- Für viele Jahre wurden in modernen Industrieanlagen traditionell kabelgebundene Feldgeräte für alle produktions- und sicherheitsbezogenen Anwendungen verwendet – so auch in der stationären Gaswarntechnik.
- Drahtlostechnik bietet sich hier als Alternative aber immer dann an, wenn eine Verdrahtung zu unflexibel oder technisch und finanziell nur sehr aufwendig umzusetzen ist.
- Dies zeigt auch das Projekt in einer Raffinerie des Energiekonzerns Equinor, in dem die Messabdeckung per Wireless verbessert wurde.
Überall in der Industrie steigt die Nachfrage nach mehr Flexibilität, und somit findet auch die Funktechnologie ihren Weg in immer mehr Anwendungen. Es gibt eine ganze Reihe von Szenarien, die eine kabelgebundene Überwachung auf Industrieanlagen erschweren und neue Anforderungen an die stationäre Messtechnik stellen:
- Es liegt eine bewegliche Gasgefahr vor, das heißt Gasgefahren können an ständig wechselnden Standorten auftreten oder ihre Dimension ändern. Messpunkte müssen hier flexibel sein. Um eine lückenlose Abdeckung sicherzustellen, sollte zum einen direkt vor Ort gemessen werden und zum anderen sollten die Messdaten in ein bereits vorhandenes Sicherheitskonzept integriert werden.
- Es ist kurzfristig eine höhere Messabdeckung erforderlich, zum Beispiel beim Anfahren von Produktionsanlagen. Der temporäre Einsatz von zusätzlichen Gaswarntransmittern könnte das Problem schnell und flexibel lösen. Dieser Ansatz kann mit kabelgebundener Technik allein nicht zeit- und kosteneffizient verfolgt werden.
- Wenn bestehende Anlagen erweitert oder modernisiert werden sollen, müssen auch die Gasüberwachung und das Prozessleitsystem angepasst werden. Es werden zusätzliche Messpunkte benötigt und bestehende müssen verlegt werden. Das führt zu hohen Installationsaufwänden.
- Bei einer großen zu überwachenden Fläche können notwendige Messpunkte weit von vorhandener Infrastruktur entfernt liegen. Das zusätzliche Verlegen von Kabeln kann einen hohen Zeit- und Kostenaufwand bedeuten. In einigen Fällen ist keine Infrastruktur vorhanden, zum Beispiel bei Neubauten oder einer Havarie.
- Sicherheitsrelevante Messpunkte können schwer zugänglich sein, was die Kabelinstallation erschwert.
Wireless-Gaswarntransmitter bieten sich immer dann an, wenn eine Verdrahtung zeitlich und örtlich zu unflexibel oder technisch und finanziell nur sehr aufwendig zu realisieren ist.
Zuverlässig per Funk kommunizieren
Bei drahtloser Gasmesstechnik werden die Messsignale von den Gaswarntransmittern mittels eines industriellen Funkstandards wie ISA100.11a an einen sogenannten Wireless Access Point, also einen drahtlosen Zugangspunkt, übertragen. Die Signalantennen haben eine Reichweite von bis zu 500 m, sodass es auch möglich ist, große Flächen abzudecken. Mit einem Repeater lässt sich das Funksignal auch weiterleiten. Auf diese Weise werden noch größere Distanzen überbrückt oder alternative Kommunikationswege erzeugt. Der industrielle Funkstandard ISA100.11a sorgt für eine sichere und kontinuierliche Übertragung der Messwerte. Er stellt zusammen mit dem Profisafe-Protokoll außerdem die SIL2-Fähigkeit des Systems sicher. Es kann entweder ein bereits vorhandenes ISA100-Netzwerk genutzt oder ein neues aufgebaut werden. Mithilfe einer abgesetzten Signalantenne lässt sich der Gaswarntransmitter genau an der zu überwachenden Gefahrenstelle montieren, während die abgesetzte Antenne selbst an einem Ort mit zuverlässiger Übertragungsqualität platziert werden kann.
Vom Access-Point, dem Kommunikationspunkt für Funktransmitter, werden die Messdaten an ein Gateway übertragen, welches das gesamte drahtlose Netzwerk verwaltet. Dieses kommuniziert per Modbus- oder Profisafe-Protokoll mit der Auswerteeinheit oder dem SPS-System des Anwenders. Es findet eine vollständige Integration in das bestehende Sicherheitskonzept statt. Das System lässt sich dabei bedarfsgerecht auch zu einem späteren Zeitpunkt erweitern. Für die Stromversorgung der Gaswarntransmitter sorgen Batterien. Je nach Betriebsbedingungen lassen sich diese bis zu 24 Monate einsetzen. Durch die eigensichere Konstruktion der Gaswarngeräte sind alle Wartungsarbeiten, wie ein Batteriewechsel oder Sensortausch, auch im Ex-Bereich durchführbar. Für Anwendungsfälle im Langzeitbetrieb kann auf eine Spannungsversorgung über eine permanente 24-V-Versorgung zurückgegriffen werden. So können Anlagenbetreiber auf eine Batterieversorgung verzichten. Die Messdaten werden nach wie vor per Funk übertragen.
Praxisbeispiel einer Raffinerie in Dänemark
Der norwegische Energiekonzern Equinor hat in Zusammenarbeit mit Yokogawa und Gassecure, einem Unternehmen von Dräger, das weltweit größte drahtlose SIL2-Gaswarnsystem in der Raffinerie Kalundborg, Dänemark, installiert. Hauptsächliches Ziel des Projekts war die Verbesserung der Messabdeckung in drei durch eine Risikoanalyse ermittelten Prozessbereichen. Es stellte sich heraus, dass eine Installation von drahtlosen Geräten in einem bereits überlasteten Anlagenbereich leicht zu implementieren war und flexibel für spätere Erweiterungen oder Änderungen ist. Als komplett drahtloses SIL2-Sicherheitssystem kamen dabei GS01-Transmitter zum Einsatz.
Geräte können auch bestehende Anlagen erweitern
Der Hersteller Dräger bietet diesen optischen Infrarot-Transmitter für die Detektion brennbarer Kohlenwasserstoffgase und -dämpfe an. Das Modell Polytron 6100 EC WL dagegen nutzt elektrochemische Sensoren, mit denen sich über 140 toxische Gase sowie Sauerstoff detektieren lassen. Die Geräte sind sowohl für Neuanlagen als auch für Erweiterungen bestehender Anlagen geeignet. Denn Wireless-Lösungen lassen sich mit überschaubarem Aufwand auch in bestehende kabelgebundene Gaswarnsysteme und Alarmierungskonzepte integrieren. Die Geräte sind Atex-zertifiziert und können so auch in Gas- und Staub-Ex-Zonen zum Einsatz kommen.
Insgesamt kann eine Wireless-Systemarchitektur die Installationskosten deutlich verringern, da sie weniger Kabel, Klemmkästen und Schaltschränke braucht. Auch die mit der Installation verbundene Arbeitszeit sinkt erheblich, und der Aufwand für Planung, Auslegung und Dokumentation bleibt gering.