Juni 2012
Dieter Hofmann ist Geschäftsführer beim  Engineeringunternehmen Planting: „Rekrutierung ist für uns ein eigenes  Arbeitsfeld, auf das wir uns konzentrieren“

Dieter Hofmann ist Geschäftsführer beim Engineeringunternehmen Planting: „Rekrutierung ist für uns ein eigenes Arbeitsfeld, auf das wir uns konzentrieren“

CT: Derzeit drängen sowohl Industriepark-Dienstleister als auch Industriedienstleister in den Markt für Anlagenplanung. Wie unterscheiden Sie sich?

Hofmann: Auf der einen Seite gibt es ausführende Fertigungs- und Montagefirmen, die nun auch Planungsleistungen anbieten und Verantwortung als Generalunternehmer übernehmen wollen. Die Anlage muss für diese Vorgehensweise jedoch im Sinne einer kostenoptimierten Ausführung schon recht weit durchgeplant sein. Die Ausführung selbst ist nicht unser Markt. Wir wollen nicht Beton gießen oder Stahl schweißen und Rohre biegen. Wir bieten die Gesamtplanung der Anlage, und andere Partner haben ihre Stärke in der Ausführung.

Auf der anderen Seite gibt es Wettbewerber, die sich auf den Bereich Rohrleitungsplanung, EMSR-Planung, manche wenige auch auf verfahrenstechnische Planung konzentrieren. Im Gegensatz dazu halten wir die Kompetenz und Manpower für alle Gewerke einschließlich Detailplanung und Bau- und Montageleitung vor. Wir werden zwar keine eigenen Verfahren entwickeln, wie dies der Großanlagenbau tut, aber wir können alle notwendigen Gewerke in einem Projekt planen und in der Ausführung begleiten. Und dafür gibt es nur wenige Wettbewerber in Deutschland. Hier wollen wir unter die ersten fünf Anbieter kommen und uns durch Fach- und Spezial-Know-how absetzen. Das ist eine Nische, die wir in Nordrhein-Westfalen bereits gut besetzen.

CT: Wo setzen Sie Ihre regionalen Schwerpunkte?

Hofmann: In den ersten drei Jahren wollen wir uns auf Deutschland konzentrieren. Wir planen, bis 2014 an vier bis fünf Standorten bundesweit präsent zu sein. Wir sind derzeit in NRW Süd zuhause. Weitere Standorte sind in NRW Nord, also im Ruhrgebiet, sowie im Rhein-Neckar-Raum und Norddeutschland geplant. Auch das Chemiedreieck im Süden Bayerns ist für uns interessant. Hier haben wir bereits einen ersten Schritt getan und haben außerhalb von NRW neben unserem Büro in Marburg nach erfolgreichen Projektakquisitionen ein weiteres Technisches Büro in Burghausen eingerichtet. Wir wollen eine zentrale, starke Projekteinheit mit deutlich regionaler betriebsnaher Ausprägung haben. Sowohl Kunden als auch unsere Mitarbeiter wollen gerne solch eine Ausprägung.
 
CT: Können Sie sich Allianzen und Kooperationen mit anderen Anlagenbau-Unternehmen vorstellen?

Hofmann: Auf jeden Fall. Insbesondere Großprojekte im World-scale-Maßstab würden wir gerne gemeinsam mit anderen anbieten und abwickeln. Hier bietet der deutsche Markt in Gänze grundsätzlich gute Ressourcen und sehr gutes Know-how. Jeder Anbieter hat seine Stärken und Schwächen – und die könnte man auf diese Weise optimal ergänzen. Solche Allianzen könnten auch ein Gegengewicht zu internationalen Anbietern bilden, die spürbar auf den deutschen Markt drängen. Allerdings scheitern solche Gespräche oftmals schon an Befindlichkeiten. Aber Egoismus bringt uns nicht weiter.

CT: Wie schaffen Sie es, als unabhängiges Engineeringunternehmen die Personalressourcen zu finden, die Sie brauchen?

Hofmann: Wir schlagen mehrere Wege ein. Zunächst geht es darum, Image aufzubauen. Wir sind auch deshalb innerhalb der Able Group als eigene Marke etabliert worden. Hier stehen Engineering und Anlagenbau im Vordergrund. Dann geht es um die Gewichtung der Personalarbeit an sich, und diese hat bei uns hohe Priorität. Unsere Personalabteilung ist genauso groß wie unser Vertrieb. Rekrutierung ist für uns ein eigenes wichtiges Arbeitsfeld, auf das wir uns konzentrieren. Außerdem kooperieren wir mit anderen Engineeringunternehmen u. a. in einem langjährigen Joint Venture und setzen auf freie Mitarbeiter. Darüber hinaus können wir auch auf die Personalressourcen der Able Group zurückgreifen. Das alles ist im ersten Jahr sehr gut gestartet und setzt sich fort. Zum Beispiel konnten wir im ersten Quartal 2012 15 neue Mitarbeiter gewinnen.

Es geht aber auch generell um Veränderung im Mitarbeiterstamm gegenüber dem Zustand der Vergangenheit. Unsere Frauenquote liegt bei 25 %. Unsere Teilzeitquote liegt bei 25 %. Über 20 % unseres Personals hat internationalen Background. Man muss heute und in Zukunft neue Wege gehen.
 
CT: Wie sieht Ihre Vision des Chemieanlagenbaus aus?

Hofmann: Die kleinen und mittelgroßen produzierenden Chemieunternehmen haben ihre Ingenieurkapazität längst reduziert bzw. abgebaut. Selbst die großen haben ihr System zum Teil deutlich verkleinert. Einzelaktivitäten, die nicht ausgelastet waren, wurden reduziert und outgesourct. Die Schwerpunkte liegen bei den großen Chemieunternehmen auf Betriebs-, Produktentwicklungs- und Verfahrenskompetenz. Für die Vielzahl der derzeit angestoßenen Projekte reichen die eigenen Mannschaften allerdings bei Weitem nicht aus. Um die eigenen Verfahren als Projektführer rein mit Engineeringdienstleistern abwickeln zu können, bräuchten sie sehr, sehr gute Projektleiter. Dazu kommt ein Imagethema. Der Ingenieur ist in den Chemieunternehmen häufig immer noch nur ein „Erfüllungsgehilfe“. Insgesamt spielt uns diese Entwicklung in die Hände, denn die Kunden versuchen ihre Stammmannschaft so aufzusetzen, dass sie in normalen Zeiten ausgelastet ist und auf den „Normalbetrieb“ hin optimiert ist. In Zeiten mit höherer Projektlast werden die Aufgaben nach draußen gegeben. Und hier kann und wird künftig die Gesamtplanung der Investitionsprojekte aus der Hand eines Partners als Owner‘s Engineer mit der kreativen Detailarbeit der Spezialisten langfristig gefragt sein. 

Achema 2012 Halle 9.1 – B56

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