Neuer World Energy Outlook 2020

IEA: Corona-Krise beschleunigt Ende der Kohle-Verstromung

Die Corona-Krise hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Energienutzung. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle World Energy Outlook, den die Internationale Energieagentur IEA heute vorstellt.

Energy efficiency as car speedometer. 3d illustration
3d rendering energy efficiency as car speedometer close up

Wie die IEA im World Energy Outlook 2020 analysiert, wird die Energienachfrage in diesem Jahr aufgrund der Corona-Pandemie um 5% sinken. Weil erneuerbare Energien gegenüber fossilen Energieträgern Vorrang haben, werden die energiebedingten CO2-Emissionen um 7 % sinken. Die Pandemie wirkt sich der Studie zufolge auch massiv auf das Investitionsgeschehen im Energiesektor aus – diese werden in 2020 um 18 % sinken. Es wird erwartet, dass der Ölverbrauch bis 2020 um 8% und der Kohleverbrauch um 7% zurückgeht.

Corona-Pandemie wird Energienachfrage zwei Jahre lang verzögern

Wind- und Solarstrom werden in den kommenden Jahren den größten Anteil am wachsenden Energiebedarf decken. Bild: Fotolia
Wind- und Solarstrom werden in den kommenden Jahren den größten Anteil am wachsenden Energiebedarf decken. Bild: Fotolia

Auch in diesem Jahr hat die IEA wieder verschiedene Szenarien analysiert. So basiert das Stated Policies Scenario (STEPS) auf den heutigen politischen Rahmenbedingungen und der Annahme, dass die Pandemie 2021 unter Kontrolle gebracht wird. In diesem Szenario kehrt auch das globale BIP im Jahr 2021 auf das Vorkrisenniveau und die globale Energienachfrage Anfang 2023 zurück, wobei die Ergebnisse jedoch je nach Energieträger stark variieren. In den kommenden zwei Jahrzehnten, so die IEA, werden erneuerbare Energien 90% des starken Wachstums der weltweiten Stromnachfrage decken – angeführt von einem anhaltend hohen Einsatz der Photovoltaik.

Der Studie zufolge wird der weltweite Kohleverbrauch nie wieder das frühere Niveau erreichen. Bis 2040 sinkt der Anteil der Kohle an der globalen Energienachfrage laut IEA zum ersten Mal in der modernen Energiegeschichte unter 20%. Im STEPS-Szenario der IEA wird der Einsatz von Kohle als Energieträger bis 2030 um durchschnittlich 8% niedriger sein, als vor der Krise. Grund dafür ist eine Kombination aus vermehrtem Einsatz erneuerbarer Energien, billigem Erdgas und einer Politik des Ausstiegs aus der Kohleförderung.

Treibhausgas-Emissionen verlangsamen sich deutlich

Die globalen CO2-Emissionen werden das Niveau von 2019 erst 2027 wieder übersteigen, auch wenn die Nachfrage Anfang 2023 wieder auf das Niveau von vor der Covid-Pandemie zurückgeht. Dies spiegelt Veränderungen im Energiemix wider, in dem sich erneuerbare Energien als widerstandsfähig erweisen und in der Erholung nach der Pandemie florieren, während die Kohlenachfrage 2020 stark zurückgeht, nur leicht wieder ansteigt und dann stetig abnimmt. In den STEPS steigen die CO2-Emissionen bis 2030 auf 36 Gt, was unter dem entsprechenden Szenario des WEO-2019 liegt.

Ein Schlüssel für die langfristige Entwicklung werden jedoch die Nachhaltigkeitsbemühungen der Politik sein. So geht die IEA davon aus, dass die CO2-Emissionen bis 2030 auf unter 27 Gigatonnen sinken könnten, wenn das „Szenario der Nachhaltigen Entwicklung“, SDS, umgesetzt wird.

