3D-gedruckter Ring aus Siliciumcarbid mit innerer Mikrostruktur

3D-gedruckter Ring aus Siliciumcarbid mit innerer Mikrostruktur. Die Strömungskanäle helfen beim Temperaturausgleich und sind ein Beispiel für zusätzliche Funktionalitäten, die mit gedruckten Dichtungen aus dem Werkstoff möglich sind. (Bild: Schunk)

  • Der 3D-Druck von Siliciumcarbid-Keramiken eröffnet neue Gestaltungsmöglichkeiten für Dichtungen und die Darstellung von Ringgeometrien höherer Komplexität.
  • Ein einfacher Ringprototyp mit durchströmten Kanälen als inneren Strukturen wurde bereits hergestellt und der Effekt auf die Gleitflächengeometrie simuliert.
  • Die neuen Gestaltungsmöglichkeiten erlauben, keramische Dichtringe mit Zusatzfunktionen auszustatten, welche bedeutenden Mehrwert im Einsatz als Dichtungsring in axialen Dichtungen generieren können.

Siliciumcarbidwerkstoffe, gesintert aber auch reaktionsgebunden, dienen häufig in axialen Gleitringdichtungen als „Tribowerkstoff“. Die Eignung dieser Werkstofffamilie für den Einsatz in dynamischen Dichtungen ließ sich durch verbesserte physikalische Eigenschaften und Rezepturen optimieren. So wurden die Werkstoffgefüge auf die Anwendung abgestimmt, Korngrößen und Korngrößenverteilungen angepasst oder Additive wie zum Beispiel Grafitpartikel eingebracht. Auch wenn durch die Konstruktionen und den Einsatz von Siliciumcarbid-Keramiken die Leistungs-fähigkeit der Gleitringdichtungen enorm gesteigert werden konnte, so sind doch die Ausführungsformen durch keramiktypische Eigenschaften eingeschränkt. Der keramische Prozess und die aufwendige Bearbeitung lassen keine beliebigen Geometrien zu.

Jede Dichtungskonstruktion muss keramikgerecht ausgeführt werden, nicht nur um der hohen Sprödigkeit Rechnung zu tragen, sondern auch beispielsweise um die niedrigen Ausdehnungskoeffizienten zu beherrschen und ein Fügen mit Metallteilen der Dichtungen zu ermöglichen. Moderne 3D-gedruckte Siliciumcarbidwerkstoffe ermöglichen nun neue, komplexere Geometrien und Ausführungen.

Der 3D-Druck eines reaktionsgebundenen Siliciumcarbids nutzt ein Pulverbettverfahren.
Der 3D-Druck eines reaktionsgebundenen Siliciumcarbids nutzt ein Pulverbettverfahren. (Bild: Schunk)

Dichtungen in allen Formen

Bei der Konstruktion mit konventionell gefertigtem Siliciumcarbid sind nicht alle Geometrien möglich; sei es bedingt durch den keramischen Prozess im Allgemeinen und der Formgebung im Speziellen und/oder durch die aufwendige Schleifbearbeitung dieses ausgesprochen harten Werkstoffs. Der Herstellungsprozess des neuen 3D-gedruckten Siliciumcarbids von Intrinsic unterscheidet sich in erster Linie durch dessen Formgebungsprozess. Der 3D-Druck eines reaktionsgebundenen Siliciumcarbids nutzt ein Pulverbettverfahren. Nahezu alle denkbaren Formen und Größen sind möglich unter Anwendung dieses 3D-Druckverfahrens.

Jede Dichtungskonstruktion sollte möglichst einfach gestaltet sein. Dabei ist es oft eine Herausforderung, Metallteile und keramische Dichtungsringe zu fügen. Die unterschiedliche thermische Ausdehnung von Metall und Siliciumcarbidkeramik bedingt einen Fügeprozess mit der Gefahr, dass die Planheit der Dichtflächen leidet und die Funktion der Dichtung ggf. nicht mehr optimal gegeben ist. Im Falle von gefügten Teilen kann zudem der Wärmeübergang behindert sein.

Welche Vorteile sind von 3D-gedrucktem Siliciumcarbid zu erwarten? Ein Siliciumcarbid, welches in komplexen Geometrien hergestellt werden kann, sollte dem Dichtungskonstrukteur neue Freiheitsgrade eröffnen, einfachere Konstruktionen mit weniger Bauteilen ermöglichen, die dann  gar zusätzliche Funktionen übernehmen könnten.

