Chemieanlage

(Bild: Maha Heang – Adobe.Stock)

  • In der Pandemie kann die abwasserbasierte Epidemiologie dazu genutzt werden, um die biologischen Parameter des Virus zu bestimmen und zu verfolgen.
  • Die Abwasser-Analyse ist nicht auf kommunale Abwässer beschränkt, sondern lässt sich explizit als Frühwarnkonzept für industrielle Betriebe einsetzen.
  • Dies ermöglicht ein effizientes Ressourcen- und Kapazitätsmanagement, dass auch in Zukunft ein wesentlicher wirtschaftlicher Vorteil sein kann.

Es ist bekannt, dass Sars-Cov-2 bereits einige Tage vor Symptombeginn von infizierten Personen ausgeschieden wird. Dies geschieht auch während asymptomatischer Verläufe. Virenbestandteile gelangen mit den Ausscheidungen in die Kanalisation und damit in die Abwasserreinigungsanlage. Hier kommt die abwasserbasierte Epidemiologie ins Spiel, bei der definierte biologische Parameter im Abwasser gemessen werden, um damit die Häufigkeit und Verteilung von Krankheiten sowie deren Bedeutung zu erfassen. Dies ermöglicht eine bessere Vorhersagbarkeit und Kontrolle des Infektionsgeschehens. Außerdem hat die Vorgehensweise den wesentlichen Vorteil, dass eine flächendeckende Erfassung erfolgt, da nicht mehr stichprobenartige Testungen durchgeführt werden, sondern das gesamte Abwasser einer Region analysiert wird.

Vorhersage über Krankheitsfälle bis zu zwei Wochen früher

Für die Analyse wird idealerweise über einen automatischen Probenehmer ein definiertes Volumen pro Zeiteinheit an Abwasser entnommen. Nach der Aufkonzentration werden mittels RT-qPCR bestimmte Gene des Virusgenoms vervielfältigt. Anschließend lässt sich die Virusmenge auf infizierte Personen umrechnen und damit das Infektionsgeschehen bestimmen. Durch das Erfassen eines Standardparameters – einem Virus, welches stets in menschlichen Fäkalien vorkommt – lassen sich etwaige Verdünnungseffekte, die die Analyse verzerren würden, berücksichtigen und herausrechnen.

Die Analyse von Sars-Cov-2 mittels dieser Vorgehensweise erlaubt im Gegensatz zur personenbezogenen Schnelltestung, je nach Virenmutation, eine um eine bis zwei Wochen frühere Aussage und ermöglicht damit eine recht genaue Vorhersage, wann mit erhöhten Inzidenzen und damit vermehrten Krankheitsfällen zu rechnen ist.

Zeitlicher Ablauf von der Infektion bis zum Nachweis.
Zeitlicher Ablauf von der Infektion bis zum Nachweis. (Bild: Vermicon; Taras Livyy, bioraven, macrovector, Anna Toshheva – stock.adobe.com)

In Betrieben sind verschiedene Probenahmestellen sinnvoll

Die oben beschriebene Analyse ist dabei nicht nur auf die Untersuchung von kommunalem Abwasser beschränkt, sondern kann explizit als Frühwarnkonzept für industrielle Betriebe eingesetzt werden. Insbesondere bei Standorten mit mehreren Gebäuden kann die Analyse an verschiedenen Probenahmestellen entscheidende Vorteile bringen. Hierbei ist es nicht nur wichtig, dass das gesammelte Abwasser vor der Klärung analysiert wird, sondern von vornherein verschiedene Sammelpunkte im Kanalnetz festgelegt werden, die eine möglichst hohe Aussagekraft haben.

Die Abbildung zeigt eine mögliche Verteilung von Probenahmestellen in verschiedenen Verdichtungsstufen. Die Probenahmestellen sind mit 1 bis 16 durchnummeriert.
1 ist die zentrale Stelle für die Überwachung des gesamten industriellen Betriebes. Alle weiteren Stellen dienen der Verfeinerung. So kann 13 einen vollständigen Überblick geben, ob der Block B betroffen ist. Bei Bedarf kann dies weiter auf einzelne Gebäude heruntergebrochen werden. Für die Gebäude C wiederum ist eine Unterteilung nicht möglich. Die Auswahl der Probenahmestellen und -orte sollte unter Beachtung von epidemiologischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten stattfinden. Zuviel Probenahmepunkte erhöhen die Kosten, wohingegen zu wenige Stellen die Aussagekraft reduzieren.

