Double exposure of Engineer with oil refinery industry plant background,  industrial instruments in the factory and physical system icons concept, Industry 4.0 concept image

Um einen Prozess zu verbessern, braucht es die richtigen Daten. (Bild: ©krunja - stock.adobe.com)

  • Meist gibt es verschiedene Prozessanalysetechniken, um dasselbe Problem zu lösen.
  • Die Wahl der Prozessanalysetechnik und zugehörigen Software bedingt, ob alle kritischen Qualitätsmerkmale kontrolliert werden können.
  • Da 80 % der PAT-Komplikationen auf Probleme bei der Probennahme zurückzuführen sind, sollte ein robustes Probenvorbereitungssystem genutzt werden.

Mit der Umsetzung von Industrie-4.0-Konzepten entstehen Smart Factories, die sich auf Daten stützen, um effizienter und anpassungsfähiger zu werden. Wertvolle Daten für eine tatsächliche Prozessverbesserung zu gewinnen, kann jedoch eine Herausforderung sein. Die Prozessanalysentechnik (PAT) kann helfen, qualitativ hochwertige Daten bereitzustellen, um wichtige Geschäftsentscheidungen zu unterstützen.

Industrie 4.0 ist die Bewegung hin zur Automatisierung und Datenerfassung in der Fertigung. Dafür werden Konzepte wie Konnektivität, Automatisierung, Systemintegration und Big Data genutzt. Indem Hersteller Industrie-4.0-Lösungen implementieren, können sie ihre Effizienz, Produktivität und Rentabilität steigern, gleichzeitig wettbewerbsfähig bleiben und das Anwendererlebnis verbessern. Eine Studie von McKinsey & Company zeigt, dass durch die erfolgreiche Einführung von Industrie-4.0-Lösungen, die Arbeitsproduktivität um 15 bis 30 % ansteigen und sich der Durchsatz um 10 bis 30 % erhöhen kann.

Prozessanalytik 4.0 bezeichnet die Implementierung der Prozessanalytik im Kontext von Industrie 4.0. Dhanuka P. Wasalathanthri prägte den Begriff erstmals in der Zeitschrift Biotechnology Progress. In dem Artikel definierte Wasalathanthri Prozessanalytik 4.0 als „Nutzung von Prozessanalysetechnik (PAT), Testautomatisierung, Datenmanagement, Visualisierung, Augmented Reality (AR) und IoT“.

Spektroskopische Verfahren wie Nahinfrarot-Spektroskopie benötigen keine Probenvorbereitung.
Spektroskopische Verfahren wie Nahinfrarot-Spektroskopie benötigen keine Probenvorbereitung. (Bild: Metrohm)
Prozess-pH-Sensoren zählen zu den wartungsarmen Sensoren.
Prozess-pH-Sensoren zählen zu den wartungsarmen Sensoren.Bild: Metrohm (Bild: Metrohm)

Die Wahl der richtigen PAT

Wenn Anwender eine Prozessanalysentechnik bewerten wollen, ist entscheidend, dass die gewählte Lösung für den jeweiligen Zweck geeignet ist. Meist gibt es verschiedene Lösungen, um dasselbe Problem zu lösen. Zu verstehen, welche Technologie am besten geeignet ist, entscheidet darüber, ob alle kritischen Qualitätsmerkmale (CQA) korrekt überwacht und kontrolliert werden können.

Verglichen mit den anderen in diesem Text genannten PAT-Lösungen, sind pH-Sensoren am einfachsten einzusetzen und zu warten. Prozess-pH-Sensoren benötigen in der Regel wenig Platz und liefern genauere Ergebnisse als pH-Messungen im Labor, da die Messungen bei Prozessbedingungen erfolgen. Zudem sind Prozess-pH-Sensoren wartungsarme Sensoren, ihre Kalibrierung ist die primäre Wartungsmaßnahme. Die Sensoren können an fast jeder Stelle im Produktionsprozess installiert werden – bis hin zu explosionsgeschützten Zonen – allerdings sind sie, wie ihr Name verrät, auf die Messung des pH-Wertes beschränkt.

Nasschemische Analysatoren messen die kritischen Parameter über Titration, Standardaddition, Photometrie (Kolorimetrie) und Ionenchromatographie. Elektrochemische Analysatoren fallen auch in diese Kategorie. Die automatische Messung mehrerer Analyten ermöglicht es Anwendern, verschiedene CQA gleichzeitig mit demselben Analysator zu überwachen. Der Vorteil von nasschemischen Analysatoren ist, dass Anwender im Prozess dieselben Methoden wie im Labor verwenden können. Dadurch lassen sich die Ergebnisse direkt vergleichen und mit den historischen Daten abgleichen.

Spektroskopische Verfahren wie Nahinfrarot- (NIR) und Raman-Spektroskopie liefern dem Anwender schnelle und genaue Informationen über feste, gasförmige oder flüssige Proben ohne Probenvorbereitung oder Einsatz von Reagenzien. Mit Multiplexing-Optionen können diese Analysatoren an mehreren Prozesspunkten messen und sogar verschiedene CQA an jedem Probenpunkt.

