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(Bild: ryanking999 – stock.adobe.com)

Ein ähnliches Schicksal teilen Führungskräfte mit den Influencern im Netz: Auch sie sind nur solange Influencer wie sie Follower haben. Und das Bemerkenswerte dabei ist: Ihre Follower folgen ihnen ganz freiwillig; sie lassen sich völlig ohne Zwang von ihren Ideen usw. beeinflussen und inspirieren.

Dies ist auch das Ziel einer modernen Führung. Sie zielt darauf ab, ein Milieu zu kreieren, in dem andere Menschen sich eigeninitiativ mit ihrem Denken und Handeln für das Erreichen der gemeinsamen Ziele engagieren. Diese werden umso wichtiger, je stärker die Führungskräfte ihre Mitarbeiter auf Distanz führen – zum Beispiel, weil diese weitgehend im Homeoffice arbeiten. Also lohnt es sich, sich mit dem Phänomen Influencer zu befassen. Nachfolgend neun Thesen, was diese erfolgreich macht.

These 1: Influencer zeigen sich

Ein wichtiger Erfolgsfaktor aller Influencer im Netz ist ihre Sichtbarkeit – zum Beispiel indem sie regelmäßig ihre Social-Media-Kanäle füttern und ihr virtuelles Netzwerk pflegen. Ähnliches gilt für alle Personen, die Influencer sind oder sein möchten. So fällt zum Beispiel auf, wie oft unsere Spitzenpolitiker seit Ausbruch der Corona-Pandemie nach einem anstrengenden Arbeitstag abends noch in Fernseh-Talkshows sitzen, um ihr Denken und Handeln der Bevölkerung zu vermitteln und zu erreichen, dass diese ihre Entscheidungen mitträgt. Das heißt, eine Führungskraft, die sich nur hinter ihrem Schreibtisch verbirgt, wird nie ein Influencer, denn man muss die Kommunikation mit den Netzwerkpartnern suchen.

These 2: Influencer stehen erkennbar für gewisse Werte

Fast alle erfolgreichen Influencer haben eine klare Botschaft bzw. stehen erkennbar für gewisse Werte. Dies sollte auch bei Führungskräften der Fall sein. Wenn sie in ihrem Denken und Handeln aus der Sicht ihrer Netzwerkpartner schwanken wie ein Rohr im Wind, fassen sie zu ihnen kein Vertrauen. Sie sind weniger bereit, ihnen und ihren Ideen zu folgen. Dies ist jedoch gerade in unsicheren Zeiten wie den aktuellen wichtig.

These 3: Influencer inszenieren ihre Auftritte

Erfolgreiche Influencer überlassen ihr Auftreten nicht dem Zufall. Sie inszenieren ihre Auftritte, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Diesbezüglich haben viele Führungskräfte noch Entwicklungspotenzial. Das zeigt sich zum Beispiel in den Online-Meetings, die seit dem Ausbruch der Pandemie vermehrt stattfinden. Bei ihnen registriert man als Beobachter immer wieder, dass Führungskräfte sich verspätet einloggen oder im Home­office legere Freizeitkleidung tragen. Dabei ist eine Botschaft, die die Führungskräfte ihren Mitarbeitern auch in den Online-Meetings vermitteln möchten: „Wir arbeiten nun zwar vermehrt im Homeoffice, doch ansonsten gilt: Business as usual.“ Von ihrem Auftritt geht aber oft eine gegenteilige Botschaft aus. Einer Führungskraft, die sich als Influencer versteht, passiert ein solches Missgeschick selten. Denn sie reflektiert vor jeder Interaktion, sei es in der realen oder digitalen Welt, welche Wirkung sie erzielen und welche Botschaft sie mit ihrem Auftreten vermitteln will.

These 4: Influencer wollen eine vertrauenswürdige Marke sein

Hinter dem Inszenieren der Auftritte der Influencer steckt auch der Wunsch, sich als Marke zu etablieren. Eine Marke kennzeichnen zwei Faktoren: ihr Wiedererkennungswert und ihr Leistungsversprechen. Auch Führungskräfte sollten für ihre Netzwerkpartner erkennbar für bestimmte Grundüberzeugungen und -haltungen stehen.

