August 2016

Im April 2015 haben in Leuna 15 Chemie- und Raffineriebetreiber unter der Moderation von Infraleuna ein Energieeffizienz-Netzwerk gegründet. (Bild: Infraleuna)

  • Regierung und Verbände haben vereinbart, dass in der Industrie bis 2020 rund 500 neue Energieeffizienz-Netzwerke entstehen sollen.
  • Von dem Erfahrungsaustausch versprechen sich Teilnehmer und Politik signifikante CO2-Einsparungen.
  • In der Chemie wurden vier solcher Netzwerke etabliert, drei davon in Chemieparks.

Auch am Chemiestandort Gersthofen erhofft man sich vom im Frühjahr neu gegründeten „Gersthofer Energie Effizienz Netzwerk Industrie“ (GEENI) Impulse für den effizienten Umgang mit Energie. „Bislang geht es den Unternehmen bei Effizienzprojekten vor allem um Kosteneinsparungen. Über das Netzwerk machen wir auch transparent, wie viel Treibhausgas eingespart wird“, erläutert Netzwerkmoderator Dr. Herbert Rauscher vom Standortbetreiber MVV Enamic IGS. Obwohl die teilnehmenden Unternehmen des Netzwerkes bereits über eigene Energiemanagementsysteme nach DIN ISO 50001 verfügen, soll vor allem der Austausch zu einzelnen Maßnahmen gepflegt werden. „Wir unterhalten uns nun sehr systematisch über Energieeffizienz-Maßnahmen und nehmen uns auch die Zeit, die technischen Details zu diskutieren“, bestätigt Rauscher. Das Gremium trifft sich dazu im vierteljährigen Turnus.
Beim Chemieparkbetreiber Currenta umfasst das im Mai gegründete Energieeffizienz-Netzwerk alle drei Chempark-Standorte (Leverkusen, Dormagen, Krefeld-Uerdingen). „Wir begrüßen es sehr, dass Politik und Wirtschaft diese flexible, aber auch verbindliche Möglichkeit zu mehr Energieeffizienz und Klimaschutz gefunden haben. Jetzt freuen wir uns auf den noch intensiveren Austausch mit unseren Netzwerkpartnern“, erklärt Currenta-Geschäftsführer Dr. Günter Hilken. Neun Unternehmen, darunter Bayer, Covestro, Lanxess, Saltigo, Ineos, Kronos

Titan und Akzo Nobel sind bereits mit an Bord. Vor der Gründung wurden potenzielle Netzwerkpartner angesprochen, Ziele der Netzwerkarbeit diskutiert und die Regeln der Zusammenarbeit abgestimmt. Currenta übernimmt als Netzwerkträger die Moderation und kümmert sich um den Informationsaustausch mit der Koordinierungsstelle der nationalen Initiative. „Wir wollen uns gegenseitig noch besser kennenlernen, im Netzwerk dazulernen, Effizienzmaßnahmen diskutieren und schlussendlich die identifizierten Einsparpotenziale realisieren“, kündigt Netzwerkmoderator Dr. Rüdiger Franck an. Im ersten Schritt soll gemeinsam ein Maßnahmenpaket geschnürt, ein Einsparziel vereinbart und an die Koordinierungsstelle gemeldet werden. Danach geht es in die Umsetzungsphase – auch dies mit regelmäßigen Fortschrittsmeldungen an die Koordinierungsstelle.

Nicht nur standort-, sondern auch branchenübergreifend agiert das im Juli 2016 gegründete „Energieeffizienznetzwerk ChePap Rhein Ruhr“. Wie der kryptische Name bereits andeutet, sind dort nicht nur Chemieunternehmen, sondern auch Papiererzeuger vertreten – darunter Mitsubishi Hitec Paper, Smurfit Kappa und Stora Enso. Zu den sieben Chemieunternehmen im Netzwerk gehören Oxea, Sabic Polyolefine und Martinswerk. Die Unternehmen eint der Druck, als Betreiber energieintensiver Prozesse Energie möglichst effizient einzusetzen, um wettbewerbsfähige Produkte herstellen zu können. „Wir sind es als Unternehmen der chemischen Industrie gewohnt, im Verbund und in Wertschöpfungsketten zu arbeiten. Für die Gründung dieses bislang einzigartigen Energieeffizienznetzwerkes war es somit für uns ganz natürlich, dies auch mit Unternehmen aus einer weiteren Branche, der Papierindustrie, gemeinsam zu tun“, so Dr. Peter Heymanns, Oxea, ein maßgeblicher Initiator des Netzwerkes. Moderiert wird die Gruppe vom Energieberatungsunternehmen Wiro Consultants, Träger ist der Verband der Chemischen Industrie mit seinem Landesverband Nordrhein-Westfalen.
Es bleibt zu hoffen, dass noch weitere Chemieparks der Netzwerk-Initiative beitreten. „Es ist auf der politischen Ebene wichtig, dass wir als Chemieparks zeigen, dass wir das Ziel der CO2-Einsparung mit Effizienzmaßnahmen aktiv unterstützen“, erklärt Dr. Herbert Rauscher im CT-Interview auf der nächsten Seite.

Dr. Herbert Rauscher, MVV Enamic IGS Gersthofen, moderiert das Netzwerk GEENI, "Es ist auf der politischen Ebene wichtig, dass wir als Chemieparks zeigen, dass wir das Ziel der CO2-Einsparung mit Effizienzmaßnahmen aktiv unterstützen."

Dr. Herbert Rauscher, MVV Enamic IGS Gersthofen, moderiert das Netzwerk GEENI,"Es ist auf der politischen Ebene wichtig, dass wir als Chemieparks zeigen, dass wir das Ziel der CO2-Einsparung mitEffizienzmaßnahmen aktiv unterstützen."

