Skillful worker celebrate success in the factory .

Indem Unternehmen ihren Mitarbeitenden Vertrauen schenken, entstehen Dankbarkeit, Motivation und Verantwortungsbewusstsein. (Bild: Summit Art Creations - AdobeStock)

  • Die Sprache beeinflusst, wie die Herausforderung des Fachkräftemangels wahrgenommen wird.
  • Maschinen und neue Technologien können emotionale Intelligenz und Kreativität von Fachkräften nicht ersetzen.
  • Unternehmen sollten verstehen, wie wichtig die Einstellung ihrer Mitarbeitenden zur Erreichung ihrer Ziele sind.

In der aktuellen Debatte um den Fachkräftemangel wird oft übersehen, dass die gewählte Sprache einen bedeutenden Einfluss darauf hat, wie die Herausforderung wahrgenommen wird. Die Begriffe „Fachkräftesicherung“ und „Fachkräftebindung“ tragen eine negative Konnotation, die eine pessimistische Zukunft suggerieren und bei Menschen einen Widerstand erzeugen, da keiner sich binden lassen möchte. Denn die Wörter, die wir zu gebrauchen pflegen, kreieren unsere Realität. Die Sprache beeinflusst die Wahrnehmung der Herausforderung und dadurch oft auch den Ausgang unserer Bemühungen.

Anstatt von Fachkräftesicherung und -bindung sollten wir von Fachkräftebegeisterung sprechen. Wenn wir das Thema auch mit dieser positiven, optimistischen, bejahenden, inklusiven Sprache angehen, müssen wir unsere Fachkräfte nicht mehr sichern und binden. Und dann kommen bestimmte Strategien und Herangehensweisen zum Vorschein, die das Problem des Fachkräftemangels nachhaltig beheben können. Bei der ganzen Thematik sollte nicht das Vorhandensein der Mitarbeitenden im Vordergrund stehen, sondern deren Wille mit ihrer Kraft und ihren Ideen die Entwicklung des Unternehmens, Projektes oder der Prozesse aktiv mitzugestalten.

Nutzung neuer Technologien

Moderne Technologien spielen zweifellos eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, den Fachkräftemangel zu bewältigen. Die Integration von Robotik, Künstlicher Intelligenz und digitalen Lösungen ermöglicht nicht nur, repetitive Aufgaben zu automatisieren, sondern eröffnet auch neue Horizonte für die Arbeitswelt.

Diese Technologien bieten die Möglichkeit, Engpässe bei Fachkräften zu überwinden, indem sie Arbeitsabläufe effizienter gestalten. Indem Maschinen bestimmte Aufgaben übernehmen, können Mitarbeitende ihre Zeit auf komplexe Problemlösungen, kreative Innovationen und strategische Planung konzentrieren, denn diese Aspekte erfordern emotionale Intelligenz und Kreativität, die Maschinen nicht ersetzen können.

Darüber hinaus können moderne Technologien auch geografische Barrieren überbrücken. Technologien unterstützen  Re­mote-Arbeit und virtuelle Teams, wodurch Unternehmen auf Fachkräfte zugreifen können, die möglicherweise nicht lokal verfügbar sind. Diese Technologien bieten also nicht nur neue Möglichkeiten, den Fachkräftemangel anzugehen, sondern fördern auch eine Umgebung, in der Mitarbeitende ihr volles Potenzial entfalten können.

Unternehmenskultur als Effizienzfaktor

Bevor Unternehmen sich auf die Suche nach neuen Mitarbeitenden begeben, sollten sie sich die Frage nach dem „Warum“ stellen: Fehlen ihnen tatsächlich Mitarbeitende oder sind ihre Prozesse nicht effizient genug organisiert? Und fördert die Unternehmenskultur die gewünschte Effizienz?

