CO2

(Bild: RonnyRakete – stock.adobe.com)

  • Wer sein Unternehmen und seine Prozesse klimaneutral machen will, muss jetzt handeln.
  • Inmitten der hohen Komplexität aus Wirtschaftlichkeit, regulatorischen Vorgaben und technischen Möglichkeiten müssen maßgeschneiderte Lösungen gefunden werden.
  • Für die Erarbeitung und Umsetzung einer Dekarbonisierungsstrategie ist es zielführend, eine Partnerschaft mit internen und externen Experten aufzubauen.

Die Notwendigkeit für Industrieunternehmen, in absehbarer Zeit vollständig klimaneutral zu wirtschaften, wird immer deutlicher: Neben dem wachsenden politischen und regulatorischen Druck steigen die kurzfristigen Risiken, die sich aus dem Klimawandel ergeben – so etwa die Beeinträchtigung von Lieferketten durch Extremwetterereignisse. Zudem müssen Unternehmen sich auf einen zunehmend volatilen Energiemarkt einstellen. Es gilt daher, Anpassungsstrategien zu entwickeln. Und mit einem klaren Weg zur Erreichung von Netto-Null-Emissionen ergeben sich auch neue Geschäftsmodelle, Märkte und Produktionsprozesse und somit auch eine spannende Perspektive für diese und kommende (Unternehmens-)Generationen.


Durch Vorgaben und technische Möglichkeiten manövrieren

Doch wie diese Herausforderung meistern? Inmitten der hohen Komplexität aus Wirtschaftlichkeit, regulatorischen Vorgaben und technischen Möglichkeiten müssen maßgeschneiderte Lösungen für Unternehmen und ihre industriellen Prozesse gefunden werden. Diese stehen dabei vor einer Vielzahl von Richtungsentscheidungen, die nicht in einzelnen Bereichen oder Abteilungen allein bewältig werden können, sondern ein integraler Bestandteil des gesamten unternehmerischen Handelns sein müssen. Denn eines ist klar: Wir befinden uns in einer der größten Transformationen seit der Industrialisierung.

Vor diesem Hintergrund ist es zielführend, für die Erarbeitung und Umsetzung einer Dekarbonisierungsstrategie eine Partnerschaft mit internen und externen Experten aufzubauen, in deren Rahmen sowohl eine strategische Planung als auch die praktische Umsetzung stattfindet. Die Grundlage wird dabei durch ein systematisches Vorgehen gelegt, das bei den individuellen Unternehmenszielen und Voraussetzungen ansetzt. Als ein solcher externer Partner bietet Uniper als Methode die sogenannte Decarb-Roadmap an. Aufbauend auf der Analyse des Energieverbrauchs werden dabei Schritte erarbeitet, diesen zu reduzieren bzw. zu optimieren – etwa durch Energieeffizienzmaßnahmen, Nachfragesteuerung, Flexibilitätsdienste oder einer Reihe von Überwachungs- und Diagnoseinstrumenten. So lassen sich zum Beispiel durch Energiemarkt-Modellierung Unsicherheiten reduzieren und Investitionsentscheidungen erleichtern. Gleichzeitig versetzen die Potenzialbewertung von Dekarbonisierungsmaßnahmen, die CO2-Bilanzierung sowie Scope-Bewertungen Unternehmen in die Lage, die steigende Volatilität und Komplexität des Themas Energie zu bewältigen. Zudem kann die Decarb-Roadmap auch Schritte zur Umstellung auf kohlenstoffärmere Energiequellen wie Biomasse und Wasserstoff umfassen sowie andere Möglichkeiten – wie die Abfallverwertung – betrachten, um weitere Einspareffekte zu erzielen.

Ein Praxisbeispiel: Dekarbonisierung einer Produktionsanlage

Ein Industrieunternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 seine gesamten Emissionen in Deutschland zu halbieren. In diesem Rahmen wurde Uniper als Teil eines Projektteams, das für die Konzeption der technischen und wirtschaftlichen Lösungen zuständig war, gebeten, eine detaillierte Planung für einen Produktionsstandort zu erarbeiten. Bei diesem sollen – bei gleichzeitig sichergestellter Versorgungsicherheit – mehr als 80 % der CO2-Emissionen durch die Einführung bzw. den Ausbau der Versorgung durch erneuerbare Energien und durch die Steigerung der Energieeffizienz eingespart werden.

Im ersten Schritt wurde die Anlage analysiert, um den Prozessbedarf und die Energieflüsse zu verstehen. Anschließend erstellte das Team einen digitalen Zwilling der realen Anlage, um mit diesem Zwilling alternative Anlagen-Konfigurationen zu simulieren sowie verschiedene Szenarien gründlich zu untersuchen. So konnten die besten Optionen ermittelt werden, um die Dekarbonisierungsziele zu erreichen. Im zweiten Schritt wurden diese Möglichkeiten im Rahmen einer Machbarkeitsstudie weiter unter die Lupe genommen. Es wurde gefragt: Was ist die optimale Konfiguration, um das Reduktionsziel zu erreichen? Wie können die Kosten möglichst gering gehalten werden? Wie kann trotzdem die geforderte Energieversorgungssicherheit gewährleistet werden? Kurz: Was ist in diesem Fall der beste Kompromiss zwischen ökologischer, wirtschaftlicher und technischer Machbarkeit? Mithilfe der Antworten konnten eine detaillierte Strategie und eine Umsetzungsplanung ausgearbeitet werden.

