NOA OPAS

(Bild: Phoenix Contact)

  • Die Digitalisierung der Prozesstechnik bietet die Chance für effizientere Arbeiten sowie noch zusätzliche Funktionalitäten.
  • Die Migration in Richtung ethernet-basierter Kommunikation verspricht zudem mehr Offenheit und Übertragungsgeschwindigkeit.
  • Bereits heute gibt es einige Lösungen zur entsprechenden Anlagenmodernisierung.

Den privaten Konsumenten hat die Digitalisierung schon verschiedene Neuerungen und Innovationen gebracht. Ohne es zu merken, denken sie jetzt in Social-Media- und Online-Aktivitäten. Emails haben die frühere Kommunikation per Brief oder Fax ersetzt. Das Smartphone ist zum Minicomputer in der Hosentasche geworden. Events und Aktionen finden teilweise nur noch online statt. Dies gilt jedoch weniger für die Prozessautomation. Die im persönlichen Umfeld fast selbstverständliche Verwendung von Ethernet- und Cloudtechnologie erfolgt hier lediglich in begrenztem Umfang. In vorhandenen Anlagen können nicht alle Assets – beispielsweise die teure feste Feldverkabelung und -installation – ersetzt werden. Die digitale Transformation bedarf vielmehr eines systematischen Denkens sowie pragmatischen Vorgehens.

Die Namur Open Architecture (NOA) eröffnet die Möglichkeit, bestehende Anlagen mit zusätzlicher Sensorik und Überwachungselementen auszurüsten. Unter dem Begriff „Monitoring and Optimization“ (M&O) – also Anlagenüberwachung und -optimierung – lassen sich neue Lösungen zusammen mit oder ergänzend zu den Prozessschritten installieren. Der zusätzliche digitale Datenfluss erstreckt sich vom Feldgerät über gesicherte Ethernet-Netzwerke bis zum Steuerraum und dies zwingend, ohne den laufenden Anlagenbetrieb zu stören. Je nach Wunsch kommen neue Technologien wie Machine Learning (ML), künstliche Intelligenz (KI) und Cloud-Dienste zum Einsatz. Obwohl das NOA-Konzept zur digitalen Transformation vorhandener Anlagen entwickelt worden ist, lässt es sich ebenso in neuen Anlagen realisieren. Denn Offenheit bedeutet auch Vielfalt sowie die Nutzung von Best-in-Class-Systemen, die nicht immer von einem einzigen Hersteller bezogen werden müssen.  

Enge Zusammenarbeit von Verbänden und Unternehmen

Ein weiteres Beispiel für erfolgreiche Zusammenarbeit: Die Open Process Automation basiert auf dem Gedanken einer modularen IT-Welt mit prozessgerechten Systemen sowie der langjährigen Verfügbarkeit und Austauschbarkeit von kritischen Elementen – etwa gegen verbesserte Technologien –, um die Anlagenverfügbarkeit auch langfristig sicherzustellen und zu erhöhen. Inzwischen hat sich mit OPAF (Open Process Automation Foundation) ein international aktives Konsortium namhafter Anlagenbetreiber, Prozesstechnik-Hersteller, Normungsorganisationen und Softwareunternehmen gebildet, das partnerschaftlich mit der Interessengemeinschaft Namur interagiert. Hard- und Softwarelieferanten arbeiteten in ersten Pilotprojekten eng zusammen. In Kombination mit dem kollektiven Know-how der Branchenspezialisten hat dies zu einer intensivierten Weiterentwicklung eines offenen Standards geführt.

I/O-Module für die Namur-Sensorik, Hart-Kommunikation und Ventilsteuerungen

Die I/O-Produktfamilie Axioline F und die Steuerungen des offenen Ecosystems PLCnext Technology werden in den Pilotprojekten verwendet. Als modularer Baukasten mit hoher Datenrate wird Axioline F seit mehr als zehn Jahren international in unterschiedlichen Applikationen eingesetzt. Ursprünglich für die Fabrikautomation konzipiert, lässt sich die Baureihe ebenfalls zur Umsetzung des NOA-Seitenkanals respektive der Datendiode nutzen. Seit 2020 umfasst das Portfolio auch eigensichere I/O-Module für die Namur-Sensorik, Hart-Kommunikation – neben der Weiterleitung von 4…20-mA-Analogsignalen – sowie Ventilsteuerungen. Für bestehende 4…20-mA-Stromkreise, die zwar die Hart-Übertragung beherrschen, aber nicht mit Hart-fähigen I/O-Karten ausgestattet sind, stehen ferner „passive“ Hart-Eingangsmodule zur Verfügung.