INTERVIEW mit Dr. Herbert Rauscher, MVV Enamic IGS Gersthofen

„CO2-Einsparung für die Öffentlichkeitsarbeit transparent machen“

CT: Die Unternehmen in einem Chemiepark tauschen sich in der Regel auf Standortkonferenzen aus – wozu ein eigenes Energieeffizienz-Netzwerk?
Rauscher: Wir wollen gemeinsame Energieeinsparpotenziale erkennen, die daraus gewonnenen Synergieeffekte nutzen und dann auch entsprechende Maßnahmen umsetzen. Nur so ist es möglich, die CO2-Bilanz zu verbessern und Energiekosten dauerhaft zu reduzieren.

CT: Wie ist Ihr Netzwerk konkret organisiert?
Rauscher: Das Netzwerk ist auf drei Jahre angelegt. Wir treffen uns vierteljährlich, und die Teilnahme der Firmen ist vertraglich geregelt. MVV Enamic IGS Gersthofen ist Träger des Netzwerks und Initiator, und wir haben uns einen kompetenten Energieberater mit dazu geholt. Allerdings nur in sehr kleinem Umfang, weil die teilnehmenden Unternehmen keine externe Energieberatung vorweisen müssen – das ist bereits über die 50001-Zertifizierung abgedeckt.

CT: Das Projekt läuft seit Anfang 2016 – gibt es bereits erste Erfolge?
Rauscher: Wir sind dabei, Einsparpotenziale aufzulisten und zu analysieren und haben uns bereits zweimal dazu ausgetauscht. Die Teilnehmer versuchen daraus erfolgreiche Effizienzprojekte auf ihr Unternehmen zu übertragen. Ich erwarte nicht unbedingt, dass wir aufgrund des Netzwerks etwas völlig Neues entdecken oder erarbeiten, aber vielleicht ergibt sich durch einen zielgerichteten Erfahrungsaustausch die eine oder andere Optimierung. Als Moderator des Netzwerks sammle ich die Ideen und bereite diese für die Teilnehmer auf. Die Unternehmen betrachten Energieeffizienzmaßnahmen in der Regel rein nach Kostengesichtspunkten. Aus Sicht des Netzwerkträgers ist es aber auch interessant, welche CO2-Einsparung erreicht wird. Wir rechnen deshalb die Energieeinsparung in eine CO2-Einsparung um und nutzen das für die Öffentlichkeitsarbeit.  Außerdem versuchen wir andere Unternehmen und Industrieparks dafür zu motivieren, eigene Netzwerke zu gründen.

CT: MVV hat das Interesse, Energie zu verkaufen. Was haben Sie von dem Netzwerk? Gibt es dafür öffentliche Fördermittel?
Rauscher: Das Netzwerk wird nicht finanziell gefördert. Es gibt bei der Organisation Unterstützung durch Verbände und es gibt die Initiative Energieeffizienz Netzwerke der dena, die zwischen den Netzwerken vermittelt. Das Netzwerk hilft dabei transparent zu machen, welche Fördermittel es für konkrete Effizienzprojekte gibt. Aber das Netzwerk tritt nicht als Verteiler von Fördermitteln auf.
Warum machen wir das also als Energieversorger? Gerade in einem Industriepark, in dem die Unternehmen sehr eng miteinander verbunden sind, muss ein Gesamtoptimum gefunden werden. Die Verringerung der Energieverbräuche und die Verbesserung der Energieeffizienz ist ein zentrales Ziel der Energiewende. Dies ist auch für eine wettbewerbsfähige Produktion im Industriepark Gersthofen von existenzieller Bedeutung.  Als Industrieparkbetreiber stellen wir neben der Energieversorgung auch weitere Dienstleistungen für eine effiziente Produktion zur Verfügung. Deshalb ist uns viel am Wohlergehen unserer Kunden gelegen.

CT: Welches sind bislang Ihre wichtigsten Erkenntnisse aus der Netzwerk-Arbeit?
Rauscher: Ich würde das Netzwerk auf jeden Fall zur Nachahmung empfehlen. Besonders auf der politischen Ebene ist es sehr wichtig, dass wir als Chemie- und Industrieparks zeigen, dass wir uns aktiv einsetzen und das Ziel der CO2-Einsparung durch Energieeffizienzmaßnahmen nach Kräften unterstützen. Und so ganz nebenbei Ökologie und Ökonomie unter einen Hut bringen, auch um einer möglichen gesetzlichen Regelung ab 2020 zuvorzukommen.
Da die öffentliche Darstellung z. B. im Zuge desPariser Abkommens immer mehr eine Rolle spielt, findet eine firmenübergreifende Bearbeitung, Darstellung und Präsentation mehr Bedeutung. Das Energieeffizienz-Netzwerk ist dafür ein sehr geeignetes, mit wenig Aufwand verbundenes Medium.

ZUR INITIATIVE
Energieeffizienz-Netzwerke
Grundlage des Netzwerkkonzeptes ist der freiwillige, systematische und zielgerichtete Erfahrungsaustausch von Unternehmen aus einer Region oder Branche. Mit dieser Initiative will die Bundesregierung 500 zusätzliche Netzwerke ins Leben rufen, die gemeinsam bis zum Jahr 2020 rund fünf Millionen Tonnen Treibhausgas beziehungsweise 75 Petajoule Primärenergie einsparen könnten. Das sind 2,6 Prozent der angestrebten Energieeinsparung bis zum Jahr 2020 bezogen auf den Verbrauch im Basisjahr 2008. Diese Menge entspricht zum Beispiel dem hierzulande jährlich durch Wasserkraft erzeugten Strom.

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