- Stoffe mit sehr geringer Schüttdichte können aufgrund ihrer stark unterschiedlichen Eigenschaften für mechanische Verarbeitungsschritte wie die Strahlvermahlung eine Herausforderung darstellen und erfordern entsprechend angepasste Prozesse.
- Optimierungen wichtiger Einzelschritte können die Prozesseffizienz beträchtlich steigern. Dazu gehören Mahldruck und Düsenanordnung, Beschicken der Mühle sowie Sichten und Abtrennen des Produkts.
Obwohl das Prinzip der Gegenstrahlmühle bereits vor 140 Jahren erfunden wurde, ist die Entwicklung dieser Technologie nicht abgeschlossen und kann noch immer weiter verbessert werden. In der Entwicklung und Erforschung von neuen Verfahren oder Maschinen dient üblicherweise Kalkstein als Versuchsmaterial. Das liegt unter anderem daran, dass dieses Material leicht verfügbar, ungefährlich und günstig in der Beschaffung ist. Folglich basieren fast alle Erfahrungen mit dem Mahlen und Sichten auf Versuchen mit Kalkstein. In den meisten Fällen bieten daraus gewonnene Richtlinien eine gute Vergleichbarkeit und erlauben annähernd passende Voraussagen.
Fluffiges Material ist anders
Kalkstein weist mittlere Materialdichten (2.600 – 2.900 kg/m3) auf und für dessen Zerkleinerung ist eine ausreichend große Mahlarbeit erforderlich. Die Eigenschaften von Produkten mit geringer Schüttdichte unter 200 kg/m3 (Low Density Products – LDP) wie synthetische amorphe Kieselsäuren, Carbon Black oder Perlite sind jedoch extrem unterschiedlich. Der Anlagenbauer Hosokawa Alpine hat den Einfluss der wichtigsten Strahlmahlparameter auf die Verarbeitung solcher Produkte und deren besonderes Verhalten genauer untersucht. Die Ergebnisse flossen in ein spezielles Mühlen- und Anlagendesign für das Strahlmahlverfahren ein.
Das Zerkleinern solcher „fluffigen“ Materialien erfordert in der Regel deutlich weniger Energie, da sie meist nicht aus festen Partikeln, sondern aus zerbrechlichen Strukturen wie Agglomeraten, Schichtstrukturen oder Gebilden mit sehr hoher Porosität bestehen. Dies führt zu sehr geringen scheinbaren Partikeldichten. Diese Materialien beinhalten meist eine große Anzahl von Sollbruchstellen innerhalb kleinster Volumina und unterscheiden sich auch in der Art der Bindungskräfte von echten Feststoffen. Dies kann dazu führen, dass die Verbindungen bereits bei geringem Energieniveau brechen.
Hoher Mahldruck wird überflüssig
Um solche Schüttgüter zu dispergieren, reicht also in den meisten Fällen ein sehr geringer Energieeintrag, und für Strahlmahlprozesse ist ein hoher Mahldruck nicht mehr zwingend. Je höher der Mahldruck ist, desto geringer wird der Wirkungsgrad der Drucklufterzeugung. Ein Mahldruck von 6 bar(g) benötigt rund dreimal so viel spezifische Energie wie ein 1-bar(g)-Prozess. Auch wird der Technologieaufwand der Drucklufterzeuger mit steigendem Druck zunehmend komplexer. Der Einsatz von zu hohen Strahlmahldrücken erzeugt daher erhöhte Investitions- und Betriebskosten.
Das ideale Druckniveau muss für jedes Produkt individuell bestimmt werden. Bei Kalkstein sollte es nicht unter 4 bar liegen, doch bei den meisten LDP kann der Druck deutlich niedriger sein. Einige Materialien sind auch bei weniger als 1 bar(ü) noch zu verarbeiten, sodass auch einfache und preisgünstige Drehkolbengebläse verwendet werden können.