Axio­line-P-System von Phoenix Contact
Platzsparende Eigensicherheit mit einer optisch sichtbaren Trennplatte, hier am Beispiel des Axio­line-P-Systems. (Bild: Phoenix Contact)

Einbindung von bis zu acht Profibus-­PA-Segmenten in eine Profinet-I/O-Station

Auf der Achema 2018 in Frankfurt stellte Phoenix Contact im ersten Schritt mit Axioline P ein hochverfügbares I/O-System für die prozesstechnische Automatisierung vor. Auf der Grundlage der Spezifikation „Profinet in Process“ bietet die Baureihe sowohl konventionelle I/O-Module ebenso wie Profibus-PA-Proxyfunktionalität. Mit Profinet als erstem Ethernet-Kommunikationsanschluss sind Hot-Swap sowie eine dynamische Umkonfiguration der Station möglich. Darüber hinaus lässt sich das Axioline-P-System zukünftig weiter ausbauen. Die Integration von bis zu acht Profibus-PA-Segmenten in eine Profinet-I/O-Station stellt eine Besonderheit dar. Bisher wurde Profibus PA über einen Profibus-DP-Koppler an die Steuerung angeschlossen. Die von der Profibus International  (PI) zertifizierte Proxylösung unterstützt eine Ethernet-Übertragungsrate von 10/100 MBit, was zu Anlagenverbesserungen beiträgt. Die Proxys beinhalten außerdem Redundanz für High-Power-Trunk-Versorgungselemente, die sich auf bis zu acht Profibus-PA-Segmenten erweitern lassen, sowie eine Schirmung für die Stammkabel. Ferner liefern sie 14 W Leistung pro Segment.  

Für jede Applikation umfasst das Portfolio von Phoenix Contact eine Auswahl an I/O-Modulen mit und ohne Eigensicherheit. Die vorhandene Verdrahtung an die Feldgeräte bleibt erhalten. Klassische I/O-Module, die auf Profinet migriert werden können, sparen zudem Platz im Steuerschrank ein. Somit findet eine Bündelung des Anschlusses an die Namur-Sensorik, von Hart-fähigen Ein- und Ausgangsmodulen sowie der Ventilsteuerung statt.

Axioline-P-Proxy von Phoenix Contact
Der Axioline-P-Proxy bietet Redundanz für High-Power-Trunk-Versorgungselemente. (Bild: Phoenix Contact)

Integration der eigensicheren Spannungsversorgung in die I/O-Module

Bei den neuen eigensicheren Axioline-F- und Axioline-P-Modulen der Baureihen XC Ex haben die Entwickler auf einer Baubreite von weniger als 55 mm die eigensichere Spannungsversorgung in die I/O-Module integriert. Auf diese Weise entfallen die bislang notwendigen eigensicheren Stromversorgungsmodule.

Wo lässt sich die Ex-Version nun einsetzen? Das Axioline-F-System stellt die Funktionalität bereit, die sich schon mehrfach in der Namur-Automatisierungspyramide als Seitenkanal bewährt hat. Darüber hinaus findet die Produktfamilie in Applikationen Anwendung, welche die Steuerungen der PLCnext Technology verwenden.    
Axioline P eröffnet hingegen Optionen in klassischen Applikationen mit Remote-I/Os – und das auf der Grundlage einer Profinet-Verbindung. Die Module werden in Zone-2-Installationen genutzt, um Feldgeräte anzukoppeln, die in Zone 2 oder 1 montiert sind. Die Plattform unterstützt die Profinet-S2-Redundanz. Sobald die Spezifikation und die Teststandards veröffentlicht werden, folgt die Profinet-R1- und -R2-Redundanzstruktur.

Der optische Unterschied zwischen den beiden I/O-Familien besteht darin, dass die F-Module einen schwarzen Spannungsversorgungsstecker haben. Die P-Module sind hot-swap-fähig und erhalten ihre Leistung über die in die Hutschiene integrierten Bussockel. Beide Baureihen verfügen über Trennplatten, welche die eigensicheren I/Os optisch von den Standard-I/Os separieren. 2024 wird eine Modbus-TCP-Variante der Axioline-P-Familie in den Markt eingeführt, die neue Möglichkeiten in offenen Prozessapplikationen eröffnet – inklusive der Modbus-TCP-Redundanz. Erste Pilotprojekte laufen bereits.  

Weitere Nutzung der vorhandenen Verkabelung

In bestehenden Anlagen bietet sich der Austausch älterer Prozesssteuerungen gegen moderne Varianten nur dann an, wenn die existierende Verkabelung weiter eingesetzt werden kann. Zur Migration erlaubt die Axioline-P-Plattform unter bestimmten Bedingungen den Anschluss von bis zu acht vorhandenen klassischen Profibus-PA-Segmenten mit sogenannten High-Power-Trunks sowie universellen I/O-Verbindungen bis ins Feld. Die heutigen I/O-Lösungen haben auch größenmäßige und ökonomische Vorteile im Vergleich zu I/O-Bauformen, die noch vor der Jahrtausendwende verbaut worden sind. Die eigensicheren I/O-Module beinhalten eine eigensichere isolierte Stromversorgung und den I/O-Stromkreis, was mehr Flexibilität gegenüber früheren Modellen gibt. Der Versorgungsanschluss befindet sich bei Axioline F oben auf dem Modul und bei Axioline P unten. Alle I/O-Anschlüsse sind steckbar ausgeführt.  

Vor einigen Jahren wurden auf dem Namur-Kongress erste NOA- und OPA-Pilotlösungen vorgestellt. Die ersten Großprojekte stehen demnächst an. Große Bedeutung wird ebenfalls der APL-Technologie vorausgesagt. Die digitale Prozessanlage rückt mit all ihren Vorteilen also immer näher.

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