Implementierung im Kanalsystem eines Industriebetriebes.
Implementierung im Kanalsystem eines Industriebetriebes. (Bild: Vermicon; Taras Livyy, bioraven, macrovector, Anna Toshheva – stock.adobe.com)

Darauf muss man bei der Implementierung achten

Bei der Implementierung eines betrieblichen Frühwarnsystems ist es wichtig, darauf zu achten, dass die Dienstleister nicht nur eine zuverlässige und spezifische Analyse bieten, sondern auch bei der Wahl des Probenahme­standortes kompetent beraten können. Hierzu sind spezielle Kenntnisse des Kanalnetzes wünschenswert. Doch auch bei der Probenahme und/oder der Implementierung von automatischen Probenahmegeräten ist fachliche Unterstützung notwendig, da Fehler beim Sammeln und bei der notwendigen Filtration der Proben zu erheblichen Messergebnisverfälschungen führen können.

Beim Aufbau des Frühwarnsystems ist zudem darauf zu achten, dass der Dienstleister über entsprechende Expertise verfügt, um zukünftig das System um weitere Parameter zu erweitern bzw. schnell auf mögliche weitere Virusmutationen oder Pandemien bzw. Endemien reagieren zu können. Gerade der Nachweis von Bakterien stellt Laboratorien oftmals vor Herausforderungen, da konventionelle Nachweise niemals die Schnelligkeit und Spezifität von modernen Technologien – wie etwa der VIT-Gensondentechnologie– bieten können. Hierbei werden Bakterien direkt sichtbar gemacht, identifiziert und anschließend quantifiziert, ohne sie vorher auf einem Nährmedium zum Wachsen bringen zu müssen. Eine nachweisbare Kompetenz des Dienstleisters in Sachen Mikrobiologie ist alternativlos, damit ausreichend fachkundig beraten werden kann.

Flächendeckendes Corona-Frühwarnsystem.
Flächendeckendes Corona-Frühwarnsystem.
(Bild: Vermicon; Taras Livyy, bioraven, macrovector, Anna Toshheva – stock.adobe.com)

Bei der Auswertung der Ergebnisse sind reine Ja-/Nein-Aussagen wenig hilfreich. Hier ist die Interpretation vor allem in Bezug auf die verschiedenen Probenahmestellen notwendig. Zudem kann der Abgleich mit den Werten der lokalen kommunalen Kläranlagen einen zusätzlichen Vorteil bieten, da hierbei das größere Gesamtbild in die Auswertung mit einbezogen werden kann.

Um mikrobiologisches Know-how mit Kanalnetzexpertise kombinieren und damit eine „One-Stop-Lösung“ für die abwasserbasierte Epidemiologie liefern zu können, sind die beiden Unternehmen Vermicon und HPC eine Kooperation eingegangen. Über das bisherige Angebot hinaus wird im Laufe des Jahres der Bericht um ein eigenes Dashboard ergänzt, welches auch Daten von angrenzenden Kläranlagen integrieren kann, sofern diese ihre Schnittstellen für eine Vernetzung freigegeben haben. Die VIT-Vision Softwarelösung wird hierbei um ein Modul „Abwasserbasierte Epidemiologie“ erweitert und stellt in einer Übersicht die wesentlichen Parameter sowie deren Verläufe dar.

Auch über die Corona-Pandemie hinaus bietet die abwasserbasierte Epidemiologie Unternehmen die Möglichkeit, schnell und effizient auf Infektionskrankheiten zu reagieren und damit ihre Produktionskapazitäten dynamisch und rechtzeitig anzupassen. In einer Welt, bei der aufgrund der steigenden Bevölkerungszahlen und der globalen Vernetzung bakterielle und virale Krankheiten eine immer stärkere Rolle spielen, ist ein effizientes Ressourcen- und Kapazitätsmanagement ein wesentlicher wirtschaftlicher Vorteil. Überdies erkennen die Mitarbeiter, dass sie in einem verantwortungsbewussten Unternehmen arbeiten, indem ihre Gesundheit im Vordergrund steht.

Ifat Halle C1 - 216

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