Abluftreinigungsanlage

Aufgrund der Kosten für Bau, Betrieb, Instandhaltung und Energieeinsatz können zentrale Anlagen gegenüber dezentralen die bessere Wahl sein. (Bild: Christian Pfammatter für Dürr)

  • Auf dem Werksgelände von Syngenta waren zuletzt drei dezentrale Abgasverbrennungsanlagen.
  • Dürr entwickelte eine zentrale Reinigungsanlage für eine hohe Stoffvielfalt mit schwankendem Aufkommen.
  • In der Anlage wird Überschusswärme genutzt, sodass diese sich energetisch fast von selbst betreibt.

Syngenta beginnt die Produktion fast aller neuen Wirkstoffe aus der Forschung in Monthey, bevor der Hersteller sie auf andere Standorte ausweitet. Der daraus erwachsende regelmäßige Neu- und Umbau von Produktionsanlagen und sich ständig wandelnde Prozesse haben dazu geführt, dass es auf dem Werksgelände zuletzt drei dezentrale Abgasverbrennungs-Anlagen gab. Als deren Erneuerung anstand – auch die jüngste war bereits 15 Jahre alt –, stellte sich die Frage, ob sich die Bedürfnisse des Herstellers nicht besser mit einer zentralen Abluftreinigungsanlage erfüllen lassen.


„Es gibt zwei Philosophien, die beide ihre Berechtigung haben“, sagt Magnus Morsch, Global Customer Director Sales im Bereich der Umwelttechnik bei Dürr. „Es ist technisch gesehen schlicht einfacher, sich mit einer jeweils eigenen Anlage auf den entsprechenden spezifischen Prozess einzustellen. Mit Blick auf die Kosten für Bau, Betrieb, Instandhaltung und Energieeinsatz können zentrale Anlagen jedoch die bessere Wahl sein – vorausgesetzt, sie bieten die Flexibilität, verschiedenste Stoffe verarbeiten zu können.“ Syngenta hatte einen Engineering-Wettbewerb ins Leben gerufen, um Projektteams verschiedener Anbieter Konzepte für die Aufgabenstellung ausarbeiten zu lassen. Mithilfe dezidierter Berechnungsmodelle wogen die Teams das Für und Wider verschiedener Verfahren und deren Kombination ab, um mögliche Gefahren rechtzeitig zu erkennen oder Einsparpotenziale realistisch einzuschätzen.


Die CO2-Bilanz fest im Blick


Syngenta entschied sich schließlich für das Konzept von Dürr. Es sieht den Bau einer zentralen Abluftreinigungsanlage auf Basis der regenerativ-thermischen Oxidation (RTO) vor. Neben der effizienten und zuverlässigen Reinigung der Abgasströme stand die Skalierbarkeit der Anlage ganz oben im Anforderungskatalog: In Phase zwei soll der Bau der bereits geplanten zweiten RTO-Anlage für hundertprozentige Redundanz sorgen, bis dann in Phase drei des Projekts weitere Gebäude angeschlossen werden und die Gesamtanlage voll auslasten sollen.


Dürr hat das Verfahrenskonzept modular um das Herzstück, die Dürr Oxi.X RE RTO, gebaut. Der Anlagenbauer hatte außerdem mit seiner Lösung eine weitere Anforderung von Syngenta fest im Blick: die Anlage weitestgehend ohne den Einsatz fossiler Energien zu betreiben, um CO2-Emissionen und Energieverbrauch am Standort Monthey weiter zu senken. „Mit unserem Plan für verantwortungsvolles Wachstum haben wir uns verpflichtet, die Kohlenstoffintensität unserer globalen Aktivitäten bis 2030 um 50 Prozent zu reduzieren“, sagt Matteo Scalabrino, Projektleiter bei Syngenta. „Darum müssen wir proaktiv Maßnahmen ergreifen, um unsere Verfahren immer weiter zu verbessern. Der Abluftreinigungsprozess ist eines davon.“ Um zusätzliche Betriebs- und Investitionskosten einzusparen, nutzt Dürr das Kondensat der dampfbetriebenen Wärmetauscher als Wäscherwasser der Abluftwäscher.

Abluftreinigungsanlagen
Da Energie aus den Schadstoffen genutzt wird, kommen die beiden gekoppelten thermischen Anlagen nahezu ohne Brennerbetrieb aus. (Bild: Christian Pfammatter für Dürr)

Hohe Stoffvielfalt mit schwankendem Aufkommen

Die neue, zentrale Abluftreinigungsanlage sollte an der Stelle einer aufgelösten Tankfarm entstehen. Für Dürr erwuchs daraus die diffizile Aufgabe, die Anlage so zu dimensionieren, dass sie auf dieser geringen Fläche von etwa 35 x 35 Metern Platz findet und trotzdem noch Raum für die geplanten Ausbaustufen bietet. „Tankfarmen sind üblicherweise in einer Art Becken angelegt, damit im Fall eines Lecks kein Schaden entsteht“, erläutert Magnus Morsch. „Wir hatten also durch diese Vertiefung exakt diesen Platz – nicht weniger, aber eben auch nicht mehr.“ Die weitaus größere Herausforderung bestand in der intelligenten Kombination vorhandener und neu entwickelter Technologien, um den Auftrag von Syngenta zu erfüllen, alle Abluftströme in einer Anlage zu verarbeiten.