Bekanntlich wird zum Erledigen einer Aufgabe so viel Zeit benötigt, wie zur Verfügung steht. Weswegen nicht die Anzahl der Mitarbeitenden in einem Unternehmen als zu definierender Faktor für die Beschäftigung angesehen werden sollte, sondern die Fähigkeiten und Möglichkeiten Aufgaben zielgerichtet zu erledigen. Es sollte nicht die Anwesenheit in Stunden erfasst, sondern der Beitrag zur erfolgreichen Abwicklung der Aufgaben gewürdigt werden.

Effizienz wird durch Vertrauen erreicht. Vertrauen heißt auch loszulassen, die Mitarbeitenden machen zu lassen und nicht ständig zu kontrollieren oder zu mikromanagen. Durch das geschenkte Vertrauen entstehen Dankbarkeit, Motivation und Verantwortungsbewusstsein, die Mitarbeitende als wichtige Treiber zum Ziel navigieren.

Happy African American manager greeting workers in a factory.
Mitarbeitende sollten als aktive Gestalter des Produktionsprozesses wahrgenommen werden, die zum Erfolg der Unternehmung beitragen. (Bild: Drazen - AdobeStock)

Ein weiterer Punkt, der für die Effizienz ausschlaggebend ist, ist die Kooperation – ein banales Thema mit viel Potenzial und einem starken Hebel für die Produktivität. Denn Kooperation sorgt dafür, dass das Basic Engineering nicht vor dem Detailed Engineering nochmal überarbeitet werden muss. Dass Lieferanten entlang der gesamten Lieferkette wissen, wohin die Anlage geliefert wird und sie entsprechend den Anforderungen des Ziellandes ihre Produkte entwickeln, produzieren und testen lassen. Oder auch, dass die Gerätschaften so eingekauft werden, dass der Anwender bei der Nutzung einen geringen Aufwand bei der Schulung des Personals, der Prüfung oder der Kalibrierung der Geräte hat.

Die Bedeutung der Beziehungen zu Anwendern und Lieferanten wurde bereits vor Jahren erkannt und es entstanden Disziplinen wie Customer-Relationship- (CRM) und Supplier-Relationship-Management (SRM). Nun brauchen wir auch ERM – Employee-Relationship-Management! Warum werden Personalabteilungen immer noch „Human Ressources“ (HR) genannt? Der Begriff „Ressource“ klingt sehr passiv und wie etwas Vorübergehendes, aber Mitarbeitende sollten als aktive Gestalter und Enabler des Produktionsprozesses wahrgenommen werden, die mit ihrer Kreativität zum Erfolg der Unternehmung beitragen.

Anlagenbauunternehmen sollten ihre Rolle für die nachhaltige Transformation der Wirtschaft und der Industrie wahrnehmen. Durch innovative Technologien, ökologische Materialien, Berücksichtigung der sozialen Aspekte in der Lieferkette und der Implementierung der Kreislaufwirtschaft in Prozesse der Betreiber liefern sie nicht nur Maschinen, sondern kreieren Werte. Dies sollte entsprechend in der Belegschaft und in der Bildung kommuniziert werden, um die Sinnhaftigkeit der eigenen Aktivitäten hervorzuheben und die Motivation der Mitarbeitenden und angehenden Spezialisten zu steigern, mit eigener Tätigkeit in der Branche einen wertvollen Beitrag für die nachhaltige Zukunft zu leisten.

Fokus auf eigene Mitarbeitende

HR-Abteilungen sind oft damit beschäftigt, junge Talente von außen für das Unternehmen zu gewinnen. Bereits vorhandene Mitarbeitende werden dagegen oft übersehen. Doch gerade hier liegt das Potenzial. Vorhandene Mitarbeitende kennen das Unternehmen, kennen die Herausforderungen, müssen nicht eingearbeitet werden, kennen mögliche Verbesserungspotenziale und können mit ihrer Erfahrung und ihrer Einsicht in diversen Prozessen die Effizienz steigern.