These 5: Influencer funken auf vielen Kanälen

Influencer kommunizieren mit ihren Followern nicht nur über ein Medium wie Twitter, sondern auf verschiedenen Kanälen und zwar abhängig davon, welche Botschaft sie vermitteln und welche Wirkung sie erzielen möchten. Diese Kompetenz brauchen heute auch Führungskräfte. Sie müssen wissen, welche Botschaften kann ich per Mail, in Online-Meetings oder über die Social Media verkünden und wann sollte ich das persönliche Gespräch suchen. Führungskräfte brauchen also eine gewisse Medienkompetenz. Sie müssen die Stärken und Schwächen der verschiedenen Kommunikations- und Informationskanäle kennen und diese gezielt nutzen.

These 6: Influencer interagieren mit ihren Followern

Influencer sind nur so lange Influencer wie sie Follower haben. Sie wissen um diese Abhängigkeit. Deshalb versuchen sie möglichst viel mit ihren Followern zu kommunizieren. Zum Beispiel in Chatforen, um unter anderem deren Interessen und Meinungen zu bestimmten Sachverhalten zu erfahren. Diese Infos nutzen sie, um ihren Online-Auftritt zu verbessern und dafür zu sorgen, dass sie keine Eintagsfliegen sind. Sie lassen zudem das Feedback ihrer Follower erkennbar in ihre Posts einfließen, um ihnen zu signalisieren: Ich nehme Euch und Eure Interessen wahr; Ihr seid mir wichtig. Ähnlich sollten Führungskräfte agieren.

These 7: Influencer zeigen sich auch als Mensch mit Gefühlen

Fast alle Influencer im Netz gewähren ihren Followern auch wohldosierte Einblicke in ihr Privat- und Gefühlsleben – primär um auch als Mensch für diese erfahrbar zu sein und eine emotionale Beziehung zu ihnen aufzubauen. Auch viele Führungskräfte tun dies in der Kommunikation mit ihren Mitarbeitern, etwa indem sie aktuell im Gespräch auch mal erwähnen, dass die Corona-Situation auch sie verunsichert. Diese Aussagen sind für ihre Mitarbeiter oft der Anstoß, sich ebenfalls zu öffnen und ihrer Führungskraft einen Einblick in ihr Gefühlsleben zu geben. Insofern sind solche „Offenbarungen“ seitens der Führungskräfte gerade in der aktuellen Corona-Situation wichtig, in der ihre Mitarbeiter oft hochgradig verunsichert sind. Und wenn die Mitarbeiter im Homeoffice oder in Kurzarbeit sind und deshalb viele normale Gesprächsanlässe entfallen? Dann sollten Führungskräfte überlegen, inwieweit sie mit Hilfe der Social Media einen partiellen Ausgleich hierfür schaffen können, damit ihre emotionale Beziehung zu den Mitarbeitern nicht abreißt.

These 8: Influencer reagieren gelassen auf Kritik

Auch Influencer begehen (aus Sicht ihrer Follower) Fehler – zum Beispiel weil sie deren Stimmung oder Interessen falsch einschätzen. Dann ernten sie oft harsche Kritik, die zuweilen in einem Shitstorm mündet. Hierauf reagieren erfahrene Influencer – nach außen erkennbar – nie beleidigt. Sie nutzen die kritische Rückmeldung vielmehr als Chance, mit ihren Followern in einen noch intensiveren Dialog zu treten und ihnen die Gründe für ihr Handeln darzulegen. Sie gestehen zudem Fehler gemäß der Maxime „Shit happens, auch ich bin nur ein Mensch“ ein, entschuldigen sich hierfür und lernen hieraus. Ähnlich sollten Führungskräfte auf Kritik reagieren, denn diese zeigt letztlich das „Involvement“ der Mitarbeiter und eröffnet ihnen die Chance, bei Bedarf gegenzusteuern.

These 9: Influencer sind bereit, neue Wege zu gehen

Auch Influencer müssen oft neue Wege gehen – zum Beispiel weil sie sich weiterentwickelt haben oder ihre Zielgruppe zunehmend auf andere Plattformen abwandert. Dann stehen auch Influencer vor der Herausforderung, die Weichen neu zu stellen. Diese „Strategiewechsel“ stoßen bei ihren Followern oft auf Widerstände und zum Teil kündigen sie sogar ihre Gefolgschaft. Trotzdem beschreiten Influencer, wenn übergeordnete Ziele dies erfordern, immer wieder diesen Weg.
Ein entsprechendes Rückgrat müssen auch Führungskräfte haben. Bei aller Empathie, Kompromissbereitschaft und Loyalität, die sie im Kontakt mit ihren Mitarbeitern zeigen, muss stets deutlich bleiben: Gewisse Ziele wie „Unser Unternehmen muss Gewinn erzielen“ sind nicht verhandelbar. Dies ist aufgrund ihrer Funktion in der Organisation unabdingbar.

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