Responsible-Care-Wettbewerb

VCI zeichnet Klimaschutz-Projekte in der Chemie aus

Der VCI hat Klimaschutz-Projekte in der chemisch-pharmazeutischen Industrie ausgezeichnet. Prämiert wurden im diesjährigen Responsible-Care-Wettbewerb unter anderem ein Modellversuch zum Kupferprozess sowie zwei Digitalisierungsvorhaben.

Veröffentlicht Geändert
Grünstrom
Die ausgezeichneten Projekte sind laut VCI ein Vorbild für den Klimaschutz in der Chemieindustrie.

Klimaneutral zu produzieren, sei für die chemisch-pharmazeutische Industrie keine Worthülse, erklärte VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup anlässlich der Preisverleihung. „Die Projekte des Responsible-Care-Wettbewerbs 2021 sind dafür herausragende Vorbilder, wie kreativ und innovativ die Unternehmen dieses Ziel erreichen wollen.“ Eine Fach-Jury entschied über die Vergabe der Plätze 1 bis 3 sowie die Sieger der beiden Sonderkategorien Mittelstand und Digitalisierung.

Preisträger des Responsible-Care-Wettbewerbs des VCI
Alle Preisträger des Responsible-Care-Wettbewerbs.

Platz 1: Dekarbonisierung des Kupferprozesses (Aurubis)

Aurubis aus Hamburg hat sich mit ihrem Projekt „Innovativer Modellversuch zur Dekarbonisierung des Kupferprozesses“ den ersten Platz gesichert. Erstmalig hat das Multimetall-Unternehmen – einer der weltweit größten Kupferrecycler – in einem Pilotprojekt klimaneutralen Wasserstoff als Reduktionsmittel in der Kupferproduktion genutzt, um so erhebliche Mengen an Kohlendioxid einzusparen. Gelingt es Aurubis, das bisher als Reduktionsmittel eingesetzte Erdgas durch Wasserstoff zu ersetzen, könnte allein für den Anodenofen des Hamburger Werkes ein Einsparpotenzial von 6.200 t/a Kohlendioxid erzielt werden. Die Jury ist überzeugt, dass das weltweite Einsparpotenzial bei der Metallproduktion riesig ist. Der Einsatz von grünem Wasserstoff sei innovativ und das Projekt habe eine Hebelwirkung für andere Metallproduktionen, heißt es in der Begründung weiter.

Platz 2: Reduzierung von Treibhausgasemissionen (DSM)

Für die „Roadmap zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen“ wurde DSM Nutritional Products aus Grenzach mit dem zweiten Platz belohnt. Das ehrgeizige Ziel: Bis 2050 will das Unternehmen klimaneutral produzieren. Dazu hat DSM ein neues, nachhaltiges Gesamtkonzept aufgesetzt: Mit einer konsequenten Analyse und Planung definiert das Unternehmen Maßnahmen, um Treibhausgasemissionen in der Produktion zu reduzieren. Wichtige Ideengeber sind hierfür mehrtägige Workshops, sogenannte Deep Dives, in denen Experten aus allen Fachbereichen detailliert die Prozesse und Anlagen analysieren. Die bisherigen Einsparerfolge sowie die Einbeziehung der Mitarbeiter überzeugten die Jury besonders.

