
Die Ampelkoalition von SPD, Grüne und FDP hat den Entwurf ihres Koalitionsvertrags vorstellt. (Bild: FDP)
Der Chemieverband sieht im heute vorgestellten das Bemühen, die langwierige und anspruchsvolle Transformation Deutschlands erfolgreich zu gestalten. Jedoch fehlten konkrete Maßnahmen zu den beiden zentralen Herausforderungen: schneller Aufbau der erforderlichen Infrastruktur für erneuerbare Energien und wettbewerbsfähiger Strompreis. „Wir sehen noch keinen Booster, aber viele gute Ansätze, die Transformation der Industrie aktiv zu flankieren“, betonte VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup.
Mit der Abschaffung der EEG-Umlage ab 2023 und dem Vorhaben, die Dauer von Planungs- und Genehmigungsverfahren zu halbieren, bestätige die Ampel ihren Anspruch, entscheidende Veränderungen anzustoßen. „Die Finanzierung der Transformation über einen Klima- und Transformationsfonds und durch weitere Instrumente wie Klimaverträge zu unterstützen, ist eine gute Entscheidung. Damit besteht die große Chance, wichtige Investitionen zu forcieren“, sagte der Hauptgeschäftsführer des VCI.
Wasserstoff und chemisches Recycling als Schlüssel der Transformation
Positiv sieht der VCI auch, dass die Koalition Innovationen wie Biotechnologie und Wasserstoff als Schlüssel für das Gelingen der Transformation anerkennt und chemisches Recycling als Recyclingoption aufgenommen werden soll.
Der VCI begrüßt zudem, dass sich die neue Regierung konstruktiv in die Debatte um die EU-Chemikalienstrategie einbringen möchte und die Notwendigkeit einer Risikobewertung für die sichere Verwendung von chemischen Stoffen betont. Das Ziel, Forschung und Produktion von nachhaltigen Chemikalien am Standort Deutschland zu stärken, sei konsequent im Rahmen des Green Deals.
Begrüßenswert ist auch das Vorhaben eines Bürokratieentlastungsgesetzes. „Alleine, dass es für dringend notwendige Entlastungen ein neues Gesetz braucht, senkt meine Euphorie“, so Große Entrup. „Es kommt jetzt schnellstens darauf an, echte Entlastungen für den Mittelstand zu schaffen.“
Bildergalerie: Die Klimaziele großer Chemiekonzerne

Die EU hat ihre bis 2050 geplanten Klimaziele verschärft. Der im April 2021 verabschiedete neue Beschluss sieht vor, bis 2030 die emittierten Treibhausgase um 55% im Vergleich zu 1990 zu senken. (Bild: Thierry Roge - Europäische Union)

Bereits Ende 2019 hat Bayer ein Paket an Maßnahmen und neuen Nachhaltigkeitszielen ab 2020 bekanntgegeben. Das Unternehmen strebt an, bis 2050 unter Einbezug der gesamten Wertschöpfungskette klimaneutral zu werden. Das bedeutet, dass der Pharma- und Chemiekonzern bis 2030 an seinen eigenen Standorten klimaneutral sein will und bis 2029 den CO2-Ausstoß bei Abnehmern sowie der Lieferkette um 12,3 % verringern will. Bis 2030 plant Bayer außerdem, 100 % des Stroms aus erneuerbaren Quellen zu beziehen. (Bild: Bayer)

Fast gleichzeitig zur ehemaligen Mutter hat sich der Spezialchemie-Konzern Lanxess ein Klimaschutzziel gesetzt: Bis 2040 will der Konzern klimaneutral werden und seine Treibhausgas-Emissionen von derzeit rund 3,2 Mio. Tonnen CO2-Äquvivalent abbauen. (Bild: Lanxess)

Das Chemieunternehmen Dow hat sich dasselbe Jahr der Klimaneutralität gesetzt wie die EU – 2050. Bis zum Etappenziel 2030 will der Konzern seine Netto-Kohlenstoffemissionen um 5 Mio. t/a verringern, im Vergleich zu 2020. Außerdem plant er bis 2030 insgesamt 1 Mio. t Kunststoff zu sammeln, wiederzuverwenden oder zu recyceln. (Bild: Dow)

