Telecommunication tower with 5G cellular network antenna on indu

(Bild: kinwun – StockAdobe.com)

  • 5G ist die erste Mobilfunktechnologie, die für die Industrie konzipiert und entwickelt wurde.
  • Auch für die Prozessindustrie ergeben sich große Potenziale für neue Anwendungen.
  • Ein 5G-Netz lässt sich ohne große Kabelarbeiten einfach installieren und langfristig sind die Wartungskosten relativ gering.

Die Mobilfunktechnologie 5G ist die Weiterentwicklung des Vorgängers 4G/LTE und die erste Mobilfunktechnologie, die für die Industrie konzipiert und entwickelt wurde. 5G verspricht eine sehr zuverlässige, latenzarme und deterministische Kommunikation. Das ist besonders wichtig für die Industrie – vor allem wenn kritische Anwendungen in einer Anlage angeschlossen werden müssen. Die Übermittlung jeder Information muss innerhalb eines vorgegebenen Zeitintervalls sichergestellt sein, um negative Auswirkungen auf andere Anwendungen in der Anlage zu vermeiden.

Darüber hinaus unterstützt 5G eine Breitbandübertragung, die das Frequenzspektrum sehr effizient nutzt und sehr hohe Datenraten liefert. Die Kapazität zwischen Uplink und Downlink kann flexibel aufgeteilt werden, was für einige Anwendungsfälle von Vorteil ist, die hauptsächlich Bandbreite im Uplink benötigen, wie Augmented Reality, Sensoren oder Videoüberwachung. Zudem kann mit 5G eine sehr hohe Anzahl von Geräten angebunden werden – mit einem Kommunikationsprotokoll, das Energiesparen auf den Endgeräten ermöglicht.


Private 5G-Netze

Ein 5G-Netz kann in einem privaten Frequenzband betrieben werden. Einige Länder haben bereits ein privates Frequenzspektrum für industrielle Anwendungen reserviert. Die exklusive Nutzung des Spektrums sorgt für eine höhere Zuverlässigkeit der Funkkommunikation. Da die Infrastruktur beim Endanwender vor Ort, zum Beispiel in seiner Anlage, installiert wird, bleiben alle Daten innerhalb des Unternehmensnetzwerks, was ein Höchstmaß an Sicherheit und Datenschutz ermöglicht.

Der große Vorteil von 5G ist, dass es die Anbindung verschiedener Gerätetypen und parallel arbeitender Anwendungen in einem einzigen Netzwerk ermöglicht. Und es kann optimal an die Anforderungen der industriellen Anwendungen angepasst werden, was Quality of Service (QoS) und Latenz angeht. Das macht private 5G-Netze mit privaten Frequenzen zur bevorzugten Lösung für industrielle Anwendungen, vor allem wenn ein hohes Maß an Zuverlässigkeit und Sicherheit erforderlich ist. Die Investition in ein privates 5G-Netz wird den Digitalisierungsprozess beschleunigen, da ein einziges 5G-Netzwerk alle drahtlosen Anwendungsfälle in einer Anlage unterstützen kann.
Ein privates 5G-Netz wird aus der Infrastruktur und den dazugehörigen Endgeräten gebildet. Die Infrastruktur besteht aus einem 5G-Core und einem Funkzugangsnetz (Radio Access Network, RAN).

Der 5G-Core ist das Gehirn des 5G-Netzes. Es verwaltet die Sicherheitsfunktionen, die Userauthentifizierung, den QoS jeder Verbindung und bietet eine Vielzahl von Netzwerkdiensten. Das RAN verwaltet den Zugriff auf das Funknetz und die Mobilität der Endgeräte, zum Beispiel die Übergabe von einer Funkzelle zur anderen. Die Front-End-Funkanlage, Radio Unit (RU) genannt, ist in der Feldebene in der Anlage installiert und überträgt das 5G-Signal.

5G bietet gegenüber vorhergehenden Mobilfunktechnologien verschiedene Vorzüge.
5G bietet gegenüber vorhergehenden Mobilfunktechnologien verschiedene Vorzüge. (Bild: Siemens)
Architektur einer privaten industriellen 5G-Netzwerkinfrastruktur.
Architektur einer privaten industriellen 5G-Netzwerkinfrastruktur. (Bild: Siemens)

Herausforderungen der Prozessindustrie

In der Prozessindustrie gibt es viele unterschiedliche Arten von Anlagen. Meist sind es sehr komplexe Anlagen, oft über große Flächen verteilt und mit einer Vielzahl eingebundener Maschinen und Geräte. Wie alle anderen Industriezweige befindet sich auch die Prozessindustrie in einem Digitalisierungsprozess, der einige Herausforderungen mit sich bringt. Bisher wurde viel in die bestehende Infrastruktur investiert, die teilweise noch nicht vollständig für die Digitalisierung bereit ist. Manche Unternehmen sehen in der Digitalisierung deshalb ein Risiko und haben Sicherheitsbedenken. Die gesamte Branche muss jedoch diesen Weg gehen, um ihre Effizienz zu steigern und wettbewerbsfähig zu bleiben.

