Nach §14 Musterbauordnung (MBO) sind bauliche Anlagen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes sowie der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorgebeugt wird. Dies gilt insbesondere auch für elektrische Leitungsanlagen in notwendigen Treppenhäusern und Fluren. Eine ausreichend sichere Nutzung muss im Falle eines Brandes über den vorgeschriebenen Zeitraum hinweg gewährleistet sein. Dies in der Praxis umzusetzen, ist jedoch nicht immer einfach.
Kann man bei Neubauten in der Planung noch konstruktive Maßnahmen treffen, so stellt sich der Sachverhalt bei älteren Gebäuden völlig anders dar. Hier queren Kabel- und Rohrdurchführungen aus brennbaren Baustoffen oft vereinzelt oder gehäuft diese wichtigen Rettungswege. Schon ein Kurzschluss kann einen Brand auszulösen. Dieser Missstand fällt oft erst bei der Erweiterung oder Nutzungsänderung von Bestandsgebäuden auf, da dann die aktuellen Brandschutzanforderungen erfüllt werden müssen.
Aus der Praxis heraus wurden in den letzten Jahren verschiedene Lösungsansätze entwickelt, um Brandlasten in notwendigen Fluren und Rettungswegen zu kapseln und eine Brandweiterleitung zu verhindern.
Kabelbandagen: eine Lösung für den Bestand
G+H ISOLIERUNG und andere Hersteller haben aus den Problemen in Bestandsbauten vor über 20 Jahren die sogenannten Kabelvollbandagen entwickelt. Sie kommen in Verbindung mit einem Brandschutzkonzept zum Einsatz und bestehen in der Regel aus einem Glasträgergewebe, auf dem beidseitig ein dämmschichtbildender Baustoff aufgebracht wird. Bei Hitzeeinwirkung schäumt das Material auf und verzögert so die Brandausbreitung. Da die Dicke der Bandagen oftmals nur wenige Millimeter beträgt, lassen sie sich einfach nachträglich um die zu schützenden Kabel legen, selbst an beengten Stellen.
Zur Befestigung und zum Verschließen werden in der Regel nicht brennbare Klammern, Drähte oder Bänder verwendet. Dank ihrer einfachen Handhabung und der staubfreien Montage ist eine schnelle und einfache Verarbeitung der Bandagen möglich. Zudem gibt es hinsichtlich der Abmessungen der zu umhüllenden Kabel beziehungsweise Kabelanlagen keine Einschränkungen. Bei Bedarf können sogar die Tragkonstruktionen (Abhänger, Konsolen, Pritschen, Rinnen) einbandagiert werden. Wegen des geringen Eigengewichtes müssen keine zusätzlichen Abhängungen gesetzt werden. Seit 2006 gibt es für diese Produkte Anwendungszulassungen (bzw. seit Juli 2017 Bauartgenehmigungen) vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt).
In diesen Zulassungen/Bauartengenehmigungen wird bescheinigt, dass Kabelbandagen
- die Brandentstehung behindern und eine Brandweiterleitung im Falle der Selbstentzündung durch Kurzschluss oder Überhitzung der Kabel verhindern oder
- dass Kabelbandagen bei einer Brandbeanspruchung von außen die Anforderungen an schwer entflammbare Baustoffe erfüllen.
Da aber bei einer Brandbeanspruchung der Kabelbandage eine Rauchfreisetzung nicht ausgeschlossen werden kann, ist über die Zulässigkeit der Anwendung in Flucht- und Rettungswegen durch die zuständige Bauaufsichtsbehörde zu entscheiden z. B. im Zusammenhang mit einem Brandschutzkonzept. Es wird jeweils im Einzelfall entschieden, ob zusätzliche Kompensationsmaßnahmen, z. B. die Installation einer Brandmeldeanlage, zu ergreifen sind.