Manche LDP stellen allerdings eine Ausnahme dar und benötigen trotzdem höhere Drücke für eine effiziente Dispergierung. Die nebenstehende Tabelle vergleicht zwei Mahlverfahren für Grafit mit gleicher Leistung und derselben Endfeinheit von 4,2 µm (dV50). Spalte A zeigt einen Niederdruckprozess, Spalte B den Hochruckprozess. Selbst bei einer kleineren Mühle und einem um ca. 12 % reduzierten Kompressorwirkungsgrad zeigt die Vermahlung unter Hochdruckbedingungen eine um ca. 64 % erhöhte spezifische Leistung. Mit TDG-Gegenstrahlmühlen sind noch feinere Grafitqualitäten bis 2,5 µm (dV50) möglich, auch auf den größten Mühlentypen.
Pulverpumpe ersetzt Dosierer und Schieber
Aufgrund der niedrigen Absetzgeschwindigkeit von LDP kann das übliche Konzept der Schwerkraftdosierung zu Problemen führen. Bei einer der ersten Strahlmühlen mit Dosierung mittels Stopfschnecke lag der Materialeinlauf unterhalb der Mahlzone. Greift man diese Idee wieder auf, ermöglicht dies bei vielen Produkten mit geringen Schüttdichten Leistungssteigerungen bis zu 10 %. Wenn das Aufgabematerial eine hohe Fließfähigkeit aufweist, können auch Pumpen statt Dosierschnecken zur Produktaufgabe dienen. Dadurch kann eine einzelne Pulverpumpe die übliche Kombination aus Dosierung und Schleuse ersetzen.
Hohe Partikelporositäten ermöglichen nur geringe Impulse und in Verbindung mit der Bewegung in einem Fluid wie Luft werden nur geringe Flugweiten erreicht. Aufgrund der geringen scheinbaren Partikeldichte beträgt der Bremsweg für ein Kieselsäureteilchen mit 5 µm Durchmesser und einer Ausgangsgeschwindigkeit von 500 m/s weniger als 1 cm. Ein entsprechendes Kalksteinpartikel benötigt dagegen eine Distanz von knapp 10 cm. Das niedrige Niveau der Stoßimpulse hat Einfluss auf die Energieübertragung innerhalb der Strahlmühle und führt bei Einbeziehung der normalen „Kalksteingesetze“ nur zu einer wenig effizienten Vermahlung.
Beim Zerkleinern von Materialien mit höheren Partikeldichten findet bis zu 30 % der Mahlarbeit im Brennpunkt statt, die verbleibenden 70 % werden direkt vor die Düse umgesetzt, wo die höchsten Geschwindigkeitsniveaus auftreten (rote Bereiche in Abb. 2). Produkte mit geringer scheinbarer Partikeldichte erhalten fast 100 % der benötigen Energie in diesen Bereichen. Werden die Gleichung für den „idealen Düsenabstand“ ignoriert und die Düsen optimal positioniert, lässt sich die Leistung um bis zu 10 % steigern.
Es ist nicht leicht, den Mühlenfüllstand für extrem leichte Schüttgüter zu bestimmen, da deren Gewicht kaum maßgeblich über dem Mühlengewicht erscheint. Die Produktdosierung und der Mühlenfüllstand sind aber entscheidende Parameter, ohne die eine Leistungsoptimierung nicht möglich ist. Auch hier können die Erfahrungen mit Kalkstein auf die falsche Fährte führen.
Engpass im Sichtbereich
Das gemahlene Produkt verlässt den Mahlbereich innerhalb einer permanenten Aufwärtsströmung in Richtung des Sichterrades. Partikel die fein genug sind, erreichen das Radinnere und werden durch die Luftströmung in den Filter transportiert. Das Zentrifugalfeld des Sichterrades weist zu grobe Partikel ab, die anschließend erneut in die Mahlzone gelangen. Dieses Auf und Ab ist ein wesentlicher Bestandteil des Prozesses und wurde ebenfalls untersucht. Durch unterschiedliche Gestaltung der Mahlgehäuse wurde der Einfluss der Strömungen und deren Anordnung näher untersucht. Ein Zusammenhang mit der Mühlenperformance konnte nicht nachgewiesen werden.