Bei gasförmigen Rückständen aus der chemischen Produktion handelt es sich meist um hochkalorische Gase durch hohe Konzentrationen an organischen Inhaltsstoffen. Das gilt für die Oxidation selbst, aber auch für die nachgeschaltete Rauchgaswäsche und die Wärmerückgewinnung. Und das ist erst recht der Fall, wenn mehrere unterschiedliche Stoffe zusammenkommen, die gleichzeitig behandelt werden sollen. „Wir haben es also mit einer hohen Vielfalt an Stoffen zu tun, die in ihren Betriebszuständen extrem variieren und in ihrem Aufkommen stark schwanken können“, bringt es Magnus Morsch auf den Punkt.

„Betreibt sich energetisch gesehen selbst“

Rohrleitungen von insgesamt mehreren Kilometern Länge bringen die Abluftströme aus 70 Einzelquellen zur neuen Reinigungsanlage. Die Anschlüsse dort führen die einzelnen Gebäudeabgase in einer Mischkammer zusammen. Hier können bereits einige Stoffe miteinander reagieren. Darum hat Dürr diese eigens für Syngenta entwickelte Kammer selbstreinigend konzipiert, sodass zum Beispiel Kristallbildungen automatisch entfernt werden können. Wenn es die Schadstoffkonzentration erfordert, wird der Mischung der verschiedenen Abgasströme vorgewärmte Verdünnungsluft zugeführt. Auf den nächsten Metern, der sogenannten Reaktionsstrecke, entscheiden dann zahlreiche Messinstrumente darüber, ob die Abluft gefahrlos in die Anlage geführt werden darf. Sollte das nicht der Fall sein, wird sie in einen Bypass umgeleitet. Die Bypässe haben außerdem die Aufgabe, die Anlage auch dann in Betrieb zu halten, wenn es in der Produktion nur wenig oder kein Abluftaufkommen gibt. „Unser wichtigstes Ziel ist die hundertprozentige Verfügbarkeit der Anlage. Das bedeutet, die Verfahrenskombination so zu steuern, dass sie ständig, also auch bei unregelmäßiger Schadstoffzufuhr oder bei wechselnder Zusammensetzung der Stoffe, einwandfrei funktioniert“, fasst Matteo Scalabrino zusammen.

Der hohe organische Anteil in den Abluftströmen gleicht nicht nur die Energieverluste der RTO aus, die üblicherweise ein Gasbrenner kompensiert. Tatsächlich muss sogar eine große Menge an heißem Gas abgeleitet werden, um die RTO-Anlage energetisch im Gleichgewicht zu halten. Dürr nutzt diese überschüssige Energie und führt sie in die auf die RTO aufgesetzte separate Reaktionskammer. „Wir decken also den Energiebedarf für die Oxidation des CS2-haltigen Abluftstroms durch die Überschusswärme der RTO-Anlage“, sagt Magnus Morsch. „Das Verfahren, das wir hier entwickelt haben, betreibt sich energetisch gesehen praktisch selbst.“ Und noch einen weiteren Vorteil hat die frühe Nutzung der zusätzlichen Energie: Hinter der RTO-Anlage sind die Abluftwäscher (Sorpt.X SW) die nächste Station, für die die Abgase nicht mehr so stark künstlich heruntergekühlt werden müssen. Diese Nasswäscher mit Füllkörperpackung überführen die sauren Komponenten nach der Verbrennung aus der Gasphase in die Flüssigphase, die schließlich in der Werks-Abwasserbehandlung entsorgt wird.


Sind die organischen Verbindungen verbrannt und die anderen Schadstoffe aus den Abluftströmen ausgewaschen, bleiben lediglich Stickstoffkomponenten übrig. Hier sorgt die selektive katalytische Reduktion des NOx durch die Anlage von Dürr schließlich noch für die Umwandlung der im Rauchgas vorhandenen Stickoxide. Am Ende des Reinigungsprozesses wird – nach nochmaliger gründlicher Messung – ausschließlich gereinigte Luft durch die Kamine in die Atmosphäre entlassen.

Fruchtbarer Boden, auch für Innovation

Durch die intelligente Nutzung der Energie aus den Schadstoffen kommen die beiden gekoppelten thermischen Anlagen nahezu ohne Brennerbetrieb aus, der ansonsten mit fossilen Brennstoffen gespeist werden müsste, um die Reaktionskammern auf Temperatur zu bringen. „Erdgas wurde im Produktionsprozess in Monthey hauptsächlich als Brennstoff für die alten Verbrennungsanlagen benötigt. Dadurch, dass wir sie sukzessive aus dem Betrieb nehmen und durch die energieeffiziente Lösung von Dürr ersetzen, konnten wir bereits jetzt unseren Bedarf an fossilen Energien nachhaltig senken, was sich positiv auf unseren CO2-Footprint auswirkt“, sagt Matteo Scalabrino. Der Aufbau einer Abgasreinigungsanlage in dieser Form ist laut Dürr bislang einmalig. Die „selbstgenügsame“ Energieversorgung ist eine Erfindung, die zum Patent angemeldet wurde.

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Dürr Systems AG

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