Der Druckbereich, die sogenannte „Job Box“ mit unterschiedlichen Teilen, die sich simultan drucken lassen.
Der Druckbereich, die sogenannte „Job Box“ mit unterschiedlichen Teilen, die sich simultan drucken lassen. (Bild: Schunk)

Zukünftige Entwicklungen

Es soll in der Zukunft untersucht werden, inwieweit vollkeramische Ringe Metall-Keramik-Verbunde ersetzen und damit deren bekannten Probleme eliminieren können – keine Verwerfungen der Gleitflächen und ungehinderte Abführung von Reibwärme. Der 3D-Druckprozess kann SiC-Bauteile mit inneren Hohlstrukturen herstellen und mittels derer zusätzliche Funktionen übernehmen.

In Dichtungen erzeugte Reibwärme begrenzt deren Belastbarkeit; Kühlkanäle könnten helfen, die Reibwärme an ein Kühlmedium abzuführen. Die Dichtung könnte aber nicht nur gekühlt, sie könnte, je nach Auf-gabenstellung, temperiert werden. Ungünstige Temperaturverteilung kann zu Deformationen führen und die Spaltgeometrie negativ beeinflussen. Ist es möglich, die Temperaturverteilung durch Wärmeüberträger in entsprechend angeordneten Kanälen zu steuern, werden 3D-gedruckte Ringe zu Problemlösern. Erste Simulationen zeigen, dass dies mit solchen Strukturen möglich sein sollte.

Mit dem 3D-Druckverfahren sind zahlreiche, auch exotische Geometrien möglich.
Mit dem 3D-Druckverfahren sind zahlreiche, auch exotische Geometrien möglich. (Bild: Schunk)

Siliciumcarbide in Dichtungstests

SiC-Werkstoffe zeichnen sich durch hohe Härte und Verschleißbeständigkeit aus. Darüber hinaus sind vorteilhafte Eigenschaften in der Anwendung als Dichtungsring deren Steifigkeit, die ausgesprochen gute Wärmeleitfähigkeit und die überlegene Dimensionsstabilität. Da Siliciumcarbid keine Trockenlaufeigenschaften besitzt, ist jedoch die Lauffähigkeit unter Bedingungen der Mangelschmierung sehr begrenzt. Dabei verhalten sich Siliciumcarbidwerkstoffe, abhängig von deren Struktur, in ihren Notlaufeigenschaften sehr unterschiedlich.

Laufversuche in Gleitringdichtungen unter Druck und Temperatur erlauben es, die Eigenschaft der Lauffähigkeit unter schwierigen Bedingungen zu quantifizieren. Die Testbedingungen in dem Hochdruckprüfstand waren wie folgt: Als Medium wurde demineralisiertes Wasser verwendet, also eine Flüssigkeit mit schlechter Schmierfähigkeit. Die Gleitgeschwindigkeit betrug 9,3 m/s, Der Entlastungsfak-tor der verwendeten Dichtungen war 0,79. Die Temperatur konnte während des Versuchsablauf von Raumtemperatur bis auf 95 °C, der Mediumdruck von 5 auf 100 bar gesteigert werden.

Der beschriebene Versuchsaufbau und die Erhöhung von Druck und Temperatur über die Versuchsdauer machen es möglich, Zu-stände der Mangelschmierung zu generieren. Mit zunehmender Mangelschmierung kommt es, abhängig von der verwendeten Paarung, zu Festkörperreibung der nicht trockenlauffähigen SiC-Ringe und es werden Leistungsspitzen des Prüfstands beobachtet.

Erste vergleichende Versuche auf einem Hochdruckprüfstand in demineralisiertem Wasser unter Mangelschmierung zeigten, dass der neue Werkstoff selbst gute tribologische Eigenschaften aufweist, also als ein „Tribo“-Werkstoff eingesetzt werden kann. Als reaktionsgebundener Siliciumcarbidwerkstoff kann der 3D-gedruckte Werkstoff zudem mit bewährten ebenfalls reaktionsgebundenen „Tribo“-SiC-Werkstoffen verbunden werden. Komplexe Geometrien, 3D-gedruckt mit bewährter Tribo-Gleitfläche, sind eine weitere Option der neuen Technologie.

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