns als Dienstleister momentan nicht stellt. Medikamentenrückstände in Gewässern sind Teil eines größeren Problems, das auch in der Schweiz angepackt wird. So sollen alle größeren kommunalen Kläranlagen eine zusätzliche vierte Reinigungsstufe für die Elimination von Mikroverunreinigungen einführen. Von den industriellen Abwasser-Reinigungsanlagen wird vorläufig verlangt, dass diese in Pilotversuchen mögliche Methoden entwickeln, etwa Ozonierung, Aktivkohlebehandlung oder Kombinationen von beidem, oder Membrantechnologie mit Biologie, und davon ausgehend weitere Maßnahmen festlegen.

CT: Welche weiteren Erwägungen spielen für ein nachhaltiges Abwasserkonzept eine Rolle?
Wieduwilt: Um die Attraktivität des Produktions­standortes Infrapark nicht negativ zu beeinflussen, müssen wir immer eine ausgewogene Betrachtung der Auswirkungen unseres Geschäfts auf die Umwelt und der damit verbundenen Kosten anstellen. Firmen wie Clariant, zu der auch der Infrapark gehört, haben sich der Nachhaltigkeit verpflichtet: Es wird Wert auf die Wirtschaftlichkeit, aber auch auf die Ökologie gelegt. Wenn unser Standort zu teuer wird, dann ziehen die Firmen an günstigere Standorte in Ländern, wo die Umweltanforderungen tiefer sind.

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