Klimaziele großer Chemiekonzerne in Bildern

EU-Parlament
Die EU hat ihre bis 2050 geplanten Klimaziele verschärft. Der im April 2021 verabschiedete neue Beschluss sieht vor, bis 2030 die emittierten Treibhausgase um 55% im Vergleich zu 1990 zu senken.
Bayer-Fabrik
Bereits Ende 2019 hat Bayer ein Paket an Maßnahmen und neuen Nachhaltigkeitszielen ab 2020 bekanntgegeben. Das Unternehmen strebt an, bis 2050 unter Einbezug der gesamten Wertschöpfungskette klimaneutral zu werden. Das bedeutet, dass der Pharma- und Chemiekonzern bis 2030 an seinen eigenen Standorten klimaneutral sein will und bis 2029 den CO2-Ausstoß bei Abnehmern sowie der Lieferkette um 12,3 % verringern will. Bis 2030 plant Bayer außerdem, 100 % des Stroms aus erneuerbaren Quellen zu beziehen.
Lanxess-Klimagrafik
Fast gleichzeitig zur ehemaligen Mutter hat sich der Spezialchemie-Konzern Lanxess ein Klimaschutzziel gesetzt: Bis 2040 will der Konzern klimaneutral werden und seine Treibhausgas-Emissionen von derzeit rund 3,2 Mio. Tonnen CO2-Äquvivalent abbauen.
Dow
Das Chemieunternehmen Dow hat sich dasselbe Jahr der Klimaneutralität gesetzt wie die EU – 2050. Bis zum Etappenziel 2030 will der Konzern seine Netto-Kohlenstoffemissionen um 5 Mio. t/a verringern, im Vergleich zu 2020. Außerdem plant er bis 2030 insgesamt 1 Mio. t Kunststoff zu sammeln, wiederzuverwenden oder zu recyceln.
BASF
Auch der Chemie-Riese BASF hat sich als Netto Null Jahr 2050 gesetzt. Bis 2030 will das Unternehmen seine weltweit emittierten Treibhausgase im Vergleich zu 2018 um 25 % senken. Außerdem will der Konzern fossile Energieträger gegen Strom aus erneuerbaren Quellen austauschen.
Merck-Zentrale
Ein anderer Chemie- und Pharmakonzern nimmt sich nur bis 2040 Zeit: Merck hat im November 2020 seine neue Nachhaltigkeitsstrategie vorgestellt. Das Unternehmen hat sich 2030 als Etappenziel gesetzt bis zu dem es seine Treibhausgas-Emissionen um 50 % reduzieren (Vergleich 2020) und 80 % seines Stroms aus erneuerbaren Quellen beziehen will. Um Emissionen einzusparen plant Merck, bis 2023 90 % seiner Healthcare Produkte mit dem Schiff, anstelle des Flugzeugs zu transportieren.
Lyondellbasell
Der Kunststoffhersteller Lyondellbasell gibt kein konkretes Jahr an, bis zu dem er klimaneutral handeln will. Jedoch plant das Unternehmen, bis 2030 2 Mio. t/a recycelte Polymere zu produzieren. Dafür will es sowohl das mechanische, als auch das molekulare Recycling vorantreiben. Weiterhin will der Konzern bis 2030 die CO2-Äquivalente pro Tonne Produkt im Vergleich zu 2015 um 15 % reduzieren.
Henkel
Der Konsumgüter-Hersteller Henkel will bis 2040 nicht nur klimaneutral, sondern klimapositiv sein. Also neben dem Ausgleich der eigenen Emissionen, zusätzlich einen Beitrag gegen den Klimawandel leisten. Dafür plant das Unternehmen, bis 2030 den CO2-Fußabdruck seiner Produktion um 75 % im Vergleich zu 2010 zu senken. Außerdem möchte der Konzern, für denselben Zeitraum seinen Energieverbrauch pro Tonne Produkt um 50 % senken und 100 % seines Stroms aus erneuerbaren Quellen beziehen.
Anlagenbau einer Düngemittel-Anlage
Und auch im Anlagenbau führt kein Weg an Klimaschutz vorbei: Thyssenkrupp will ab 2050 klimaneutral sein. Bereits 2030 möchte der Konzern rund 30 % bei den Emissionen aus eigener Produktion und bezogener Energie einsparen. Dabei orientiert sich Thyssenkrupp mit seiner im Sommer 2019 vorgestellten Klimastrategie am Pariser Klimaabkommen von 2015.
Linde
Der Gaskonzern Linde plant bis 2028 seine Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 2018, um 35% zu reduzieren. Außerdem will das Unternehmen 1 Mrd. US-Dollar in Dekarbonisierungsprojekte investieren und den Kauf von CO2-armen Energien verdoppeln.

