Seepex

(Bild: Seepex)

  • Die Kombination verschiedener Förder- und Steuerungs-Technologien ermöglicht bislang unerreichte Ressourcen- und Kosten-Einsparpotenziale für die Förderung von hochviskosen Klärschlämmen.
  • Durch dieses Förderprinzip sinken Druck und Druckverluste in den Förderleitungen, was im Anwendungsbeispiel die Energiekosten um mehr als 50 % und Wartungskosten um bis zu 88 % senkte.
  • Die Technologie ist zudem auf Nachhaltigkeit ausgerichtet und ressourcenschonender und effizienter als alternative Fördersysteme.

Die Entwicklungen der 2020er Jahre sind schon jetzt durch einen tiefgreifenden Wandel in den Werten unserer Gesellschaft geprägt, die auch das unternehmerische Denken und Handeln verändern. In Bezug auf Klimawandel und Erderwärmung macht beispielsweise die Wassernutzung und -aufbereitung in den USA etwa fünf Prozent der landesweiten CO2-Emissionen aus. Ein hoher Anteil entfällt dabei auf die Belüftung und Pumpenförderung im Abwassersektor. Durch die zunehmende Urbanisierung und die Frage nach einer effizienten Ver- und Entsorgung von Wasser in Mega-Cities wird das Thema Abwasser immer zentraler und steht im Fokus des neo-ökologischen Wandels. Wie gehen Abwasserbetriebe in Deutschland vor Ort damit um?

Megatrend als Herausforderung

Allein im Bundesgebiet fallen jährlich bis zu 2 Mio. Tonnen an Klärschlamm an und müssen auf einer der rund 10.000 Kläranlagen im Land verwertet werden. Dem Trend der Neo-Ökologie folgend, wurden die Klärschlamm- (AbfKlärV) und Düngemittelverordnung (DüMV) novelliert, was nun zu großen Umstrukturierungen der etablierten Prozesse bei kommunalen Abwasserbetrieben führt: Die lange Zeit übliche landwirtschaftliche Nutzung von Klärschlamm als Dünger ist nicht weiter zulässig, da sie zur steigenden Nitratbelastung unserer Böden und Grundwässer beiträgt.

Stattdessen zeichnet sich die thermische Verwertung als neuer Standard ab. Hierbei werden Klärschlämme mit hohem Aufwand zunächst mechanisch entwässert und getrocknet. In einer Mono- oder Mischverbrennung, also Mitverbrennung in Kohlekraftwerken, dienen sie dann der Energiegewinnung. Als zusätzliche Herausforderung durch die DüMV sind Abwasserbetriebe zukünftig dazu verpflichtet, wichtige Roh- und Wertstoffe wie Phosphor aus den Klärschlämmen zu recyceln.

Betreiber suchen lokale Lösungen

Um sich diesen Anforderungen zu stellen, müssen die Verwertungsprozesse der Kläranlagen angepasst werden. Dies zeigt sich häufig als recht komplex: Die dichte Bebauung der Anlagen führt zu unflexiblen und langen Transportwegen zwischen den neuen Prozessschritten. Die Förderung von entwässerten Schlämmen ist jedoch aufgrund der schwierigen Transporteigenschaften wie Viskosität, Feststoffanteil, Faserung etc. über große Entfernungen auf konventionellem Wege sehr ineffizient und keineswegs ökologisch oder ökonomisch. In der Regel wird der Schlamm durch geschlossene Rohrleitungen gefördert, wobei die hohe Viskosität des Mediums zu deutlichen Reibungsverlusten in den Förderleitungen führt, die nur mit hohem Energieaufwand zu überwinden sind.

Hierbei kommen üblicherweise Hochdruck-Verdrängerpumpen (Kolbenpumpen und große Exzenterschneckenpumpen) zum Einsatz, die sich für hochviskose Fördermedien eignen und die Druckverluste in den Rohrleitungen kompensieren können. Aufgrund des enormen Gegendrucks sind hierzu ein hoher Energieaufwand sowie hohe Investitionskosten für druckstabile Rohrleitungen erforderlich. Zudem sorgt die Druckbelastung für einen erhöhten Verschleiß, was insbesondere bei Kolbenpumpen hohen Wartungsaufwand und Kosten bei langen Ausfallzeiten zur Folge hat. Eine Alternative sind sequenzielle Förderlösungen mit mehreren Antrieben, etwa Förderbänder, Ketten- oder Schneckenförderer. Diese weisen jedoch aufgrund der Mehrzahl an Antrieben ebenfalls einen hohen Energie- und Wartungsaufwand auf. Außerdem sind sie häufig offen zur Umgebung ausgeführt, mit Folgen wie Geruchsbelästigung, Verschmutzung und Wiederverwässerung durch Regen, und sind ineffizient bei vertikalem oder verwinkeltem Transport.