Für die Digitalisierung müssen viele Geräte miteinander vernetzt werden, da immer mehr Daten von Prozesseinheiten gesammelt werden müssen und in einigen Fällen in sehr kurzer Zeit reagiert werden muss, um zum Beispiel Ventile oder Antriebe zu aktivieren oder zu deaktivieren. Besonders kritische Infrastrukturen haben hohe Anforderungen an die Zykluszeit.

Eine Nachrüstung durch kabelgebundene Vernetzung dieser Geräte in solchen Anlagen ist nicht einfach. Dazu müssen viele neue Kabel verlegt werden, unter Umständen muss mitten in einer Anlage gegraben werden und der Betrieb wird gestört. Die erforderliche Verkabelung kann sogar durch explosionsgefährdete Bereiche führen. Dies alles ist kostspielig und bringt auch für die Zukunft hohe Wartungskosten. In einigen anderen Fällen befinden sich Teile von Anlagen an abgelegenen Orten, an denen es keine Kommunikationsinfrastruktur wie Festnetz- oder Mobilfunknetze gibt. Dort ist der Einsatz eines privaten drahtlosen Netzwerks die einzige Möglichkeit, das Konnektivitätsproblem zu lösen.

Wie kann 5G die Digitalisierung in der Prozessindustrie unterstützen?

Prozessautomatisierungsanlagen unterscheiden sich in ihrem Einsatzzweck, aber sie haben alle die gleichen Anforderungen: Prozesse steuern, Daten sammeln und daraus resultierende Maßnahmen ergreifen. In vielen Fällen muss die Reaktion in sehr kurzer Zeit erfolgen.

In einer typischen Prozessanlage kommen viele Sensoren zum Einsatz. Viele Anlagen verfügen aufgrund des hohen Strombedarfs auch über eigene Schaltanlagen, die ständig überwacht werden müssen. Einige Branchen nutzen geschlossene Fertigungshallen, in denen Waren fertiggestellt, verpackt und versendet werden. Die Intralogistik erfolgt häufig über fahrerlose Transportsysteme oder kleine automatische Züge. Alle Aktivitäten werden meist in einer zentralen Leitstelle überwacht und gesteuert.
Ein drahtloses Netzwerk ermöglicht relativ einfach die Konnektivität all dieser Geräte und Anwendungen, muss aber eine hohe Zuverlässigkeit bei gleichzeitig sehr kurzer Reaktionszeit bieten. Die eingesetzten Kommunikationsgeräte müssen den Anforderungen des Industrie- und Umweltschutzes entsprechen, wie die Zertifizierung für den Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen (Atex) und unter extremen Umgebungsbedingungen (IP67).

Die eingesetzten Sensoren/Geräte können entweder über ein eingebautes 5G-Modem kommunizieren oder ihre Daten können von dezentralen Peripheriegeräten gesammelt werden, die angeschlossene 5G-Router für die Kommunikation mit der Leitstelle verwenden. Ein 5G-Netz kann diese Anforderungen durch seine robuste Funktechnologie erfüllen, die eine hohe Zuverlässigkeit und garantierte Übermittlungszeiten bietet. Das 5G-Netz lässt sich ohne große Kabelarbeiten einfach installieren und langfristig sind die Wartungskosten relativ gering. Darüber hinaus ist ein 5G-Netz flexibel und kann in Bezug auf die Funktionalitäten leicht erweitert und in Bezug auf die Abdeckung durch Hinzufügen weiterer Funkeinheiten skaliert werden. Die technischen Features von 5G und die Möglichkeit, es in einem privaten Spektrum zu betreiben, machen es zur besten drahtlosen Lösung für die Prozessindustrie.


Chance für die digitale Transformation

Die Einführung von privatem 5G in der Prozessindustrie kann die Digitalisierung beschleunigen und zu einer verbesserten Prozessqualität, Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit führen – basierend auf datengesteuerten Entscheidungen. Wir stehen erst am Anfang. 5G wird in den kommenden Jahren schrittweise in der Branche eingeführt. Zu Beginn werden noch nicht alle Funktionen verfügbar sein, aber am Ende wird 5G seine Versprechen halten – und eine große Chance bieten, die digitale Transformation zu realisieren.

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