Bagger zwischen Müll aus Gelbem Sack

(Bild: Foto und Design Waldshut)

Andreas Vogt, Geschäftsführer von Vogt-Plastic
Andreas Vogt ist Diplom-Ingenieur der Kunststofftechnik und seit 1997 bei Vogt-Plastic. Er ist Geschäftsführer und gemeinsam mit seinem Bruder Dominik Vogt Gesellschafter des Unternehmens. (Bild: Foto und Design Waldshut)

Wie steht es um die Verfügbarkeit des Inputstroms (Gelber Sack)?
Andreas Vogt: In Deutschland fallen jährlich ca. 2,5 Mio. Tonnen Leichtverpackungen (LVP) an. Im Jahr 2023 geht man erstmalig von sinkenden LVP-Mengen aus. Es besteht außerdem eine deutliche Überkapazität an Sortieranlagen, so dass ein lebhafter Wettbewerb um das Material im Gange ist. Aus diesem Grund werden in Deutschland auch LVP-ähnliche Wertstoffströme aus den Nachbarländern sortiert.

Worauf wird die sinkende Menge LVP zurückgeführt?
Vogt: Wir können uns zwei Gründe vorstellen. Zum einen eine gewisse Konsumzurückhaltung aufgrund der aktuellen Inflation. Zum anderen könnte es aber auch ein Resultat der Bemühungen der Inverkehrbringer um die Reduktion von Verpackungsmaterial sein. Wahrscheinlich spielen beide Komponenten eine Rolle.

Wie äußert sich der Wettbewerb um den Abfall?
Vogt: Dieser Wettbewerb führt zu einem Margenverlust bei der Sortierdienstleistung bis hin zu mangelnder Kostendeckung.

Kunststoffrecycling: Der große Überblick

Mann mit Kreislaufsymbol auf dem T-Shirt
(Bild: Bits and Splits - stock.adobe.com)

Sie wollen alles zum Thema Kunststoffrecycling wissen? Klar ist, Nachhaltigkeit hört nicht beim eigentlichen Produkt auf: Es gilt Produkte entsprechend ihrer Materialausprägung wiederzuverwerten und Kreisläufe zu schließen. Doch welche Verfahren beim Recycling von Kunststoffen sind überhaupt im Einsatz? Gibt es Grenzen bei der Wiederverwertung? Und was ist eigentlich Down- und Upcycling? Alles was man dazu wissen sollte, erfahren Sie hier.

Was passiert mit den sortierten Wertstoffströmen aus den Nachbarländern?
Vogt: Diese werden genauso sortiert wie LVP und tragen somit zur Anlagenauslastung bei.

Wie ist der Absatz aktuell, da Neuware günstiger als Rezyklat ist?
Vogt: Der Absatz unserer Regranulate hat sich in den letzten Monaten schwieriger gestaltet. In vielen Abnehmerbranchen werden Regranulate immer noch überwiegend als kostengünstige Alternative zur Neuware gesehen. Dort gilt diese als Benchmark und gibt den maximal möglichen Preis vor. Da die Kostenstruktur bei der Kreislaufführung von Kunststoff aber unabhängig vom Neuwarepreis ist, kommen Recycler entsprechend unter Druck. Unsere Hoffnung sind Kunden, die strategisch denken und in solchen hoffentlich vorrübergehenden Marktsituationen bereit sind, einen kostendeckenden Preis für das Regranulat zu bezahlen, das Volumen aber trotzdem aufrechterhalten. Auch gibt es mittlerweile einzelne Branchen, die bereit sind, für den ökologischen Vorteil zu bezahlen. Diese sind nach unserer Erfahrung eher endverbrauchernah.

Granulat
Vogt-Plastic produziert Granulate und Compounds aus Polyethylen, Polypropylen, Polystyrol und Polyolefinkombinationen aus gebrauchten Verpackungen. (Bild: Foto und Design Waldshut)
Compounds
(Bild: Foto und Design Waldshut)

Wie sortieren Sie?
Vogt: Mit solchen Informationen sind wir zurückhaltend. Sensoren spielen eine Rolle. Jedoch haben sie den Nachteil, dass das Signal nicht immer eindeutig ist, insbesondere wenn der zu sortierende Artikel klein oder schmutzig oder von dunkler Farbe ist. Danach muss das Signal weitergeleitet und in einen exakt terminierten Ausschleuseimpuls umgewandelt werden. Auch hier kann es zu Fehlern kommen. Wir arbeiten, wo immer es geht, in physikalischen Kraftfeldern, in denen die Trennung aus dem polymeren Eigenschaftsunterschied heraus passiert.

Können Sie die 67 % Verwertungsquote einhalten?
Vogt: Ja. Das scheint mittlerweile überall recht gut möglich zu sein.

Was ist mit Biokunststoffen – reicht die Menge für eine eigene Fraktion? Und sehen Sie, dass der Strom sich vergrößert?
Vogt: Wir haben keine Daten darüber, wieviel Biokunststoffe sich im LVP befinden. Wenn es sich um biobasierte „Drop-in“-Lösungen handelt, benötigen diese gar keine eigene Fraktion, sondern werden bereits heute zusammen mit den entsprechenden fossilen Typen in eine Fraktion sortiert. Biologisch abbaubare Kunststoffe werden bei uns automatisch in die Reste sortiert und einer Verbrennung zugeführt. Die biologische Abbaubarkeit wiederspricht dem Gedanken der Kreislaufführung. Dafür brauchen wir stabile Polymere, die auch Feuchtigkeit und hohe Temperaturen unbeschadet überstehen. Bei einem biologischen Abbau löst sich die in den Polymeren enthaltene Prozessenergie quasi in Luft – vor allem in CO2 – auf und steht nicht mehr für eine Nutzung bereit. Wie unvollkommen ein solcher Abbau ist, zeigt auch die Diskussion um Beutel für Biomüll aus bioabbaubaren Kunststoffen.

Wie schätzen Sie die zukünftige Entwicklung des Markts für Kunststoffrezyklate ein?
Vogt: Ohne ein Gesetz wie beispielsweise die Packaging & Packaging Waste Directive (PPWD) wird dieser Markt weiter zu einem guten Teil von den volatilen Neuwarepreisen beeinflusst bleiben, mit allen sich daraus ergebenden Unsicherheiten für die Entwicklung einer richtigen Kreislaufwirtschaft.

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