Mai 2011
Singapur baut auf der künstlichen Insel Jurong Island die Chemie-Wertschöpfungskette aus (Bild: bruder jakob - Fotolia)

Singapur baut auf der künstlichen Insel Jurong Island die Chemie-Wertschöpfungskette aus (Bild: bruder jakob - Fotolia)

Als der Ölkonzern Shell im Frühjahr 2010 damit begann, seinen neuen Petrochemiekomplex auf der Insel Jurong anzufahren, markierte die Fertigstellung des 3 Mrd. US-Dollar teuren Projekts lediglich einen Startpunkt der Fertigstellung der aktuellen Investitionswelle, mit denen die globalen Chemieriesen ihre Präsenz in Singapur ausbauen. Auf deren Höhepunkt im Noch-Boom-Jahr 2008 planten Chemieunternehmen in einem einzigen Jahr in dem Stadtstaat Investitionen in Höhe von 11,6 Mrd. USD. Nach 8,6 Mrd. USD in 2007. Auch Exxon Mobil baute 2010 bereits im dritten Jahr an einem Petrochemie-Standort, den sich der US-amerikanische Konzern vier Milliarden Dollar kosten lässt. Darunter ein Steamcracker, der jährlich eine Million Tonnen Ethylen produzieren soll. Ausgangspunkt für die Veredelung von Rohöl zu Kunststoffen und Chemikalien.

Treibende Kraft hinter diesen Aktivitäten sind die Entwicklungsgesellschaft des Chemieclusters, die JTC Corporation, und die nationale Investitionsbehörde EDB. Das Ziel: Die Großprojekte der Petroindustrie sollen weitere Neuansiedlungen nachziehen. Denn geht es nach dem Wunsch der Industrieentwickler, soll die Wertschöpfungstiefe ausgehend von der Ölveredelung weiter steigen. Noch in 2009 standen Mineralölprodukte für einen Umsatz von rund 9 Mrd. Euro. 1,9 Mio. Fass Öl werden in dem südostasiatischen Stadtstaat täglich veredelt. Doch ebenfalls 2009 wurden bereits Spezialchemikalien im Wert von etwa 2,6 Mrd. Euro produziert.
Dass diese Rechnung aufzugehen scheint, verdeutlichen die derzeitigen Pläne von Shell und Lanxess: Der Ölkonzern erwägt den Bau einer Großanlage für hochreines Ethylenoxid (HPEO), Lanxess legte im Mai 2010 den Grundstein für ein 400 Mio. Euro teures Werk für Butylkautschuk. Den Grundstoff dafür – die Chemikalie Isobuten – soll der benachbarte Cracker von Shell liefern.
Die Ölriesen Shell und Exxon wollen mit ihren jüngsten Projekten allerdings längst nicht mehr nur Rohstofflieferanten sein. Beide Konzerne haben weitere Ausbaupläne in der Schublade, mit denen die Petrochemiekomplexe zu integrierten Produktionsstandorten mit einer immer höheren Wertschöpfungstiefe werden sollen.

Exxon Mobil baut seine Südost-Asien-Drehscheibe aus

Längst ist Singapur für Exxon Mobil zur zentralen Drehscheibe des Asien-Pazifik-Geschäfts geworden. Zu den Standortfaktoren zählen die günstige Lage, die großen Tanklagerkapazitäten sowie eine ausgezeichnete Transport-Infrastruktur sowie die qualifizierten Arbeitskräfte. Das aktuelle „Singapore Parallel Train Project“ (STP) ergänzt die bereits existierende Raffinerie des Unternehmens, die über eine Kapazität von 605.000 barrel/d verfügt. Nach der Fertigstellung, die voraussichtlich noch in diesem Jahr erfolgen soll, wird der Komplex das größte Werk des global agierenden Konzerns sein. Neben einem Steamcracker für Ethylen und Propylen umfassen die Downstream-Aktivitäten Ethylenoxid, Ethylenglykol, Acrylnitril, Propylenxoxid, Cumol und Phenol, Oxo-Alkohole, Acrylsäure und Isopropanol. Daneben entsteht eine Anlage für Spezialelastomere mit einer Kapazität von 300.000 t/a sowie ein 220-MW-Co-Gen-Kraftwerk.