Klassifizierte Elektroinstallationskanäle: optimaler Schutz für Kabel und Rohre in Rettungswegen
Klassifizierte Elektro-Installationskanäle, auch I-Kanäle genannt, sind als Abschottungsmaßnahme in der Wanddurchführung und Brandlastenkapselung im Rettungsweg das optimale Brandschutzprodukt für Neubauten und haben sich über Jahrzehnte bewährt. Sie bestehen entweder ausschließlich aus Plattenmaterialien oder weisen Blechummantelungen auf, die mit Mineralwolle, Silikat- oder Gipsplatten ausgekleidet sind. So bieten sie deutlich mehr Sicherheit für Flucht- und Rettungswege und beugen möglichen großen Folgeschäden effektiv vor.
Nach Bauordnung ist ihr Einsatz bzw. ihre Durchführung durch raumabschließende Bauteile zulässig, wenn sie in der entsprechenden Feuerwiderstandsklasse des Bauteils ausgebildet sind bzw. „eine Nutzung als Rettungsweg im Brandfall ausreichend lang möglich ist“ (MBO §40). In Deutschland sind zurzeit geprüfte Systeme nach DIN 4102-11 bzw. EN 1366-5 auf dem Markt.
G+H war der erste Hersteller, der 2007 einen Installationskanal entwickelt und geprüft hat, der aus einem Blechkanal besteht, in dessen Innerem ein Dämmschichtbildner (mit Dämmdicken von 1 bzw. 2 mm) aufgebracht ist. Dieser Dämmschichtbildner reagiert aktiv bei Hitze, schäumt auf, schmiegt sich wie eine innenliegende Isolierung an die Kabel und Rohre und verhindert damit zusätzlich zu den gestellten Temperaturanforderungen eine Brandweiterleitung im Inneren des Kanals. Die Vorteile: der Blechkanal kann mit handelsüblichem Blechbearbeitungswerkzeug einfach bearbeitet werden. Darüber hinaus ist er schnell und einfach zu montieren, selbst bei schwierigen und engen Platzverhältnissen.
Wie bei der Kabelvollbandage erfolgt die Montage völlig staubfrei, so dass sich die Lösung auch in sensiblen Anwendungsbereichen einsetzen lässt, z. B. in Krankenhäusern, Computerzentren, Reinräumen oder in der Lebensmittelindustrie. Dieses System gibt es auch in runder Ausführung. Damit können die in der Praxis häufig anzutreffenden brennbaren und nichtbrennbaren Rohre mit Synthesekautschuk-Isolierungen in Rettungswegen schnell – und auch nachträglich – ummantelt werden. Insbesondere Produktionsbereiche sind dadurch ausreichend lang vor Feuer geschützt.
Ausfälle und damit verbundene wirtschaftliche Schäden werden verhindert. Das Deutsche Institut für Bautechnik hat G+H Isolierung am 04.06.2015 die erste europäische Zulassung (Europäische Technische Bewertung ETA-15/0293) für den Installationskanal PYROMENT®-IK90 Typ BD erteilt.
Fazit
Es gibt unterschiedliche Lösungsansätze, Brandlasten in Rettungswegen zu kapseln und die gestellten Schutzziele zu erfüllen. Die sicherste Maßnahme stellen klassifizierte Instal-lationskanäle dar. Bei Neubauten sollte dieser Lösung unbedingte Priorität gewährt werden. Kann eine geordnete Leitungsführung geplant werden, ist dies sicher auch die wirtschaftlichste Vorgehensweise. Kabelbandagen haben vor allem im Bestand ihre Berechtigung. Sie sind im aktuellen Alltag der Brandschutzsanierung bei schwer zugänglichen Installationen oft das Mittel der Wahl.
G+H verbaute den I-Kanal bereits unter anderem in der Europäischen Zentralbank in Frankfurt sowie in der Elbphilharmonie in Hamburg.
Weitere Informationen: www.guh-group.com
Literatur:
Musterbauordnung (MBO) Fassung 27.09.2019