Die Schalen der Sonnenblumenkerne sind ein Abfallprodukt der Lebensmittelindustrie.

(Bild: Timo Lutz Fotografie)

Um den Einsatz von herkömmlichem Polypropylen (PP) zu reduzieren, werden mittlerweile die verschiedensten Naturprodukte in Compounds eingearbeitet, die inzwischen auch eine gute Marktposition haben. Neben dem bereits bekannten Wood Plastic Composite (WPC) tritt Golden Compound mit einem Sunflower Plastic Composite (SPC) auf. Der Name zeigt bereits, dass hier Sonnenblumen im Spiel sind. Während die Sonnenblumenkerne der Lebensmittelindustrie zugeführt werden, bleiben die Sonnenblumenkernschalen übrig und finden kaum anderweitige Einsatzmöglichkeiten, denn selbst für die thermische Verbrennung weisen sie eine zu negative Bilanz auf.

Die Schalen der Sonnenblumenkerne sind ein Abfallprodukt der Lebensmittelindustrie.
Die Schalen der Sonnenblumenkerne sind ein Abfallprodukt der Lebensmittelindustrie. (Bild: Timo Lutz Fotografie)

Mit diesem Alleinstellungsmerkmal hat Golden Compound einen Werkstoff erfunden, der verschiedene positive Eigenschaften hat. Im Vergleich zu den hölzernen Naturfaser-Werkstoffen stellt das Abfallprodukt Sonnenblumenkernschale ein geringeres Problem beim Land-use dar. Niemand würde ein Sonnenblumenfeld anbauen, nur um die Sonnenblumenkernschalen ernten zu können – diese macht etwa 15 – 20 % der Kerne aus. Im letzten Erntejahr 2021/2022 wurden laut Statista über 57,31 Mio. Tonnen Sonnenblumenkerne weltweit geerntet, davon sind allein etwa 10,05 Mio. Tonnen nur die Schalen.
Zunächst können viele Anteile herkömmlichen Kunststoffes durch den Füllstoff der Naturfaser ersetzt werden. Dies führt zur Ressourcenschonung und reduziert sogar den Preis. Mit der Sonnenblumenkernschale als Naturprodukt müssen bei der Verarbeitung geringere Temperaturen eingesetzt werden, da sie ansonsten verbrennen könnte – dadurch kann bis zu 20 % Energie eingespart werden.

Zwei Materiallinien

Golden Compound gibt den Schalen eine zweite Chance in Verbindung mit Biokunststoffen. Der Hersteller hat zwei verschiedene Materiallinien, die sich vor allem in ihrem Anwendungsbereich unterscheiden. GC green Materialien sind biologisch abbaubar. Die Sonnenblumenkernschale wird hier neben Bio-Polybutylensuccinat (Bio-PBS) eingesetzt und macht das Material damit heimkompostierbar, was der TÜV Austria belegt hat.

Das Material hat ein geringeres Gewicht, was für logistische Zwecke interessant sein kann.
Das Material hat ein geringeres Gewicht, was für logistische Zwecke interessant sein kann. (Bild: Timo Lutz Fotografie)

Die GC pro Materialien sind dagegen besonders langlebig und basieren auf Standard-Polyolefinen. Durch den geringeren Anteil herkömmlichen PP bringen diese Naturfaser-Werkstoffe eine sehr gute Ökobilanz hervor. Hier dient das Treibhauspotenzial als Kennzahl, indem das CO2-Äquivalent berechnet wird. Dieses Äquivalent zeigt, wie stark ein Kilogramm eines Materials im Vergleich zu reinem CO2 innerhalb der ersten 100 Jahre nach Freisetzung zum Treibhauseffekt beiträgt. Reines CO2 wird dabei mit dem Faktor 1 berechnet. Standard-PP hat das CO2-Äquivalent von 1,6. Mit GC pro sind aufgrund der Sonnenblumenkernschale sogar Äquivalente von 0,3 erreichbar. Das bedeutet dann, dass ein Kilogramm GC pro 0,3-mal so stark zum Treibhauseffekt beiträgt wie ein Kilogramm CO2. Mit dieser guten CO2-Bilanz kann Golden Compound Emissionszertifikate ausstellen. Auch hier hat Golden Compound eine Zertifizierung des TÜV Austria erhalten, denn einige Materialien haben mit dem Einsatz der Sonnenblumenkernschale die Auszeichnung „OK Biobased“ der Klasse 1 (20 – 40 % biobased carbon content) erhalten.

Das Material für die Box besteht zu 30 % aus Sonnenblumenkernschalen.
Das Material für die Box besteht zu 30 % aus Sonnenblumenkernschalen. (Bild: Timo Lutz Fotografie)

Aufschäumeffekt im Spritzguss

Mit der Sonnenblumenkernschale kommen aber auch neue und unerwartete Vorteile zum Vorschein, die gerade die Verarbeitung im Spritzguss betreffen. So eignet sie sich besonders gut bei dickwandigeren Produkten. Die Naturfaser bringt einen Aufschäumeffekt mit sich, sodass es zu keinen Einfallstellen im Produkt kommt. Gleichzeitig hat die Naturfaser aber auch ein geringeres Gewicht, was für logistische Zwecke interessant sein kann. In diesem Bereich wurden bislang Faltboxen und Paletten aus dem Material von Golden Compound hergestellt. Nach ihrem langjährigen Gebrauch können diese wieder eingemahlen und neu verarbeitet werden. Eins zu eins in das gleiche Produkt, denn das GC pro ist recyclingfähig.

Der Flaschenträger stammt aus einer Kooperation mit Haidlmair, sein Material besteht zu  27 % aus Sonnenblumenkernschalen.
Der Flaschenträger stammt aus einer Kooperation mit Haidlmair, sein Material besteht zu 27 % aus Sonnenblumenkernschalen. (Bild: Golden Compound)

Der Materialhersteller sucht immer wieder nach neuen Projektpartnern, um neue Produkte auf den Markt zu bringen. Daher war er im vergangenen Jahr in Zusammenarbeit mit der Firma Haidlmair auf den Arburg Technologietagen zugegen. Gemeinsam haben die Partner dort ein neues Design für einen Flaschenträger mit verschiedenen Oberflächenmustern vorgestellt.

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