Das Front-end-engineering and Design (FEED) für den Petrochemiekomplex wurde von Foster Wheeler geliefert, und ein Joint Venture aus Foster Wheeler / Worley Parsons erhielt den EPC-Auftrag. The Shaw erhielt den Auftrag für den Steamcracker.

Shell setzt mit neuem Cracker auf Flexibilität in der Rohstoffversorgung

Flexibilität ist für Betreiber von World-scale-Chemieanlagen in der Regel ein Fremdwort. Doch genau dieses setzte Shell zum Ausgangspunkt der Planung seines neuen Ethylencrackers (800.000 t/a), der im März 2010 auf Jurong Island als Teil eines 3 Mrd. USD teuren Petrochemiekomplexes in Betrieb gegangen ist. Durch den Einsatz der von ABB Lummus entwickelten und gelieferten Technologie will der Konzern sich und seine Kunden in Singapur unabhängig von Angebotschwankungen auf der Rohstoffseite machen. Auch die in der Monoethylenglykol-Einheit (MEG) genutzte Technologie ist eine Besonderheit: Durch den Einsatz hochselektiver Katalysatoren steigt die Ausbeute bei der Umsetzung von Ethylenoxid zu MEG von 90 auf 99 Prozent, bei gleichzeitig geringerem Energie- und Wassereinsatz.

Ein weiteres Element des Chemiekomplexes ist eine 155.000-t/a-Butadien-Anlage, bei der Technologie von ABB Lummus und der BASF zum Einsatz kommt und die als Ausgangsbasis n-Methylpyrrolidon nutzt.

Jurong Aromatics will bis 2014 2 Mrd. USD investieren

Obwohl auf Jurong Island bereits Raffineriekapazitäten für 1,3 Mio. Barrel/d bestehen, gibt es weitere Ausbaupläne. So hat die Jurong Aromatics Corporation (JAC) ihre in der Finanzkrise auf Eis gelegten Pläne wieder aufgenommen, 2 Mrd. USD in den Bau einer Raffinerie für Aromaten zu bauen. Ursprünglich zur Fertigstellung in 2011 geplant, soll die Anlage nun ab 2014 jährlich 1,5 Mio. t Aromaten und 2,5 Mio. t schwefelarme Kraftstoffe produzieren. Darunter 800.000 t/a p-Xylol und 200.000 t/a o-Xylol.

Hinter JAC steht eine ganze Reihe von Eignern, angeführt vom Staatsunternehmen Jurong Energy. Darunter die singalesische SK Energy, die Schweizer Glencore, die kuwaitische Noor Financial Investment sowie Chinas größter Polyesterproduzent, die Jiangsu Sanfangxiang Industrial Group.
Profitieren soll JAC auch vom Bau der unterirdischen Öl- und Gaslagerstätten Jurong Rock Cavern. Technologie, Basic Engineering und Equipment für das Projekt werden von der Honeywell-Tochter UOP Technology geliefert, der Lump-sum-Turnkey-Kontrakt ging an SK Engineering and Construction.

Unabhängigkeit durch LNG-Terminal

Auch im sich derzeit dynamisch entwickelnden Weltmarkt für Flüssig-Erdgas (LNG) will Singapur mitmischen. Das Staatsunternehmen Singapore LNG Corp. (SLNG) baut seit März 2010 auf Jurong Island ein erstes LNG-Terminal, mit dem ab 2012 jährlich zunächst 3,5 Mio. t LNG umgeschlagen werden sollen. Den EPC-Auftrag dafür erhielt Samsung Engineering, Foster Wheeler wurde als Project Management Consultant ausgewählt.

Das Terminal, für das Ende Januar der Auftrag für einen dritten 188.000 m3 LNG fassenden Tank vergeben wurde, soll künftig nicht nur die Unternehmen auf Jurong mit Gas versorgen, sondern auch dem Handel mit LNG dienen. Insgesamt könnte der „Hub“ in den kommenden Jahren auf eine Kapazität von über 6Mio. t LNG ausgebaut werden.[AS]

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