Chemometrische Modelle können auf Labor- oder Prozesssystemen entwickelt und dann auf das betreffende Analysengerät übertragen werden. Interne Standards und automatische Diagnosefunktionen überwachen die Leistung des Geräts kontinuierlich, um sicherzustellen, dass Daten ununterbrochen gesammelt werden können.
Die finale Überlegung bei der Wahl der richtigen PAT-Lösung sind die Anforderungen an die Software, die den Analysator steuert. Die Software muss Datenverarbeitung und -integrität sowie Rückverfolgbarkeit ermöglichen und zugleich benutzerfreundlich sein. PAT-Software muss in der Lage sein, mit dem übergeordneten Steuerungs- und/oder Datenerfassungssystem (DCS, SCADA) zu kommunizieren. Dadurch kann der Prozessanalysator direkt mit der Leitwarte kommunizieren und so einen sicheren Prozess aufrechterhalten.

Impact steht für Intelligent Metrohm Process Analytics Control Technology.
Impact steht für Intelligent Metrohm Process Analytics Control Technology. (Bild: Metrohm)

Die richtige Probenvorbereitung

Eine der häufigsten Herausforderungen, wenn Anwender PAT-Lösungen implementieren möchten, insbesondere in der nasschemischen Analytik, ist die verlässliche und repräsentative Probennahme. Schätzungen zufolge, sind 80 % der PAT-Komplikationen auf Probleme bei der Probennahme zurückzuführen. Eine der Lösungen dafür ist, ein robustes Probenvorbereitungssystem zu verwenden.

Der Zweck jedes Probenvorbereitungssystems ist es, eine sichere und effiziente Probenhandhabung zu ermöglichen, die Analysatoren vor Schäden zu schützen, die Betriebszeit zu erhöhen und eine nahtlose Integration in den Prozess sicherzustellen. Probenvorbereitungssysteme müssen dabei Herausforderungen wie Druck, Feststoffe und Temperatur berücksichtigen.

In den meisten Fällen können Probenpanels mehrere Messstellen gleichzeitig verwalten. Im Fall von einzelnen Messstellen können einfache Probenvorbereitungssysteme eine geeignete und kostengünstige Alternative zu kundenspezifischen Probenpanels sein. Zu diesen Systemen gehören Blow-back-Filter, Überlaufgefäße oder einfache Inline-Filtrationstechniken.

Die PAT-Software kann in Verbindung mit Probenpanels verwendet werden, um Ventile, Pumpen oder Drittgeräte außerhalb des Prozessanalysators zu betreiben. Die Software kann auch Daten von Messgeräten für Durchfluss, Druck oder Temperatur sammeln, um weitere Steuerungs- oder Diagnoseentscheidungen über den Prozess zu treffen. Mittels des Analysators ist eine intelligente Steuerung möglich, wann und wie häufig Proben genommen werden sollen. Zudem kann die Software die Anwender auf Probleme hinweisen, die vorgelagert im Prozess auftreten. Dadurch ist eine vollständige End-to-End-PAT-Lösung verfügbar.

Wertvolle und zuverlässige Daten beschaffen

Sobald der Anwender die geeignete PAT-Lösung inklusive Probenvorbereitung ausgewählt hat, geht es darum, wertvolle und zuverlässige Daten zu sammeln, um alle CQA zu verbessern und aufrechtzuerhalten. Ein Beispiel für die Anwendung von Prozessanalytik 4.0 ist die Überwachung des Feuchtigkeitsgehalts in einem Fertigungsprozess mittels NIR-Spektroskopie. In der Regel wird der Feuchtigkeitsgehalt einer Komponente mittels Karl-­Fischer-Titration (KFT) im Labor gemessen. Diese Methode kann ausreichende Daten liefern, um die Produktspezifikationen zu überwachen. Die Resultate können jedoch durch die Umgebungsfeuchte oder durch menschliche Fehler beeinträchtigt werden. Erfahrene Chemiker müssen die Messung daher mehrmals täglich durchführen, damit der Produktionsprozess reibungslos ablaufen kann. Mit einem Inline-NIR-Spektrometer hingegen kann der Feuchtigkeitsgehalt innerhalb einer Minute bestimmt werden. Zudem reduziert sich dadurch die manuelle Probennahme.

Die NIR-Spektroskopie erfordert, ein robustes Vorhersagemodell zu entwickeln. Hierfür werden Labordaten, die den Analysenbereich abdecken, mittels KFT gesammelt und jedes Ergebnis wird mit einem NIR-Spektrum derselben Probe korreliert. Nachdem ein Vorhersagemodell entwickelt wurde, kann die Feuchtigkeit inline gemessen werden. Die Vorteile der Methode sind, dass die Abfallkosten deutlich reduziert werden und der Prozess rund um die Uhr in Echtzeit überwacht werden kann – gegenüber punktuellen Messungen mit Karl-­Fischer-Titration.

Die Software wertet die Daten im Routinebetrieb sofort aus. Dies ermöglicht, die Ergebnisse schnell zu erfassen und Warnungen zu erhalten, wenn die Daten von den Spezifikationen abweichen. Hersteller können auf diese Weise proaktiv Entscheidungen zum Prozess treffen und die Qualität des Endprodukts verbessern.

Eine Prozessanalytik-4.0-Lösung zu implementieren, kann manchmal wie eine unlösbare Aufgabe erscheinen. Aber wenn die richtige PAT-Lösung und Software gewählt und eine geeignete Strategie für das Probenmanagement genutzt wird, ist der Erfolg einfach zu erreichen. Mit einer solchen Lösung ermöglichen Produktionsanlagen, autonome Entscheidungsprozesse, Prozesse in Echtzeit zu überwachen und die Produktqualität zu sichern. Kurzum: eine Smart Factory mit Prozessanalytik 4.0 zu etablieren.

Sie möchten gerne weiterlesen?

Unternehmen

Metrohm AG

Ionenstrasse
9100 Herisau
Switzerland