Flugzeuge

(Bild: guukaa, Chalabala – stock.adobe.com)

  • Nachhaltige Flugkraftstoffe (SAF) spielen eine herausragende Rolle, da es auf absehbare Zeit keine Alternativen gibt.
  • Das Anlagenbauunternehmen EDL  hat ein neues Verfahren entwickelt, das mithilfe von Strom eine CO2-emissionsfreie Produktion von SAF ermöglicht.
  • Auf dieser Basis wird in Böhlen-Lippendorf derzeit die weltweit größte Anlage für PtL-Flugkraftstoff geplant.

Der Flugverkehr trägt derzeit mit über 5 % zur globalen Erderwärmung bei. Er ist einer der größten Quellen für Treibhausgas-Emissionen, die in den nächsten Jahren noch zunehmen werden. Angesichts der weltweiten Klimaziele muss die Luftfahrt­industrie reagieren und herkömmlichen Kraftstoff durch alternative Produkte ersetzen, die beispielsweise unter Verwendung von erneuerbarem Strom hergestellt werden.

Doch die Nachhaltigkeitsziele sind ambitioniert: Bis 2030 werden deutsche Verkehrsflughäfen voraussichtlich etwa 200.000 t strombasierten nachhaltigen Flugkraftstoff, auch bekannt als E-SAF, E-Kerosin oder Power-to-Liquid-Kerosin benötigen. Zudem erhöht das Netto-Null-Ziel der Europäischen Union bis 2050 den Druck auf die Verkehrs- und Luftfahrtindustrie, ihren Weg zur Defossilisierung zu beschleunigen. Ein wegweisendes Großprojekt in diese Richtung ist die Errichtung der weltweit größten Industrieanlage zur Herstellung von nachhaltigem PtL-Kerosin.


Grüner Wasserstoff und PtL-Technologie

Grüner Wasserstoff, der über Elektrolyse mit erneuerbarem Strom erzeugt wird, gilt als ein wichtiger Bestandteil der Energiewende und wird zukünftig auch zur Herstellung sogenannter E-Fuels eingesetzt, also Kraftstoffen, die auf erneuerbarem Strom basieren. Diese spielen für die Defossilisierung der Luftfahrtbranche eine immer größere Rolle, da es auf absehbare Zeit keine Alternativen für Mittel- und Langstreckenflugzeuge auf Basis von Wasserstoff oder elektrischen Antrieben gibt.

Das Anlagenbauunternehmen EDL aus Leipzig, Teil der österreichischen Pörner-Gruppe, besitzt langjährige Erfahrung im Großanlagenbau und hat in den letzten Jahren ein neues PtL-Verfahren, die Hykero-Technologie (für englisch „hydrogen“ und „kerosene“) entwickelt. Diese beruht auf industriell erprobten Einzeltechnologien (mit dem höchsten Technologie-Reifegrad TRL 9) zur Herstellung von PtL-Kerosin im industriellen Maßstab und könnte zukünftig einen Großteil der benötigten E-SAF-Produktionsmenge abdecken.

Das PtL-Verfahren im Überblick.
Das PtL-Verfahren im Überblick. (Bild: EDL)

Die Technologie ermöglicht eine CO2-emissionsfreie Produktion von PtL-Kerosin. Das Verfahren nutzt Wasserstoff, der durch Elektrolyse von Wasser unter Verwendung von erneuerbarem Strom erzeugt wird. Aus dem grünen Wasserstoff und nachhaltigem Kohlenstoff wird in nachgelagerten Prozessschritten Synthesegas erzeugt. Dieses wird mittels Fischer-Tropsch-Synthese und nachfolgendem Refining zu PtL-Kerosin weiterverarbeitet.

Die Hykero-Technologie hat das Potenzial, den Flugverkehr erheblich zu dekarbonisieren und den Übergang zu nachhaltigeren Lösungen zu beschleunigen. Durch die Verwendung von PtL-Kerosin können die Treibhausgasemissionen in der Luftfahrt signifikant reduziert werden. Es kann in herkömmlichen Flugzeugen eingesetzt werden, ohne dass Modifikationen oder Anpassungen erforderlich sind.

 

Weltweit größtes Projekt in Böhlen-Lippendorf

Und es gibt auch bereits konkrete Projekte auf Basis der Technologie: Eine Hykero-Anlage mit einer Produktionskapazität von 50.000 t/a PtL-Kerosin wird in Böhlen-Lippendorf, südlich von Leipzig errichtet und befindet sich bereits in Planung. Der Standort bietet eine vorteilhafte Infrastruktur und liegt zudem unweit des Flughafens Leipzig-Halle. Es wird die weltweit größte industrielle Anlage für PtL-Kerosin sein. Das erste grüne Kerosin soll 2026 verfügbar sein. Die innovative Anlagenkonzeption ermöglicht einen ökobilanziell emissionsfreien Anlagenbetrieb, da Prozessgase und anfallende Nebenprodukte innerhalb der Anlage vollständig genutzt werden. Somit wird für einen CO2-neutralen Fußabdruck der Hykero-Anlage gesorgt.

3D-gedrucktes Modell der geplanten Hykero-Anlage.
3D-gedrucktes Modell der geplanten Hykero-Anlage. (Bild: EDL)

Wesentliche Vorteile des erneuerbaren Flugkraftstoffs PtL-Kerosin sind eine nahezu 100-prozentige Klimaneutralität sowie die Reduzierung von Stickstoffemissionen um 12 bis 25 %, von Feinstaubemissionen um 95 % und des Kraftstoffverbrauchs um 2 bis 15 %. Darüber hinaus kann die bestehende Logistik- und Betankungsinfrastruktur weiter genutzt werden. Der mittels Hykero-Technologie erzeugte Flugkraftstoff erfüllt alle Anforderungen gemäß ASTM D 756 A1.
Weitere industrielle Projekte für nachhaltige Kraftstoffe verfolgt die EDL nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern. So ist mit Partnern in Brasilien eine Anlage mit jährlich 100.000 t PtL-Kerosin geplant.  


