Projekt von BASF, Linde und Sabic

Chemiekonzerne wollen ersten Elektro-Steamcracker bauen

Die Chemiekonzerne BASF, Sabic und Linde wollen den weltweit ersten elektrisch beheizten Steamcracker-Ofen entwickeln und bauen. Das Konzept soll helfen, die CO2-Emissionen in der chemischen Industrie entscheidend zu reduzieren.

BASF-Steamcracker in Ludwigshafen
Bisher kommen Steamcracker – wie hier in Ludwigshafen – nur mit fossilen Brennstoffen auf Temperatur.

Die drei Partner haben laut einer Mitteilung gemeinsam die elektrischen Heizkonzepte entwickelt und prüfen außerdem den Bau einer Multi-Megawatt-Demonstrationsanlage am BASF-Standort Ludwigshafen. Diese könnte – falls es mit einer Förderung durch die EU klappt – bereits 2023 in Betrieb genommen werden.

Steamcracker spielen eine zentrale Rolle bei der Herstellung von Basischemikalien. Sie benötigen große Mengen Energie, um Kohlenwasserstoffe in Olefine und Aromaten aufzuspalten. Diese Reaktion findet in speziellen Öfen bei Temperaturen von etwa 850 °C statt. Normalerweise werden diese Temperaturen durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe erreicht. Das Projekt verfolgt das Ziel, diesen Prozess künftig durch den Einsatz von Strom zu beheizen und so die CO2-Emissionen zu reduzieren. Bei der Nutzung von Strom aus erneuerbaren Quellen, hat die neue Technologie nach Einschätzung der drei Partner das Potenzial, die CO2- Emissionen um 90 % zu reduzieren.

Bildergalerie: Die Klimaziele der Industrie

EU-Parlament
Die EU hat ihre bis 2050 geplanten Klimaziele verschärft. Der im April 2021 verabschiedete neue Beschluss sieht vor, bis 2030 die emittierten Treibhausgase um 55% im Vergleich zu 1990 zu senken.
Bayer-Fabrik
Bereits Ende 2019 hat Bayer ein Paket an Maßnahmen und neuen Nachhaltigkeitszielen ab 2020 bekanntgegeben. Das Unternehmen strebt an, bis 2050 unter Einbezug der gesamten Wertschöpfungskette klimaneutral zu werden. Das bedeutet, dass der Pharma- und Chemiekonzern bis 2030 an seinen eigenen Standorten klimaneutral sein will und bis 2029 den CO2-Ausstoß bei Abnehmern sowie der Lieferkette um 12,3 % verringern will. Bis 2030 plant Bayer außerdem, 100 % des Stroms aus erneuerbaren Quellen zu beziehen.
Lanxess-Klimagrafik
Fast gleichzeitig zur ehemaligen Mutter hat sich der Spezialchemie-Konzern Lanxess ein Klimaschutzziel gesetzt: Bis 2040 will der Konzern klimaneutral werden und seine Treibhausgas-Emissionen von derzeit rund 3,2 Mio. Tonnen CO2-Äquvivalent abbauen.
Dow
Das Chemieunternehmen Dow hat sich dasselbe Jahr der Klimaneutralität gesetzt wie die EU – 2050. Bis zum Etappenziel 2030 will der Konzern seine Netto-Kohlenstoffemissionen um 5 Mio. t/a verringern, im Vergleich zu 2020. Außerdem plant er bis 2030 insgesamt 1 Mio. t Kunststoff zu sammeln, wiederzuverwenden oder zu recyceln.
BASF
Auch der Chemie-Riese BASF hat sich als Netto Null Jahr 2050 gesetzt. Bis 2030 will das Unternehmen seine weltweit emittierten Treibhausgase im Vergleich zu 2018 um 25 % senken. Außerdem will der Konzern fossile Energieträger gegen Strom aus erneuerbaren Quellen austauschen.
Merck-Zentrale
Ein anderer Chemie- und Pharmakonzern nimmt sich nur bis 2040 Zeit: Merck hat im November 2020 seine neue Nachhaltigkeitsstrategie vorgestellt. Das Unternehmen hat sich 2030 als Etappenziel gesetzt bis zu dem es seine Treibhausgas-Emissionen um 50 % reduzieren (Vergleich 2020) und 80 % seines Stroms aus erneuerbaren Quellen beziehen will. Um Emissionen einzusparen plant Merck, bis 2023 90 % seiner Healthcare Produkte mit dem Schiff, anstelle des Flugzeugs zu transportieren.
Lyondellbasell
Der Kunststoffhersteller Lyondellbasell gibt kein konkretes Jahr an, bis zu dem er klimaneutral handeln will. Jedoch plant das Unternehmen, bis 2030 2 Mio. t/a recycelte Polymere zu produzieren. Dafür will es sowohl das mechanische, als auch das molekulare Recycling vorantreiben. Weiterhin will der Konzern bis 2030 die CO2-Äquivalente pro Tonne Produkt im Vergleich zu 2015 um 15 % reduzieren.
Henkel
Der Konsumgüter-Hersteller Henkel will bis 2040 nicht nur klimaneutral, sondern klimapositiv sein. Also neben dem Ausgleich der eigenen Emissionen, zusätzlich einen Beitrag gegen den Klimawandel leisten. Dafür plant das Unternehmen, bis 2030 den CO2-Fußabdruck seiner Produktion um 75 % im Vergleich zu 2010 zu senken. Außerdem möchte der Konzern, für denselben Zeitraum seinen Energieverbrauch pro Tonne Produkt um 50 % senken und 100 % seines Stroms aus erneuerbaren Quellen beziehen.
Anlagenbau einer Düngemittel-Anlage
Und auch im Anlagenbau führt kein Weg an Klimaschutz vorbei: Thyssenkrupp will ab 2050 klimaneutral sein. Bereits 2030 möchte der Konzern rund 30 % bei den Emissionen aus eigener Produktion und bezogener Energie einsparen. Dabei orientiert sich Thyssenkrupp mit seiner im Sommer 2019 vorgestellten Klimastrategie am Pariser Klimaabkommen von 2015.
Linde
Der Gaskonzern Linde plant bis 2028 seine Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 2018, um 35% zu reduzieren. Außerdem will das Unternehmen 1 Mrd. US-Dollar in Dekarbonisierungsprojekte investieren und den Kauf von CO2-armen Energien verdoppeln.