Auch der Chemie-Riese BASF hat sich als Netto Null Jahr 2050 gesetzt. Bis 2030 will das Unternehmen seine weltweit emittierten Treibhausgase im Vergleich zu 2018 um 25 % senken. Außerdem will der Konzern fossile Energieträger gegen Strom aus erneuerbaren Quellen austauschen. (Bild: BASF)

Ein anderer Chemie- und Pharmakonzern nimmt sich nur bis 2040 Zeit: Merck hat im November 2020 seine neue Nachhaltigkeitsstrategie vorgestellt. Das Unternehmen hat sich 2030 als Etappenziel gesetzt bis zu dem es seine Treibhausgas-Emissionen um 50 % reduzieren (Vergleich 2020) und 80 % seines Stroms aus erneuerbaren Quellen beziehen will. Um Emissionen einzusparen plant Merck, bis 2023 90 % seiner Healthcare Produkte mit dem Schiff, anstelle des Flugzeugs zu transportieren. (Bild: Merck)

Der Kunststoffhersteller Lyondellbasell gibt kein konkretes Jahr an, bis zu dem er klimaneutral handeln will. Jedoch plant das Unternehmen, bis 2030 2 Mio. t/a recycelte Polymere zu produzieren. Dafür will es sowohl das mechanische, als auch das molekulare Recycling vorantreiben. Weiterhin will der Konzern bis 2030 die CO2-Äquivalente pro Tonne Produkt im Vergleich zu 2015 um 15 % reduzieren. (Bild: Lyondellbasell)

Der Konsumgüter-Hersteller Henkel will bis 2040 nicht nur klimaneutral, sondern klimapositiv sein. Also neben dem Ausgleich der eigenen Emissionen, zusätzlich einen Beitrag gegen den Klimawandel leisten. Dafür plant das Unternehmen, bis 2030 den CO2-Fußabdruck seiner Produktion um 75 % im Vergleich zu 2010 zu senken. Außerdem möchte der Konzern, für denselben Zeitraum seinen Energieverbrauch pro Tonne Produkt um 50 % senken und 100 % seines Stroms aus erneuerbaren Quellen beziehen. (Bild: Henkel)

Und auch im Anlagenbau führt kein Weg an Klimaschutz vorbei: Thyssenkrupp will ab 2050 klimaneutral sein. Bereits 2030 möchte der Konzern rund 30 % bei den Emissionen aus eigener Produktion und bezogener Energie einsparen. Dabei orientiert sich Thyssenkrupp mit seiner im Sommer 2019 vorgestellten Klimastrategie am Pariser Klimaabkommen von 2015. (Bild: Thyssenkrupp)
Bekenntnis zum Medizinstandort Deutschland
Das klare Bekenntnis für eine innovative Gesundheitswirtschaft als Garant für medizinischen Fortschritt, Beschäftigung und Wohlstand begrüßt der VCI. Auch die Stärkung des Produktionsstandortes Europa ist zu begrüßen. Diese sollte aber nicht durch Subventionen, sondern durch wettbewerbsfähige Produktions- und Erstattungsbedingungen erreicht werden. Vor diesem Hintergrund sind die Fortschreibung des Preismoratoriums und die Verkürzung der freien Preissetzung für innovative Arzneimittel ein falscher Weg, betont der VCI. „Gerade in der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, wie wichtig ein starker Pharmastandort Deutschland ist. Künftige gesundheitspolitische Herausforderungen werden bei einem anhaltenden Fokus auf Kosteneinsparungen nicht mehr aus einer Position der Stärke der Pharmaindustrie zu bewältigen sein“, kritisierte Große Entrup.
Fehlende Steuerreform wird kritisiert
Steuerpolitisch wird der Standort Deutschland aus Sicht des VCI mit dem Konzept des Koalitionsvertrages in den kommenden Jahren noch weiter im Standortwettbewerb zurückfallen. Zwar werden, wie im Sondierungspapier bereits festgehalten, keine neuen Substanzsteuern eingeführt, aber die überfällige Reform der Unternehmensteuern finde nicht statt. Große Entrup: „Wir benötigen neue steuerpolitische Impulse für den Standort Deutschland, um im internationalen Steuerwettbewerb Potenzial und Kraft zu gewinnen.“
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