Platz 3: Klimaschutz im Arbeitsalltag (Boehringer Ingelheim)

Den dritten Platz belegt Boehringer Ingelheim Pharma aus Ingelheim mit dem Projekt „Nachhaltig von Anfahrt bis Feierabend“. Dort soll Klimaschutz, wo immer möglich, in den Arbeitsalltag integriert werden. Auch die Beschäftigten werden mit ins Boot geholt, sei es durch die Bike-to-Share-Station für Mitarbeitende auf dem Betriebsgelände oder der umweltfreundlichen Klimatheke in der Kantine. Auf dem Werksgelände kommt grüner Strom durch ein Biomassekraftwerk, Solaranlagen und aus externen erneuerbaren Energiequellen zum Einsatz. Dieser ganzheitliche Ansatz, der die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Micro-Influencern macht, hat die Jury beeindruckt.

Mittelstandspreis: Dashboard für Carbon-Footprint (Dr. Babor)

Den Mittelstandspreis gewinnt die Dr. Babor GmbH & Co. KG, Aachen, mit dem Projekt „Vollautomatisches Dashboard für den Corporate Carbon Footprint“. Damit kann das Unternehmen den Kohlendioxid-Fußabdruck in Echtzeit digitalisieren und sichtbar machen. Gleichzeitig lassen sich damit auch Verbesserungspotenziale erkennen und entsprechende Vorkehrungen treffen, die Kohlendioxid-Emissionen zu senken. Dies sei eine herausragende Leistung eines mittelständischen Unternehmens, ist sich die Bundesjury schnell einig.

Digitalisierungspreis: CO2-Transparenz (BASF)

Der Digitalisierungspreis geht an die BASF aus Ludwigshafen für das Projekt „Strategic CO2 Transparency Tool“. In einem standardisierten und automatisierten Verfahren berechnet das Unternehmen individuelle CO2-Fußabdrücke für alle 45.000 Produkte – und zwar jeweils vom eingekauften Rohstoff bis zum Einsatz von Energie in den Produktionsprozessen. Diese Daten will die BASF ihren Kunden ab Ende 2021 zur Verfügung stellen. Mithilfe dieser digitalen Lösung wird transparent und nachvollziehbar, wie viele Treibhausgasemissionen im Herstellungsprozess eines Produkts anfallen – ein Erfolg, den die Jury auszeichnen möchte.

Lesen Sie hier weitere Details zum CO2-Transparenz-Projekt und der Kooperation mit demIT-Dienstleister Atos.

Hintergrund zum Wettbewerb: 92 Projekte eingereicht

Freiwillig mehr tun, als Gesetze und Vorschriften vorschreiben. Das strebt die chemisch-pharmazeutische Industrie mit ihrer Initiative Responsible Care an – in Deutschland seit 30 Jahren. Hier ist Responsible Care ein Beitrag zur Nachhaltigkeitsinitiative Chemie3.

Der Responsible-Care-Wettbewerb des VCI beginnt auf Landesebene. In den Landesverbänden wurden in diesem Jahr 92 Projekte eingereicht. Die Landessieger nehmen automatisch am Bundeswettbewerb teil. Hier entschied die Jury aus insgesamt 18 Projekten über die Bundessieger. Die Sieger des Wettbewerbs wurden im Rahmen einer digitalen Preisverleihung ausgezeichnet.

Zusammensetzung der Jury

Über die Platzierungen auf Bundesebene entschied eine unabhängige siebenköpfige Jury: Dr. Anita Breyer, Bundesumweltministerium; Carola Dittmann, Stiftung Arbeit und Umwelt der IG BCE; Ministerialdirigent Dr. Winfried Horstmann, Bundeswirtschaftsministerium, vertreten durch Dr. Heinrich Lochte; Dr. Michael Reubold, Wiley-VCH Verlag Weinheim; Professor Dr. Ferdinand Schüth, Max-Planck-Institut für Kohlenforschung, Mühlheim/Ruhr; Professor Dr.-Ing. Leon Urbas, TU Dresden sowie Dr. Wolfgang Große Entrup und Dr. Gerd Romanowski für den VCI.