Wasser

(Bild: kei907 – stock.adobe.com)

  • Sogenannte Power-to-X-Technologien, also die Herstellung von wertvollen Brenn- und Grundstoffen aus überschüssigem Grünstrom, bilden einen Grundstein für die Energiewende.
  • Ausgangspunkt aller Verfahren ist dabei Reinstwasser für die Wasserelektrolyse.
  • Dem richtigen Ausbereitungsprozess kommt daher eine wichtige Bedeutung zu, wie auch aktuelle Projekte zeigen.

Wind und Sonne werden immer wichtigere Träger der Energiewende. Ihr Nachteil besteht jedoch darin, dass sie großen Schwankungen unterworfen sind. Für die Speicherung von grün erzeugtem Strom reichen dabei Pumpspeicherwerke und Batterien nicht mehr aus. Hier kommt das Konzept Power-to-X (PtX) ins Spiel. Dieses steht als Oberbegriff für alle Technologien, mit denen sich überschüssiger Strom aus erneuerbaren Energien in die Energieträger Gas (Power-to-Gas, PtG), Flüssigtreibstoffe (Power-to-Liquid, PtL) oder chemische Grundstoffe (Power-to-Chemicals, PtC) weiterverarbeiten und speichern lässt, um fossile Energieprodukte zu ersetzen.

Reinstwasser ist der Grundstoff für die Elektrolyse

Zentraler Rohstoff für all diese Technologien ist dabei entmineralisiertes Wasser, also Reinstwasser. Zum Einsatz kommen im PtX-Prozess dabei verschiedene Arten von Elektrolysesystemen, darunter die sogenannten PEM-Elektrolyseure, die das H2O mittels elektrischen Stroms in seine chemischen Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff spalten. Nach der Trennung wird der Wasserstoff mit einem Wasserstoffverdichter komprimiert und anschließend gespeichert. Der Wasserstoff dient dann als Grundstoff für alle weiteren PtX-Technologien.

Das Reinstwasser für die Elektrolyse benötigt als Ausgangsprodukt immer natürliches Trinkwasser oder gereinigtes Brunnenwasser. Die Beschaffenheit dieser Wässer variiert sehr stark: Die Qualität als Grund- oder Oberflächenwasser sowie unterschiedliche regionale Herkünfte können zu einer deutlich unterschiedlichen Mineralstoffkonzentration führen. Diese Mineralstoffe – also Salze – müssen für den Elektrolyseprozess dann in ganz individuell ausgelegten Reinstwasser-Vollentsalzungsanlagen aus dem Wasser entfernt werden, um Salzablagerungen auf Membranen und an Elektroden der PEM-Elektrolyseure zu vermeiden.

Die Aufbereitungsanlage muss an die jeweiligen Begebenheiten angepasst werden.
Die Aufbereitungsanlage muss an die jeweiligen Begebenheiten angepasst werden. (Bild: Wilhelm Werner)

Vom Rohwasser zum Reinstwasser

Die Bereitstellung von Reinstwasser in ausreichender Menge und Qualität ist damit maßgeblich für den gesamten PtX-Prozess. Somit muss auch bei Wasseraufbereitungsanlagen eine hohe Serviceverfügbarkeit mit kurzen Reparaturzeiten (Mean Time To Repair, MTTR) und eine hohe Systemverfügbarkeit (Service Level Agreement, SLA) sichergestellt sein, um Betriebsausfälle auf ein Minimum zu beschränken. Maßnahmen wie eine redundante Ausführung betriebsrelevanter Bauteile, eine optimierte Ersatzteilvorhaltung, der Einsatz zuverlässiger, einsatzerprobter Komponenten und eine umfangreiche Überwachung von Prozessparametern wie Drücke, Durchflüsse und Temperatur können die SLA auf 99 % steigern. Ebenso gilt es bei der Betrachtung der Levelized Cost Of Electricity (LCOX) neben den Investitionskosten auch die laufenden Betriebskosten der Wasseraufbereitungsanlagen mit in einen Vergleich einzubeziehen. Hierzu zählen Energie- und Medienverbräuche, Abwassermengen, Betriebsmittel und Servicekosten.

Ein weiterer, wichtiger Faktor bei der Planung der Wasseraufbereitungsanlage ist die Integration in das PtX-System. Darunter zählen etwa die standortorientierte Einplanung in das Gesamtsystem, die steuerungstechnische Verknüpfung über spezifizierte Kommunikationsschnittstellen, einheitliche Fabrikate von Anlagenkomponenten sowie eine einheitliche Dokumentation.