Photovoltaikanlage
Ein Bestandteil der Dekarbonisierungsstrategie ist eine Photovoltaikanlage in der lokalen Umgebung (Symbolbild). (Bild: Stockfotos-MG – stock.adobe.com)

Wie sieht also in diesem Fall der optimale Weg aus? Wenig überraschend umfasst er verschiedene Elemente, von denen manche bereits geplant oder im Betrieb sind, aber andere noch erstellt werden müssen. Ein Bestandteil, der bereits besteht, ist eine Photovoltaikanlage in der lokalen Umgebung, die zeitnah den Produktions­standort beim Erreichen seiner Dekarbonisierungsziele unterstützen soll. Ein weiteres Puzzlestück ist eine Biogasanlage, die aktuell in der Nähe des Produktionsstandorts errichtet wird und die Reststoffe aus dem Herstellungsprozess nutzen soll. Damit trägt sie künftig nicht nur zur Verringerung der CO2-Emissionen, sondern auch zum Aufbau einer Kreislaufwirtschaft in der Produktionsanlage bei.

Doch die Anbindung der Photovoltaik- und der Biomasseanlage reichen allein nicht aus, um die angestrebte Kohlenstoffreduktion von gut 80 % zu erreichen. Hierfür ist die Errichtung einer weiteren, entscheidenden Anlage nötig. Dieses Schlüsselelement ist ein Biomassekraftwerk auf dem Gelände, betrieben mit Holzhackschnitzeln, die per Lkw angeliefert werden. Die Herausforderung bei der Planung dieser Anlage bestand zum einen in logistischen Fragen: Wie viel Lagerfläche ist vor Ort vorhanden? Wie viel Anlieferungsverkehr kann täglich erfolgen, ohne die Produktion zu stören? Für wie viele Tage muss Brennstoff vorgehalten werden? Die Antworten auf diese Fragen hatten ihrerseits Auswirkungen auf die Dimensionierung der Anlage und deren Auslegung.

Zugleich sollte durch die Konfiguration und die Auswahl der verschiedenen technischen Optionen ein größtmöglicher Wirkungsgrad und eine hohe Flexibilität erzielt werden. Um die Ziele zu erreichen, wurde für den Betrieb ein Wirbelschichtkessel in Kombination mit einer Entnahmekondensationsdampfturbine ausgewählt, da dieser auch mit unterschiedlichen Brennstoffqualitäten betrieben werden kann und größere Flexibilität bietet. So optimiert trägt die Biomasseanlage entscheidend zur Erreichung der Dekarbonisierungsziele bei und sorgt gleichzeitig durch die Nutzung verschiedener lokaler Brennstoffqualitäten für eine hohe Versorgungssicherheit.

Die Erarbeitung und Umsetzung einer Dekarbonisierungsstrategie wie im skizzierten Beispiel ist ein komplexer Prozess, in dem viele Aspekte berücksichtigt werden müssen – daher erhöhen sich durch die Unterstützung von externen Experten die Erfolgsaussichten. Das ist von entscheidender Bedeutung – denn die Zeit drängt immer mehr.

Windkraftanlage im Rapsfeld
(Bild: Natascha – stock.adobe.com)

Potenziale von Elektrifizierung und Biomasse

Die wesentlichen Rahmenbedingungen und die politischen Intentionen sind klar, die Technologien zur Erzeugung von erneuerbarem Strom sind ausgereift, zu wettbewerbsfähigen Preisen verfügbar und zumeist wirtschaftlich. Daher sollten Unternehmen alle zur Verfügung stehenden Flächen für die Entwicklung von Photovoltaik- und Windkraftanlagen nutzen und bei Wärmebedarfen von unter 150 °C Produktionsprozesse so weit wie möglich elektrifizieren. Im Rahmen der Dekarbonisierungsstrategie muss grundsätzlich geprüft werden, ob Dampf notwendig ist oder ob alternativ Heißwasser-Prozesse eine Option sind. Auch Elektrodenkessel können kurzfristig Sinn machen, insbesondere unter Berücksichtigung der erheblichen Schwankungen im untertägigen Strommarkt. Das Thema Biomasse birgt ebenfalls großes Potenzial zur Dekarbonisierung von Hochtemperatur-Prozessdampf, und die erwartete Biomassestrategie der Bundesregierung wird mehr Klarheit zur zukünftigen Verwendung dieses Rohstoffes geben.

Engineering Summit 2023

Engineering Summit
(Bild: CHEMIE TECHNIK)

Der Engineering Summit ist die zentrale Networking-Veranstaltung des europäischen Anlagenbaus. Der Kongress wird vom 19. bis 20. September zum inzwischen neunten Mal stattfinden und dient als Plattform für den Austausch unter Führungskräften des Anlagenbaus. Auf dem kommenden Engineering Summit, der von der Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau im VDMA sowie der CHEMIE TECHNIK gemeinschaftlich veranstaltet wird, werden Aspekte der Dekarbonisierung, Transformation der Energiesysteme sowie Aspekte der Anlagenbau-Ressourcen und Technologien im Vordergrund stehen. Veranstaltungsort ist Darmstadt. Weitere Informationen unter www.engineering-summit.de

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