
Grüner Wasserstoff spielt eine zentrale Rolle bei der Dekarbonisierung der Wirtschaft. Die Gretchenfrage bleibt: Woher kommt der Strom dafür? Bild: malp stock.adobe.com
- Bis 2030 sollen Wasserstoff-Elektrolyseanlagen mit einer Leistung bis 5 GW entstehen.
- Bis 2040 soll die Kapazität auf 10 GW ausgebaut werden.
- Der grüne Wasserstoff soll auch in Nordafrika erzeugt und nach Deutschland importiert werden.
Das Maßnahmenpaket zur Nationalen Wasserstoffstrategie der Bundesregierung umfasst 28 Seiten. Das Ziel: Deutschland soll die Nummer 1 bei der Nutzung von Wasserstoff als Energieträger werden. Und dieser soll nicht etwa aus fossilen Primärenergie-Trägern gewonnen werden, sondern aus der Wasserelektrolyse mit regenerativ erzeugtem Strom. Der „grüne Wasserstoff“ soll sukzessive fossile Brenn- und Rohstoffe im Schwerlastverkehr, in der Luftfahrt, der Stahlindustrie und in der Chemie ersetzen. „Wasserstoff ist ein Schlüsselrohstoff für eine erfolgreiche Energiewende“, ist Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier überzeugt.
Damit der Traum einer dekarbonisierten Wirtschaft wahr werden kann, will die Regierung tief in die Taschen greifen: Zusätzlich zu den laufenden Förderprogrammen sollen 7 Mrd. Euro aus dem Konjunkturpaket genutzt werden. Dazu kommen weitere 2 Mrd. Euro für internationale Partnerschaften. Bis 2030 sollen Wasserstoff-Elektrolyseanlagen mit einer Leistung bis 5 GW entstehen, bis 2040 sollen weitere 5 GW hinzu kommen. Und weil dazu die Wind- und Solarstromerzeugung in Deutschland nicht reichen wird, sucht man den Schulterschluss mit sonnenreichen Staaten in Nordafrika: Dort soll der grüne Wasserstoff erzeugt und nach Deutschland exportiert werden. Gemeinsam mit Marokko werde bereits die erste industrielle Wasserstoffanlage in Afrika entwickelt, so Entwicklungsminister Gerd Müller.
Dem Maschinenbau-Verband VDMA ist das allerdings zu wenig: „Der skizzierte Pfad ist richtig, das Tempo könnte aber durchaus höher sein. Insofern gibt es keinen Grund für Euphorie“, sagt Matthias Zelinger, Klima- und Energiepolitischer Sprecher des VDMA. Die Ziele seien wenig ambitioniert angesichts der Tatsache, dass deutsche Maschinen- und Anlagenbauer schon heute in der Lage wären, jährlich 1 GW Elektrolyseleistung bereitzustellen.
Wasserstoff-Projekte in Europa:

Großprojekt in EU NorthH2 soll 800 kt/a Wasserstoff erzeugen. Ein Konsortium aus Gasunie, Groningen Seaports und Shell Nederland hat ein Großprojekt für grünen Wasserstoff gestartet. Unter der Bezeichnung NortH2 sollen im niederländischen Eemshaven in der Provinz Groningen aus Windenergie jährlich 800.000 Tonnen H2 produziert werden. Bild: bluedesign – stock.adobe.com

Ab Ende 2022 soll ein öffentlich zugängliches Wasserstoffnetz Industrieunternehmen in Niedersachsen und NRW mit grünem Wasserstoff versorgen. Das Projekt der Partner Evonik, BP, RWE, Nowega und OGE wäre das erste seiner Art in Deutschland.
Mehr zum Projekt
Bild: Evonik

5 Mio. Euro Förderung Elektrolyse-Projekt inBaden-Württemberg Unter der Federführung des ZSW wurde das Projekt „Elektrolyse made in Baden-Württemberg“ gestartet. Es soll die Potenziale der Wirtschaft im Südwesten für Wasserstoff nutzbar machen. Bild: ZSW

Großanlage geplant Wasserstoff aus Windstrom im niederländischen Vlissingen In Südholland soll für mehr als eine Milliarde Euro eine der größten Wasserstoffanlagen der Welt entstehen. ln der Anlage, die bis 2030 entstehen soll, soll Strom aus Offshore-Windanlagen genutzt werden. Bis 2025 soll zunächst für 100 Mio. Euro eine Pilotanlage gebaut werden. Bild: adobe stock

Studie Woher kommt der Wasserstoff bis 2050? Die Deutsche Energieagentur Dena hat im Projekt GermanHy eine neue Studie veröffentlicht, in der drei unterschiedliche Szenarien für die künfige Bereitstellung von Wasserstoff als Energieträger in Deutschland bis 2050 untersucht wird. Ziel: eine deutsche Wasserstoff-Roadmap. Die Studie ist unter www.dena.de verfügbar. Bild: Thomas – stock.adobe.com

CO2-Reduktion mit grünem H2 KIT forscht an neuem Verfahren Am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) entsteht derzeit eine Versuchsanlage, um in einem neuen Verfahren klimaschädliches Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre zu entfernen. Die Anlage soll dabei noch hochreines Kohlenstoffpulver produzieren und damit anderen Technologien überlegen sein. Bild: KIT
Eine vom Chemieverband im vergangenen Jahr vorgestellte Studie zur treibhausgasneutralen Chemie in Deutschland zeigt, wo der Knackpunkt der Strategie liegen wird: bei der Stromerzeugung. Schon das Ziel, 61 % der Treibhausgase bei der chemischen Produktion zu reduzieren, erfordert den gesamten, in 2018 erneuerbar produzierten Strom. Um den Strom dazu bereitzustellen, sind laut VCI Investitionen in Höhe von 15 Mrd. Euro notwendig. Soll die Chemie komplett klimaneutral werden, sind sogar 45 Mrd. Euro notwendig. Und: Der Strom für die neuen Chemieverfahren müsste fast kostenlos sein. „Die neuen Verfahren sind in Deutschland vor 2050 nur bei Stromkosten von 4 Cent pro Kilowattstunde wirtschaftlich“, schätzt der VCI.
Fazit: Mehr als ein Startpunkt kann die nun verabschiedete nationale Wasserstoff-Strategie kaum sein. Von einer Dekarbonisierung der Wirtschaft, des Transports und des Verkehrs wird Deutschland auch nach Erreichen der Ziele 2040 noch weit entfernt sein.
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