Mit FTIR-Spektroskopie ausgestattete Fernsensoren

(Bild: Grandperspective)

  • Vorschriften zu Methanemissionen werden weltweit immer strenger und umfassender.
  • Herkömmliche Detektionsmethoden wie OGI-Kameras oder Satellitentechnik werden voraussichtlich nicht mehr ausreichen, um die steigenden Anforderungen zu erfüllen.
  • Die FTIR-Spektroskopie-Technologie bietet die Möglichkeit zur 24/7-Überwachung aus großer Entfernung bei gleichzeitig hoher Genauigkeit.

Methan hat über einen Zeitraum von zwanzig Jahren ein 86-mal höheres Treibhauspotenzial als Kohlendioxid und ist für rund ein Drittel der derzeitigen Klimaerwärmung verantwortlich. Das geht aus einem im Dezember 2021 von der Kommission veröffentlichten Regelungsvorschlag hervor.

„Künftige Vorschriften zu Methanemissionen in der EU und den USA werden wahrscheinlich viel strenger und umfassender sein als heute“, glaubt Dr. Jasmin Cooper, Research Associate des Sustainable Gas Institute (SGI) am Imperial College London. Es steht jedoch zu befürchten, dass herkömmliche Sensoren nicht in der Lage sein werden, die erforderlichen Daten zu liefern, um die bevorstehenden verschärften Vorschriften zu erfüllen. Diese werden voraussichtlich in zwei Jahren in Kraft treten.

Mit FTIR-Spektroskopie ausgestattete Fernsensoren
Mit FTIR-Spektroskopie ausgestattete Fernsensoren ermöglichen die präzise Messung von Gasen über eine große Entfernung. (Bild: Grandperspective)

Anforderungen übersteigen herkömmliche Methoden

Als Reaktion ergreifen führende petrochemische Anlagenbetreiber bereits jetzt entscheidende Schritte zur Begrenzung der Methanemissionen. „Das ist jedoch leichter gesagt als getan“, weiß Dr. Therese Keck, Chief Data Scientist bei Grandperspective. „Die spektrale Signatur von Methan liegt in einem viel höheren Frequenzbereich als bei Gasen wie Ammoniak und Ethylen. Um eine genaue Messung zu gewährleisten, müssen die Detektionssysteme auch Wasser, Feuchtigkeit und Temperatur berücksichtigen, was die Fähigkeiten der meisten herkömmlichen Sensortechnik übersteigt.“

Viele Betreiber suchen daher nach neuen wirkungsvollen Technologien – so auch Fibrant, der weltweit größte Hersteller von Caprolactam und Ammoniumsulfat. Vor zwei Jahren begann das Unternehmen an seinem Sitz im Chemelot-Industriepark im Süden der Niederlande in enger Zusammenarbeit mit zwei anderen Anwendern vor Ort mit der Erprobung eines innovativen Gasdetektionssystems.


Ein Sensor reicht für verlässliche Daten

Das Scanfeld-System, das auf der Fourier-Transformations-Infrarotspektroskopie (FTIR) basiert und von Grandperspective, einem jungen Berliner Unternehmen, entwickelt wurde, ermöglicht es Fibrant, nicht nur Methan, sondern alle Gasemissionen genau zu erkennen, zu identifizieren und zu messen. Obwohl auf dem 800 ha großen Chemelot-Gelände insgesamt fünf Sensoren installiert wurden, reicht schon ein Sensor, um verlässliche Daten zu liefern.

Peter Schmitz, der bei Fibrant als HSEQ-Manager tätig ist erklärt: „Es ist absolut entscheidend, dass wir in der Lage sind, die Emissionen in jeder Phase des petrochemischen Prozesses zu überwachen. Um die zukünftigen Vorschriften zu erfüllen, müssen wir jedoch in der Lage sein, Emissions-Hotspots forensisch zu quantifizieren und zu lokalisieren. Wir könnten herkömmliche Optical-Gas-Imaging-Kameras (OGI) installieren, die uns Echtzeitsichtbarkeit bieten. Doch so hochtechnologisch diese Kameras auch sind, sie können nicht zuverlässig zwischen Methan und Wasserdampf unterscheiden. Sie eignen sich also nicht für eine 24/7-Überwachung. Mit FTIR-Spektroskopie ausgestattete Fernsensoren hingegen können nicht nur zwischen Methan und anderen Chemikalien unterscheiden, sondern auch hochpräzise Messungen über eine große Entfernung liefern.“ Im Gegensatz zu Satelliten, die zum Aufspüren von Super­emittern eingesetzt werden, aber nur eine Messung pro Tag liefern, ermöglicht die FTIR-Spektroskopie eine kontinuierliche Vor-Ort-Überwachung.

Kontrollierte Freisetzung als Test

Diese Ansicht wird von anderen Unternehmen geteilt: Im Rahmen eines gemeinsamen Versuchs bat ein großer europäischer Erdgasversorger Grandperspective um Hilfe, um Systeme zur kontinuierlichen Überwachung von Methanemissionen in einer seiner Anlagen zu testen. Der Betreiber ließ über einen Zeitraum von vier Wochen an verschiedenen Stellen einen 24/7-Fernsensor installieren, der alle 20 Minuten Spektraldaten liefert.

Dr. Keck, die das Projekt leitete, erklärt: „Um unsere Messfähigkeiten zu testen, führte der Kunde ein Experiment zur kontrollierten Methanfreisetzung durch. Um eine robuste und strenge Testumgebung zu gewährleisten, wurde der genaue Ort der Freisetzung nicht bekannt gegeben. Unsere Aufgabe war es, die Methanfreisetzung zu erkennen und zu identifizieren. Der Kunde führte parallel zu uns eigene Tests durch. Als wir anschließend unsere Ergebnisse verglichen, sagte der Kunde uns, dass die Freisetzung des Methans um 10:15 Uhr begann. Das stimmte allerdings nicht, denn wir konnten das Gas bereits 15 Minuten vorher nachweisen. Dies zeigt anschaulich die Genauigkeit unserer Technologie gegenüber herkömmlichen Systemen.“

FTIR-Spektroskopie: mehr Genauigkeit und Sichtbarkeit

Wie aber bietet die FTIR-Spektroskopie-Technologie mehr Genauigkeit und Sichtbarkeit als herkömmliche Systeme? René Braun, der den größten Teil seines Arbeitslebens der Entwicklung neuer Fernerkundungstechnologien gewidmet hat, erklärt: „Stellen Sie sich vor, Sie kombinieren eine superstarke Überwachungskamera, die einen Kilometer weit sehen kann, mit der analytischen Leistung eines Laborspektrometers.  Das Spektrometer analysiert die Infrarotstrahlung, und so wie die Technologie zur Erkennung von Fingerabdrücken eine Person identifiziert, kann das Scanfeld-System die genaue Art und Menge von Chemikalien in der Luft aufdecken, egal ob es sich um Methan oder ein anderes Gas handelt.“

Das System, das über 400 verschiedene Gase aufspüren und identifizieren kann, ist auch in der Lage, die chemische Zusammensetzung einer Gaswolke zu messen und deren Größe und Verteilung zu ermitteln. „Dies“, so Dr. Keck, „ist ein ziemlicher Durchbruch, da unsere Software und unser Datenanalyseteam nun in der Lage sind, das Bild der Wolke mittels 5D-Bildgebung zu erfassen. Das bedeutet, dass wir den Ort eines potenziellen Lecks so genau lokalisieren können, dass wir genau wissen, wer gefährdet ist und wer nicht.“

 

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