Die von den Regierungen im Rahmen des Szenarios der nachhaltigen Entwicklung (SDS) ergriffenen Maßnahmen bringen die Energiesysteme jedoch auf einen anderen Pfad, auf dem die CO2-Emissionen bis 2030 auf unter 27 Gt sinken – 9 Gt weniger, als im Stated Policies Scenario. Dafür müssten die Industrieemissionen in den kommenden 10 Jahren allerdings um 40 % sinken.

(as)

Studie: So könnte die Chemieindustrie 2040 aussehen

Zukünftig soll sich in Prozessanlagen alles mit allem vernetzen.
Klimavorreiter oder weltweite Nebenrolle? Die folgenden vier Szenarien sind sehr unterschiedlich.
Grüne Energie
Szenario 1, Speerspitze in eine grüne Zukunft: Im ersten Szenario übernimmt die Chemieindustrie eine tragende Rolle in einer nachhaltigen, kollaborativen Welt. Die Märkte sind offen und die Kunden verlangen immer mehr Produkte, die dem Umweltgedanken gerecht werden. Deshalb wird auch die Chemieindustrie Teil eines großen, orchestrierten und branchenübergreifenden Verbunds. Die europäischen Player schaffen es, Wertschöpfung in einer Kreislaufwirtschaft zu erzielen, und investieren massiv in Innovationen. Zudem entsteht sukzessive ein Netzwerk von Partnerschaften aller Branchenplayer entlang der Wertschöpfungskette. Auch werden Start-ups gegründet, die vermehrt auf digitale Potenziale setzen. Allerdings agieren die Unternehmen unter vergleichsweise strengen Umweltauflagen – die sich aber weltweit angleichen.
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Szenario 2, Anpassung an repressive Rahmenbedingungen: Im zweiten Szenario steht die europäische Chemiebranche kollektiv unter Regulierungsdruck und öffentlicher Beobachtung – anders als in China und den USA. Die Unternehmen müssen sich verändern und Kosten sparen. Die Produktion regionalisiert sich, größere Investitionen rentieren sich kaum. Intelligente neue Ansätze sorgen dennoch für ein Überleben der Firmen. Da es kaum noch Produktinnovationen gibt, spielen die einzelnen Unternehmen international keine große Rolle mehr. Es besteht die Gefahr einer ungewollten und radikalen Konsolidierung, die durch eine entsprechende EU-Stelle kaum aufgehalten werden kann.
angler-glück
Szenario 3, Flucht in den Protektionismus: Die dritte mögliche Entwicklung führt zu einem Szenario mit starkem Euro-Protektionismus, wenig Innovationskraft und einem gesellschaftlichen Rückschritt hinsichtlich Nachhaltigkeit. Die realisierbaren Margen sind inzwischen teilweise auch von der Politik abhängig. Die Bedeutung des Exports und die Wettbewerbsfähigkeit schrumpfen und es kommt ebenfalls zu einer Konsolidierung. Die verbleibenden Akteure können jedoch – zumindest für eine gewisse Zeit – ein recht geruhsames Leben führen und die Branche auf niedrigem Niveau „verwalten“.
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Szenario 4, Wertschöpfung in der Kreislaufwirtschaft: Im vierten und letzten Szenario gelingt die profitable Wertschöpfung in der Kreislaufwirtschaft. Die Öffentlichkeit ist in Umweltfragen hoch sensibilisiert, was zu gezielten Innovationen und Kollaborationen in der Branche führt. Es herrschen ein Klima des Verbrauchervertrauens und die Bereitschaft, auch höhere Preise zu bezahlen. Jedoch bleiben Strukturen und Assets der Unternehmen weitgehend unverändert, was eine allgemeine Innovationswelle eher ausbremst als befeuert. Insgesamt sind Umwelt und Industrie eine enge Verbindung eingegangen, die Unternehmen zunehmend dazu bringt, ihre Profitabilität im Rahmen einer umfassenden Kreislaufwirtschaft zu sichern und managen.