Mai 2016

Auf der Messe SPS/IPC/Drives wurde im November 2015 gezeigt, wie Modulautomation künftig funktionieren kann. (Bild: Wago)

  • Die Einbindung von Anlagenmodulen und Package Units in die Automatiserungsstruktur einer Prozessanlage war bislang aufwendig und unflexibel.
  • Mit dem Ansatz Dima / Namur-MTP soll dies künftig deutlich schneller funktionieren.
  • Bis Jahresende soll die Spezifikation für den Namur-MTP bereits fertig sein.
  • Schon heute kann die „Dezentrale Intelligenz für Modulare Anlagen“ prototypisch genutzt werden.

Interview mit Ulrich Hempen und Thomas Holm, Wago
„Für die Modularisierung tut sich derzeit ein Fenster auf“

CT: Warum sind die Versuche, Anlagen auf breiter Front zu modularisieren, in der Vergangenheit weitgehend wirkungslos geblieben?
Hempen: Weil einerseits die Technik dafür zu teuer war und andererseits die Menschen zu träge sind. Und noch ein weiterer Fakt kommt hinzu: Im EPC-Anlagenbau beträgt der Wertanteil der Automatisierung an der Investition gerade einmal zwei Prozent des gesamten Projektvolumens. Deshalb hatten die Automatisierer bislang kaum Argumente. Aber das ändert sich, weil sowohl die Anlagenbetreiber als auch der Anlagenbau selbst mehr und mehr wandlungsfähige Anlagen wünschen. Hier tut sich für die Modularisierung ein Fenster auf.
Holm: Ein weiterer Aspekt ist, dass das Geschäftsmodell von EPC-Anlagenbauern darin besteht, Ingenieurstunden zu verkaufen. Wenn die Assets diese Arbeit plötzlich selbst machen, dann steht das Geschäftsmodell infrage. Dass es trotzdem funktioniert, zeigt der Blick auf die Automobilindustrie, die ihre Produktionswerke bereits komplett modular baut.

CT: Die Namur hat das Thema mit großem Elan aufgegriffen – ermutigt Sie das ebenfalls?
Holm: Auf jeden Fall. Die modulare Automation ist aktuell eine der größten Initiativen in der Namur.
Hempen: Wir sehen schon konkrete Anfragen für Modularisierungsprojekte aus der Prozessindustrie. Ich bin fest davon überzeugt, dass die wandlungsfähige Anlage kommen wird. Wichtig ist jetzt allerdings, dass wir den Schwung mitnehmen und konkret werden. Wir verfolgen deshalb die Strategie „spitz statt breit“, d. h., wir fangen mit Dima dort an, wo bereits mit Produktionsmodulen gearbeitet wird – in der Pharma- und Spezialchemie. Das Konzept kann bereits heute prototypisch eingesetzt werden – auch wenn die MTP-Spezifikation noch nicht fertig ist.
Holm: Interessanterweise besteht das größte Potenzial für modulare Anlagen in der Öl- und Gasindustrie. Zu dem Ergebnis kommt ein update des Whitepapers zur modularen Automatisierung. Direkt danach folgt die Chemie- und Pharmaindustrie. Eigentlich haben ja fast alle Betreiber modulare Anlagen, allerdings sind die dort genutzten Automatisierungslösungen bislang alle proprietär. Und so sind die Betreiber gezwungen, die komplette Automatisierung einer Package Unit in ihrem zentralen Leitsystem nachzubauen. Es ist ein Teufelskreis: Weil es keine technische Lösung gibt, gibt es auch keine komplett modulare Anlage.

CT: Wie sieht der Zeitplan für Dima und den Namur-MTP aus?
Hempen: Wir rechnen damit, dass die Spezifikation für den Namur-MTP bis Ende des Jahres fertig sein wird. Bereits in unserer im November auf der SPS/IPC/Drives gezeigten Demo-Anlage haben wir den aktuellen Diskussionsstand zum Namur-MTP genutzt. Und die Kooperation mit Copa Data hat gezeigt, dass sich das relativ schnell auch in ein Leitsystem einbinden lässt. Im nächsten Schritt werden wir bereits in diesem Jahr mindestens drei Pilotprojekte in der Chemie realisieren. Und ab 2017 wird es von uns ein Angebot für die Prozessindustrie geben.

CT: Wie steht es mit dem Thema Standardisierung oder gar Normung?
Holm: Langfristig ist ein internationaler Standard geplant. Der Pfad dorthin ist allerdings noch nicht definiert. Was mich positiv stimmt ist die Tatsache, dass einige große Anbieter von Prozessleitsystemen das Thema aktiv mit vorantreiben.
Hempen: Auch hier dürfen wir uns nicht ausbremsen lassen: Normung muss ein begleitender Prozess sein – parallel dazu müssen wir technische Fakten schaffen.

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