Die Reinigung des Rohwassers zur Erzeugung von Wasserstoff mittels PEM-Elektrolyse erfolgt in mehreren Verfahrensstufen, die jeweils an die örtliche Wasserqualität in einem Detailengineering angepasst wird. Dabei kommen verschiedene Verfahrensstufen zum Einsatz, von der Vorfiltration mittels Rückspülfilter, Kiesfilter oder Ultrafiltration über die Entsalzung bis zum Prozesswasser-Vorlagesystem mit Lagertank und Druckerhöhungsanlagen. Dadurch wird eine Reinstwasserqualität erreicht, die jedoch prozessbedingt variieren kann.

Zahlreiche Anwendungen im Betrieb

Über verschiedene Verfahrensstufen  wird diese Reinstwasserqualität erreicht.
Über verschiedene Verfahrensstufen
wird diese Reinstwasserqualität erreicht.

Zu den Spezialisten im Bereich Reinstwasseraufbereitung für PtX-Prozesse gehört Wilhelm Werner. Das Hauptmerkmal der Prozesssysteme des Anbieters ist dabei die integrierte Kreislaufreinigung zum Recyceln des verunreinigten Prozesswassers. Als besondere Herausforderung gilt es hier, das unter bis zu 50 bar Betriebsdruck und maximal 65 °C heiße Prozesswasser mit einem für Dauerbetrieb geeigneten Verfahren wirtschaftlich zu entgasen und zu entsalzen. Ein modularer Aufbau der Reinstwasser-Prozesssysteme ermöglicht eine individuelle Anlageneinbindung in das Gesamtkonzept. So lassen sich die einzelnen Verfahrensstufen entweder nebeneinander, übereinander oder räumlich voneinander getrennt anordnen.

Das Unternehmen hat in enger Kooperation mit Herstellern von Elektrolysesystemen im Zeitraum zwischen 2012 und 2020 bereits 30 solcher anwendungsorientierter Reinstwasser-Prozesssysteme für PtX-Projekte entwickelt und geliefert. Eine der ersten regelflexiblen Wasserstoffanlagen mit einer elektrischen Leistung von 6 MW wurde 2015 im Wirtschaftspark Mainz-Hechtsheim errichtet, wo heute mittels PEM-Elektrolyseur von Siemens stündlich bis zu 1.000 Nm³ „Grüner Wasserstoff“ aus überschüssiger elektrischer Windenergie erzeugt werden. Der produzierte Wasserstoff wird vor Ort  zwischengespeichert und steht anschließend für verschiedene Anwendungen im Verkehr oder der Industrie zur Verfügung oder wird ins Erdgasnetz eingespeist. Der Rohstoff Wasser wird hier in einer 1.000-l/h-­­­­ Reinst­­­wasseranlage entmineralisiert und mittels einer 4.200-l/h-Prozesswasser-Kreislaufreinigungsanlage von feinsten Partikeln und gelösten Salzen befreit.
Weitere Wasseraufbereitungsanlagen folgten etwa für die PtX-Projekte der H&R Ölwerke Schindler in Hamburg mit einer elektrischen Leistung von 5 MW aus Windenergie und einer Wasserstofferzeugung von ca. 1.000 Nm³/h oder für Salzgitter Flachstahl bei einer elektrischen Leistung von 2,2 MW ebenfalls aus Windenergie und einer Wasserstofferzeugung von ca. 400 Nm³/h.

Bei dem aktuellsten Projekt handelt es sich um ein PtG-Projekt im schweizerischen Dietikon. Mit überschüssigem Strom aus einer Müllverbrennungsanlage erzeugt die vom Auftraggeber errichtete 2,5-MW-PEW-Elektrolyseanlage 450 Nm³/h Wasserstoff, welcher dann zusammen mit dem Kohlendioxid aus dem Klärgas aus einer Abwasserreinigungsanlage mikrobiologisch zu Biomethan umgewandelt wird. Durch die Verbrennung des „erneuerbaren Gases“ anstelle von Heizöl soll so der CO2-Ausstoß um bis zu 5.000 t/a reduziert werden, was dem Verbrauch von ungefähr 2.000 Haushalten entspricht. Und wenn sich Europa dem von der EU-Kommission gesetzten Ziel eines klimaneutralen Kontinents bis 2050 annähern will, werden noch weitere PtX-Projekte folgen – und damit auch viele Reinstwasseranlagen.

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