Großes Potenzial für Rezyklate in Kunststoffverpackungen
Auf fast eine Million Tonnen pro Jahr lässt sich der Einsatz von Kunststoffrezyklat in Kunststoffverpackungen steigern - zeigt eine neue Studie der Industrievereinigung Kunststoffverpackungen.
Die Verpackungsbranche kann noch viel mehr Kunststoff-Rezyklat einsetzen - sagt eine neue Studie.(Bild: 831days AdobeStock_)
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Das Potenzial für den Einsatz von recycelten Kunststoffen in Verpackungen ist enorm.(Bild: IK)
Die IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen e. V. hat das Potenzial für den Einsatz von Recyclingmaterial in Kunststoffverpackungen ermitteln lassen. Das Ergebnis der GVM Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung: Der Einsatz von recyceltem Kunststoff in Verpackungen könnte auf von 475.000 auf circa 960.000 t pro Jahr gesteigert werden, was ca. 22 % der Produktionsmenge entspricht. Der Einsatz von einer Mio. t Kunststoffrezyklat bis 2025 ist bereits erklärtes Ziel der Industrie.
„Die Hersteller von Kunststoffverpackungen in Deutschland setzen auf Innovationen und Investitionen in der gesamten Wertschöpfungskette, um mehr Rezyklat in ihren Produkten einzusetzen“, erklärt IK-Geschäftsführerin Dr. Isabell Schmidt die Kreislauf-Strategie der Industrie. Die Aufholjagd hat bereits begonnen: Zwischen 2017 und 2019 ist die Nachfrage nach Rezyklaten um über 18 % gestiegen, während zugleich der Verbrauch an Kunststoffneuware rückgängig war. „Diese Entkopplung zeigt das enorme Interesse der Verpackungsbranche am Einsatz von Rezyklaten“, so Schmidt.
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Doch Rezyklat um jeden Preis ist weder sinnvoll noch möglich. Viele Verpackungen stellen höchste Ansprüche an die Qualität der Rohstoffe, allen voran Lebensmittelverpackungen, die 44 % des Markts ausmachen. Im Augenblick sind die Mengen von geeigneten Rezyklaten am Markt jedoch limitiert. Der Grund dafür ist, dass das Kunststoffrecycling in der Vergangenheit von der Erfüllung der gesetzlichen Recyclingquoten getrieben war, nicht vom Rohstoffbedarf der Verpackungsindustrie. Deshalb haben in den letzten Jahrzehnten kaum Investitionen in die Produktion hochreiner Qualitäten für den Lebensmittelkontakt stattgefunden. Gegenwärtig kommt ein Großteil der Rezyklate in anderen Branchen zum Einsatz, etwa in der Herstellung von Bauprodukten. Immerhin: Auch hier ersetzen die Rezyklate den Verbrauch von Kunststoffneuware und sparen CO2-Emissionen ein.
Doch die Rahmenbedingungen ändern sich derzeit. „Spätestens bis 2045, dem Jahr in dem Deutschland klimaneutral sein will, müssen Kunststoffe komplett aus Rezyklaten und anderen erneuerbaren Rohstoffen hergestellt werden“, erläutert Schmidt die Zukunftsvision der Branche. Der Wandel weg vom fossilen Rohstoff ist radikal. Er erfordert von der Industrie Investitionen in mehrstelliger Milliardenhöhe in das Design-for-Recycling und den Ausbau hochwertiger Sortiert- und Recyclingverfahren.
Eine weitere Herausforderung besteht in der getrennten Sammlung: Derzeit landet ein großer Teil der Kunststoffabfälle noch im Restmüll oder in restmüllähnlichen Gewerbeabfällen, wo er stark vermischt und verschmutzt wird. Ihn hier wieder herauszuholen ist unwirtschaftlich. „Recycling funktioniert dort aber am besten, wo Kunststoffabfälle getrennt gesammelt werden – das sehen wir am besten bei der Pfandsammlung von PET-Getränkeflaschen. Hier werden Rezyklate produziert, die sogar den strengen gesetzlichen Anforderungen im Lebensmittelkontakt gerecht werden. Um den zukünftigen Rohstoffbedarf der Kunststoff verarbeitenden Industrie zu decken, muss die Politik darauf hinwirken, dass die getrennte Sammlung in ganz Europa deutlich verbessert und die Deponierung von Kunststoffabfällen gänzlich verboten wird“, fordert Schmidt.