Linde übernimmt Bau und Vermarktung

Um dies möglich zu machen, haben die drei Unternehmen eine gemeinsame Vereinbarung zur Entwicklung und Pilotierung von diesen neuen Steamcracker-Öfen unterzeichnet. Neben der Erfahrung und den Kenntnissen im Betreiben von Steamcrackern haben BASF und Sabic ihr Fachwissen und geistiges Eigentum auf dem Gebiet der Entwicklung chemischer Prozesse eingebracht, während Linde spezielle Expertise und geistiges Eigentum im Bereich der Entwicklung und dem Bau von Steamcracker-Öfen beigesteuert hat. Darüber hinaus soll Linde die industrieweite Vermarktung vorantreiben.

Unterschiede zwischen klassischem und elektrisch betriebenem Steamcracker
Die Unterschiede zwischen klassischem und elektrisch betriebenem Steamcracker bestehen nicht in den Temeperaturen, sondern im "Treibstoff".

Um dies möglich zu machen, haben die drei Unternehmen eine gemeinsame Vereinbarung zur Entwicklung und Pilotierung von diesen neuen Steamcracker-Öfen unterzeichnet. Neben der Erfahrung und den Kenntnissen im Betreiben von Steamcrackern haben BASF und Sabic ihr Fachwissen und geistiges Eigentum auf dem Gebiet der Entwicklung chemischer Prozesse eingebracht, während Linde spezielle Expertise und geistiges Eigentum im Bereich der Entwicklung und dem Bau von Steamcracker-Öfen beigesteuert hat. Darüber hinaus soll Linde die industrieweite Vermarktung vorantreiben.

Der Technologiesprung markiere einen Meilenstein auf dem Weg zu einer emissionsarmen Chemieindustrie, erklärte Dr. Martin Brudermüller. „Um eine zeitnahe Umsetzung in den Produktionsmaßstab vorantreiben zu können, sind eine Investitionsförderung und wettbewerbsfähige Preise für erneuerbare Energien wichtige Voraussetzungen", betonte der BASF-Chef jedoch.

„Mit diesem Projekt greifen wir Steamcracking-Öfen als eine der größten CO2-Emissionsquellen in der gesamten petrochemischen Wertschöpfungskette heraus. Diese Öfen verwenden eine bewährte und ausgereifte Technologie, die wir jetzt auf eine völlig neue Basis stellen; nicht im Labor, sondern im großen industriellen Maßstab", sagte Jürgen Nowicki, Executive Vice President von Linde und CEO der Anlagenbau-Sparte des Konzerns.