Oft werden Hochschulabsolventinnen und -absolventen im Zusammenhang mit der Suche nach neuen Mitarbeitenden assoziiert. Dabei entsteht oft auch unfreiwillig ein Bias of Age. Unternehmen vernachlässigen die älteren beziehungsweise meinen, mit älteren Mitarbeitenden könnten sie nicht mehr lange rechnen. Bloß können Unternehmen in der Vuca-Gesellschaft nicht immer langfristig planen, sondern ihr Erfolg ist von ständiger Bereitschaft zur Veränderung geprägt – das gilt für Mitarbeitende.
Während Unternehmen sich oft über On-Boarding-Maßnahmen Gedanken machen, finden Off-boarding-Prozesse meist wenig Beachtung in Unternehmen. Mitarbeitende, die kündigen, werden meist stiefmütterlich behandelt. Dabei müssen Unternehmen auch das große Potenzial der ausscheidenden Fachkräfte erkennen. Einige gehen zur Konkurrenz, die anderen zu Lieferanten oder Kunden oder sind auf Social Media präsent und prägen dort das Bild des ehemaligen Unternehmens.

Break time. Group of diverse engineer people sitting together take a break and talking. Young multiracial woman and colleagues technician relax after job in factory. Manufacturing employee lifestyle.
Eine kontinuierliche Weiterbildung sollte, wie einen Urlaub zu gewähren, zum Standard werden. (Bild: Nassorn - AdobeStock)

Die Kraft der Abwechslung

Jeder Mensch strebt eine Entwicklung an: Dies kann im Unternehmensfeld eine Karriere bedeuten oder „bloß“ Fähigkeiten, Verantwortung und Kenntnisse weiterzuentwickeln. Die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln, gehört zu den grundlegenden Bedürfnissen eines Menschen und muss entsprechend vom Unternehmen unterstützt werden. Eine kontinuierliche Weiterbildung – keine Seminarbesuche für ein Häkchen im Qualitätsmanagement-Report – sollte, wie einen Urlaub zu gewähren, zum Standard werden.

Ein weiterer menschlicher Drang ist die Veränderung. Und das ist in der Vuca-Welt nicht nur normal, sondern überlebenswichtig. Dabei geht es um neue Perspektiven, neue Aktivitäten, Neugier und Motivation. Die Ermöglichung solcher Veränderungen steigert die Motivation, das Interesse und die Aufmerksamkeit der Mitarbeitenden. Außerdem bedeutet jede Veränderung, einen neuen Blickwinkel und ein ganzheitlicheres Verständnis für Aktivitäten anderer Parteien zu gewinnen. Diese Abwechslung kann innerhalb einer Abteilung, entlang der Lieferkette oder in einer Allianz der Wettbewerber stattfinden. Dadurch sammelt der Mitarbeitende wertvolle Erfahrungen und befriedigt seine Neugier nach anderen Tätigkeiten, Arbeitgebern, Kollegen oder nach einer neuen Umgebung.


Der Mitarbeiter ist König

Durch eine positive Unternehmenskultur entsteht eine Arbeitsatmosphäre voller Vertrauen, Freiheit und Respekt. Unternehmen können Mitarbeitende stärker motivieren, indem sie ihnen abwechslungsreiche Aufgaben und Verantwortlichkeiten bieten, ihnen Akzeptanz entgegenbringen sowie ihre Kreativität fördern. Diese attraktiven Arbeitsbedingungen, zusammen mit vielschichtigen Weiterbildungsmöglichkeiten und der Chance, persönlich zu wachsen, sorgen außerdem für effizientere Prozesse.
Die Personalverantwortlichen sollten verstehen, dass die wahren „KönigInnen“ nicht die Kunden, sondern die Mitarbeitenden sind. Nur wer die eigenen Mitarbeitenden im Mittelpunkt sieht, wird seine Ziele erreichen. Und wir müssen an die Sprache denken, die wir verwenden, und eine ermutigende, respektvolle, empathische Kommunikation fördern – in allen Abteilungen und Gewerken, in Meetings, auf der Baustelle, mit Kunden und Lieferanten entlang der gesamten Lieferkette, bei Inspektionen und Audits! Eine wertschätzende Kommunikation spielt eine Schlüsselrolle, wenn eine positive Unternehmenskultur gefördert und gemeinsame Ziele erreicht werden sollen.

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