Herausforderungen und Chancen für eine nachhaltigere Luftfahrt

Die Nachfrage nach grünem Kerosin steigt stetig, da Fluggesellschaften ihre CO2-Bilanz verbessern müssen und umweltbewusste Reisende nach nachhaltigeren Optionen suchen. Einige Länder haben bereits ehrgeizige Ziele für den Einsatz von nachhaltigem Flugkraftstoff festgelegt. Norwegen strebt beispielsweise an, dass bis 2030 30 % des inländischen Luftverkehrs mit nachhaltigem Kraftstoff betrieben werden. Dies zeigt das wachsende Bewusstsein für die Notwendigkeit einer umweltfreundlichen Luftfahrt und den Willen zur Veränderung.

Die Entwicklung und Implementierung einer umfassenden Infrastruktur zur Produktion und Verteilung von grünem Kerosin zählen aktuell noch zu den Herausforderungen. Ohne den konsequenten Ausbau der Kapazitäten an erneuerbarem Strom fehlen die Voraussetzungen für den raschen Ausbau der Kapazitäten für Wasserstoff. Beim Ausbau des erneuerbaren Stroms ist nicht nur die installierte Erzeugungskapazität von wesentlicher Bedeutung, sondern auch die ganzjährig durchgängige Verfügbarkeit, um eine hohe Auslastung der Anlagen zur Wasserstofferzeugung sicherzustellen. Diese kann nur durch eine kombinierte Nutzung von Offshore- und Onshore-Wind, Solarenergie und Wasserkraft aus verschiedenen Regionen sichergestellt werden und erfordert dementsprechend eine ausreichende Kapazität des Stromnetzes.

Es bedarf zudem erheblicher Investitionen in Anlagen und Technologien, um die Produktion von grünem Kerosin in großem Maßstab zu ermöglichen. Hierfür müssen regulatorische und wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen geschaffen werden, die den Einsatz von nachhaltigem Flugkraftstoff fördern und Anreize für Unternehmen schaffen, in diese Technologie zu investieren.

Bei all diesen Herausforderungen bietet die Entwicklung und Verwendung von grünem Kerosin eine vielversprechende Lösung für die Defossilisierung der Luftfahrt. Es eröffnet neue Möglichkeiten für die Reduzierung von Treibhausgasemissionen und kann zur Erreichung der globalen Klimaziele beitragen. Mit innovativen Technologien und einem verstärkten Engagement der Industrie lässt sich die Mobilität der Zukunft gestalten und eine nachhaltigere Luftfahrtbranche aufbauen.

Dr. Michael Haid ist CEO von EDL Anlagenbau
(Bild: EDL)

Interview mit Dr. Michael Haid, CEO von EDL Anlagenbau

Bisher werden SAF vor allem biogen hergestellt, etwa im HEFA-Verfahren. Wie schneidet die PtL-Technologie im Vergleich dazu ab?
Dr. Michael Haid: Auch zukünftig spielt SAF biogenen Ursprungs, wie HEFA-basiertes SAF, eine wichtige Rolle in der Defossilisierung der Luftfahrt. Wir benötigen jedoch alle Herstellungspfade für SAF, um die entsprechenden Mengen zu erzielen, die für die gesteckten Klimaziele benötigt werden. Der PtL-Pfad ist von besonderer Bedeutung, da PtL-SAF perspektivisch mit erneuerbarem Strom und CO2 aus der Luft in sehr großen Mengen hergestellt werden kann.
Dies ist für HEFA-SAF und andere biomassebasierte Herstellungspfade leider nicht in gleichem Maße der Fall. Für den Markthochlauf von PtL-SAF sind andere CO2- bzw. Kohlenstoffquellen zu bevorzugen, um die Herstellungskosten möglichst niedrig zu halten. Dennoch sind die Kosten im Vergleich zu HEFA-SAF deutlich höher, insbesondere aufgrund hoher Preise für RED-II-konformen erneuerbaren Strom und RED-II-konforme Kohlenstoffquellen.

Können Sie das Hykero-Verfahren noch etwas näher erläutern? Inwiefern unterscheidet es sich von anderen PtL-Verfahren?
Haid: Unser Hykero-Prozess verwendet neben CO2 auch Biomethan als Kohlenstoffquelle, wodurch die SAF-Herstellung effizienter und damit kostengünstiger erfolgen kann.

Welches Marktpotenzial erwarten Sie sich für die Technologie?
Haid: Aufgrund der gewählten Prozessschritte im Hykero-Verfahren können wir eine breite Palette an Kohlenstoffquellen nutzen. Die Energiepreise spielen bei der SAF-Herstellung mittels PtL-Pfad eine große Rolle. Folglich werden entsprechende Anlagen insbesondere dort entstehen, wo niedrige Energiekosten und gute Verfügbarkeit an Kohlenstoffquellen gegeben ist. Daher sind wir neben unserem Hykero-Projekt auch in anderen Märkten aktiv und prüfen zusammen mit Partnern mögliche Projekte. Beispielhaft sei hier Brasilien genannt, das sehr gute Rahmenbedingungen für PtL-SAF bieten kann.

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Unternehmen

EDL Anlagenbau Gesellsch. mbH

Lindenthaler Hauptstr. 145
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