Generell sind zwei unterschiedliche Anordnungen von Sichterrädern üblich: Entweder drehen sich die Räder um eine vertikale oder um eine horizontale Achse. Da Hosokawa Alpine beide Varianten herstellt, war es für den Anlagenbauer einfach möglich, die horizontale (AFG-Design) und die vertikale Ausführung (TFG-Design) zu vergleichen. Die Ergebnisse fielen auch bei Produkten mit geringer Schüttdichte in Bezug auf Feinheit, Kapazität und Effizienz praktisch identisch aus. Da die horizontale Ausführung weniger komplex konstruiert ist, wurden alle weiteren Versuche mit dieser Ausführung fortgesetzt.
Das Haupthindernis bei der LDP-Vermahlung ist meistens das Sichtrad. Die Dispergierung/Desagglomeration geschieht nahezu schlagartig, aber das Produkt sollte den Mahlprozess ebenso schnell verlassen können. Deshalb wurde das TDG-Raddesign getestet, das eine höhere Durchsatzleistung ermöglicht. Eine größere freie Oberfläche und beidseitige Feingutausträge reduzieren die Durchflussgeschwindigkeit und damit, bei doppelter Leistung, auch den Verschleiß.
Die gewünschte Feinheit liegt bei Produkten mit geringer Schüttdichte häufig deutlich unter 10 µm (zum Beispiel Carbon Black, Grafit, Talkum oder Kieselsäure). Bei üblichen Sichträdern liegen die dafür erforderlichen Umfangsgeschwindigkeiten nahe am Limit und führen zu hohen Druckverlusten. Ein spezielles Lamellen-Design der TDG ermöglicht verbesserte Trennschärfen und feinere Trenngrenzen bei deutlich reduzierten Sichtraddrehzahlen. Das spart zum einen Energie und ermöglicht zum anderen sehr feine Partikelgrößen unter 1 µm (dV50). Dadurch sind gleiche Feinheiten wie bei Strahlmahlprozessen mit Heißdampf möglich.
Die Prozesssteuerung bei Strahlmühlen erfolgt standardmäßig durch Erfassen des Massenstroms mittels Mühlengewicht oder der Sichterleistung, doch beide Konzepte funktionieren meist nicht mit Produkten von geringer Schüttdichte. Deshalb wird beim Betrieb einer TDG ein leicht erfassbarer, aber von der Leistung beinahe unabhängiger Parameter überwacht, um die optimale Aufgabemenge sicherzustellen. Jede Prozessabweichung wird sofort erkannt und in automatische Gegenmaßnahmen oder Informationen an den Betreiber umgewandelt.
Produkttrennung durch Filtration
Nach dem Mahlen und Sichten muss das Produkt vom Luftstrom getrennt werden. Zyklone funktionieren für LDP in der Regel nur unzureichend, sodass nur die Filtration als Lösung bleibt. Mit der verwendeten Steuerungsgröße lässt sich das Zusammenspiel von Mühle und Filter sehr fein aufeinander abstimmen. Dabei können die Filterflächenbelastungen in den meisten Fällen die empfohlenen Werte überschreiten. Filterflächen und -gehäuse können so verkleinert werden. LDP-Filter sollten folgende Voraussetzungen erfüllen:
- Einlauf direkt unterhalb der Filterkopfplatte,
- keine Anströmung der Filterschläuche,
- Verwendung von Membranfilterschläuchen,
- Auffangtrichter mit steilen Wänden,
- ausreichender Auslaufdurchmesser.
Geringe Schüttdichte erfordert angepasste Prozesse
Die Untersuchungsergebnisse führten zum Wechsel vom normalen AFG-Design hin zum TFG-Design, das darüber hinaus folgende Vorteile bietet:
- Energieeinsparung durch optimierten Mahldruck,
- doppelte Leistung bei gleicher Mühlengröße (AFG -> TDG),
- feinere Trenngrenzen,
- höhere Leistung durch modifizierte Aufgabesituation,
- höhere Leistung durch verbessertes Düsenarrangement,
- kleinere Filter durch optimierte Ausnutzung der Filterfläche.
Alle positiven Veränderungen übertrug der Anlagenbauer in ein neues TDG-Konzept, dessen LDP-Erweiterungspaket alle beschriebenen Verbesserungen enthält. Alle genannten Untersuchungen wurden auf einer 400 TDG im Technikum/Augsburg durchgeführt. Diese steht – inklusive aller beschriebenen Umbauten und Modifikationen – für Versuche zur Verfügung.