Pumpeninstallation mit SAI in der Kläranlage Sehnde.
Pumpeninstallation mit SAI in der Kläranlage Sehnde.
(Bild: Seepex)

Die Kläranlage in Sehnde bei Hannover (KA Sehnde) ist eine von vielen Kläranlagen im Land, die ihre Prozesse zukunftssicher gestalten möchte, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Effizient und ökologisch soll der Klärschlamm transportiert werden. In Sehnde wird der Klärschlamm mechanisch in einer Zentrifuge entwässert (1,5 bis 2,5 m3/h). Zum Weitertransport an einen 250 m entfernten und offenen Klärschlammplatz setzte die KA Sehnde in der Vergangenheit eine Kolbenpumpe mit sehr hohen Wartungs- und Energiekosten ein. Ziel war es, diesen Prozess zu optimieren und nachhaltiger zu gestalten. Die neue Förderlösung sollte wirtschaftlicher und gleichzeitig ressourcenschonend sein.

Der Pumpenhersteller Seepex aus Bottrop lieferte dazu die geeignete Lösung: Bei dem sogenannten Smart-Air-Injection-System (SAI) entfallen die genannten Nachteile, was Energie-, Betriebs- und Investitionskosten erheblich senkt. SAI hebt sich von konventionellen Förderlösungen deutlich ab – insbesondere bei langen Transportdistanzen bis 1 km. Solch lange Entfernungen sind mit konventionellen Lösungen nicht möglich, womit sich ganz neue Möglichkeiten für die Prozessgestaltung auf Kläranlagen ergeben. Die Stadtwerke Sehnde entschieden sich zum Umbau ihres Schlammtransports. So wurde das neuartige Pumpen-Prinzip installiert, um in einer erdverlegten Stahl-Bestandsleitung die Entfernung von ca. 250 m zu dem Schlammlagerplatz zu überbrücken.

Die Innovation des Systems liegt in der Kombination verschiedener Fördertechnologien und einer hierauf angepassten digitalisierten Steuerungs- und Monitoring-Lösung, hin zu einem komplett neuartigen Förderprinzip. Dieses basiert zwar noch auf der etablierten Exzenterschneckenpumpe, erzielt jedoch signifikante Vorteile. Kombiniert wurde das Förderprinzip der Exzenterschneckenpumpe mit einer pneumatischen Dichtstromförderung von vorverdichteten Schlamm­pfropfen, die durch die Einbringung von Gleitmittel in die Rohrgrenzschicht „geschmiert“ werden.

Smart Air Injection steuert sich selbst

Hierbei wird zunächst ein Schlammpfropfen über die Exzenterschneckenpumpe in der Druckleitung verdichtet (s. a. Abb. 1) und zur Reduktion der Reibungsverluste mit einem Gleitmittel ummantelt. Anschließend wird dieser Pfropfen über gepulste Druckluftinjektionen pneumatisch weitergefördert. Der Zeitpunkt für die Luft­injektionen erfolgt druckgesteuert über einen applikationsangepassten und parametrierten Algorithmus. Der maximale Druck korreliert direkt mit der erforderlichen Kraft zum initialen Bewegen des Schlammpfropfens. Sobald die Massenträgheit des Pfropfens und die Haftreibung überwunden sind, wird dieser durch die nachströmende und expandierende Druckluft beschleunigt, wodurch das Druckniveau in der Leitung wieder absinkt.

Der geringe Druck in der Förderleitung von nur 1 bis 3 bar schont alle Förderkomponenten und bewirkt eine deutlich längere Lebensdauer. Die Reduktion der Druckverluste um bis zu 90 % ermöglicht den Einsatz kostengünstigerer Niederdruck-Exzenterschneckenpumpen mit effizienten Wartungstechnologien. Zudem werden erhebliche Energie- und Ersatzteilkosten eingespart. Dünnwandigere und kostengünstigere Rohrleitungen (PN10) können verwendet werden, sodass sich die Investitionskosten weiter reduzieren.