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Bilderstrecke: Die Alternativen zum mechanischen Kunststoff-Recycling
BASF: Chemcycling - BASF will im Chemcycling-Projekt mit Partnern entlang der Wertschöpfungskette hochwertige Produkte aus chemisch recycelten Kunststoffabfällen herstellen. Der thermomechanische Pyrolyse-Prozess wandelt Kunststoffabfälle in Pyrolyseöl um, welches fossile Rohstoffe in der Produktion ersetzt.(Bild: BASF)
Fraunhofer Umsicht: iCycle-Plattform - Forscher des Fraunhofer Umsicht haben für ihre Pyrolyse-Anlage im Pilotmaßstab hocheffiziente Wärmeübertrager-Technologien entwickelt, um verunreinigte, schadstoffbelastete und schwer recyclierbare Materialien aufzubereiten.(Bild: Fraunhofer Umsicht)
Dyneon: Upcycling-Prozess - Die 3M Tochter Dyneon bezeichnet die Pyrolyse von Fluorpolymeren als Upcycling-Prozess und gewinnt jährlich aus bis zu 500 t Fluorpolymerabfällen neuen Kunststoff.(Bild: 3M/Dyneon)
OMV: OMV Reoil - In der Pilotanlage des Projekts Reoil recycelt OMV in Swechat, Österreich, Kunststoffabfälle zu synthetischem Rohöl, indem das Plastik verdampft und durch chemische Prozesse wieder zu kleineren Ketten zusammengeführt wird. Die Verarbeitungskapazität der Pilotanlage liegt bei 100 kg/h.(Bild: OMV)
Fraunhofer IVV: Creasolv-Prozess - Im Creasolv-Prozess des Fraunhofer IVV bestimmt die Wahl des geeigneten Lösemittels, welches Polymer aus geschreddertem Kunststoffabfall gelöst und verwertet wird. Aus der gereinigten Lösung wird der Kunststoff ausgefällt und zu Granulat verarbeitet, das in der Qualität Neuware entspricht.(Bild: Fraunhofer IVV)
Verbundprojekt: Resolve-Verfahren - Das Resolve-Verfahren zum chemischen Recycling von Polystyrol (PS) entwickeln Ineos Styrolution, Neue Materialien Bayreuth, das Institut für Aufbereitung und Recycling und das Institut für Kunststoffverarbeitung an der RWTH Aachen in einem vom BMBF geförderten Projekt. Verpackungsabfälle aus dem Gelben Sack dienen als Ausgangsware für sortenreine Polystyrol-Flakes, die thermisch in Monomere, Oligomere und flüchtige Spaltprodukte zerlegt werden. Aus den Monomeren entsteht neues PS.(Bild: IKV)
APK: Newcycling - APK hat die lösemittelbasierte Newcycling-Technologie entwickelt, um aus zerkleinerten, gemischten Kunststoffabfällen und Mehrschichtverpackungen sortenreine Kunststoffe herauszulösen. Die Polymerketten werden sortenrein gelöst und nach Wiedergewinnung des Lösemittels granuliert. Die Eigenschaften der gewonnenen Kunststoffe sind ähnlich Neuware. Eine aus der vorindustriellen Pilotanlage hochskalierte Industrieanlage kann circa 8.000 t/a Newcycling-Rezyklat herstellen.(Bild: APK)
Carboliq: Catalytische Tribochemische Conversion - Die von Carboliq entwickelte Catalytische Tribochemische Conversion (CTC) kombiniert thermische, katalytische und mechanochemische Mechanismen. Ein Standardmodul kann mit durch Reibung erzeugter Prozessenergie bis 400 l/h gemischte Kunststoffabfälle bei milden Bedingungen umwandeln.(Bild: Recenso)
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