Die Parameter zur effizienten Steuerung des Förderprozesses wie die Fördergeschwindigkeit, Pfropfenlänge, Gleitmittelmenge, Luftmenge sowie Injektionszeitpunkt, und -Dauer werden vom System genau kontrolliert. Dieser zunächst komplex erscheinende Ablauf wird durch das SAI-System selbst kontinuierlich gesteuert und über das integrierte Monitoring-System lokal am Tablett und dezentral in der Seepex-Cloud überwacht. Das System realisiert somit das Konzept einer sogenannten „Package Unit“, ein automatisiertes Teilsystem bestehend aus Maschinen, Sensorik, Aktorik, Peripherie sowie einer dazugehörigen applikationsangepassten Steuerungslogik.

SAI Förderprozess
SAI Förderprozess: a) Beginn der Verdichtung eines Schlammpfropfens, bis b) zum Erreichen einer optimalen Pfropfenlänge in der Leitung. c) Öffnen des Druckluftventils, um den Schlamm­pfropfen mittels Dichtstromförderung in das Silo zu fördern. d) Abfall des Drucks in der Förderleitung.
(Bild: Seepex)

Geringer Druck als Hauptmerkmal

Schlüsseleffekt dieses Förderkonzeptes ist der, verglichen mit bisherigen Systemen, geringe Druck in der Förderleitung. Dieser Effekt lässt sich durch drei Phänomene erzielen: Durch die Gleitmittelschmierung, die zumeist mit einer 0,5%igen Polymerlösung erfolgt, die diskontinuierliche Förderung von Schlammsegmenten von 10 bis 15 m Länge, wodurch die Reibungsverluste nur entlang dieser Segmente und nicht im gesamten Rohr wirken, sowie die scherverdünnende Rheologie des Fördermediums. Bei der konventionellen Förderung von entwässertem Klärschlamm mittels Verdrängerpumpen wird das Medium mit sehr geringen Geschwindigkeiten durch die Leitung gepresst. Die pneumatische Dichtstromförderung hingegen erfolgt bei sehr hohen Geschwindigkeiten (ca. Faktor 100 schneller), wodurch hohe Scherraten an der Rohrwandung entstehen. Im Falle von scherverdünnenden Fluiden – wie entwässerter Schlamm und Gleitmittel – lässt sich so die effektive Viskosität an der Rohrwandung, und demnach auch die Reibungsverluste, um den Faktor 10 reduzieren. Durch dieses Konzept lassen sich die Drücke über die gesamte Förderstrecke auf wenige bar senken.

Jährliche Betriebskosten im Vergleich verschiedener Förderkonzepte der Stadtwerke Sehnde.
Jährliche Betriebskosten im Vergleich verschiedener Förderkonzepte der Stadtwerke Sehnde. Hinweis: bei den Gleitmittelkosten sind sowohl der Kaufpreis für Polymerkonzentrat, als auch die zusätzlichen Schlamm-Entsorgungskosten berücksichtigt.
(Bild: Seepex)

Die Erfolge des SAI-Systems traten in der Kläranlage Sehnde schnell zu Tage. Schon im ersten Jahr erzielten die Betreiber enorme Einsparungen im Vergleich zur vorherigen Förderlösung, einer 45-kW-Kolbenpumpe plus Gleitmittelinjektion. Die Energiekosten sanken um mehr als 50 %. Dabei wurde das SAI-System mit Exzenterschneckenpumpe (7,5 kW), Gleitmittelinjektion und Druckluftzufuhr (22 kW) in die bestehende erdverlegte Rohrleitung integriert. So ließ sich der Druck ausgehend von 60 bis 80 bar auf rund 3 bar senken. Die Wartungs- bzw. Ersatzteilkosten schrumpften durch den Einsatz der Niederdruck-Exzenterschneckenpumpe von 15.000 Euro/a um 88 %. Auch die erforderliche Menge an Gleitmittel konnte halbiert werden. Aufgrund der erhöhten Reibung in der zum Teil korrodierten Bestandsleitung wird eine erhöhte Menge an Gleitmittel und Druckluft verwendet als in vergleichbaren Anlagen nötig wäre. Eine erneuerte Leitung aus PE-Kunststoff könnte durch die besseren Reibeigenschaften zusätzliche Druckluft und Gleitmittel einsparen. Insgesamt reduzierte die Umrüstung die jährlichen Betriebskosten der KA Sehnde um bis zu 82 %, was einer Ersparnis von 37.500 Euro/a entspricht. In den vier Jahren seit Markteinführung konnte Anbieter Seepex bereits Anlagen in ganz Europa, Asien und den USA mit dem neuen System ausstatten und den neo-ökologischen Wandel mitbegleiten.


Ifat Halle B1 - 215/314

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