Bilanz des Verbands Plastics Europe Deutschland

Kunststofferzeuger präsentieren stabile Wirtschaftszahlen für 2021

Eine wiedererstarkte Nachfrage sorgte 2021 bei den Kunststofferzeugern in Deutschland für ein Plus bei Beschäftigung, Produktion und Umsatz. Die Unternehmen profitierten dabei vom leichten Wiederanziehen der Konjunktur nach dem Corona-Einbruch.

Pressekonferenz Plastics Europe Deutschland
Dr. Michael Zobel (Mitte) und Ingemar Bühler (links) präsentierten die Zahlen der Kunsstofferzeuger

Das Jahr 2021, so befand der scheidende Vorstandsvorsitzende des Verbands Plastics Europe Deutschland, Dr. Michael Zobel, vor Medienvertretern in Hamburg, sei von wirtschaftlichen Aufs und Abs geprägt gewesen, sodass Stabilität nie wirklich eingekehrt sei. Dämpfer aufgrund neuerlicher Lockdowns, Materialknappheit an den Märkten und strapazierte Lieferketten waren laut Zobel ebenso Gründe hierfür wie deutlich gestiegene Preise für Vorprodukte und Energie. Gerade in diesem Kontext habe sich die Branche wacker geschlagen und ein erfolgreiches Geschäftsjahr verbucht, so Zobel.

So stieg die Kunststoffproduktion in Deutschland 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 17,2 % auf 21,3 Mio. t. Der Gesamtumsatz (im In- und Ausland) der Kunststofferzeuger stieg um 33,8 % auf 31 Mrd. Euro und resultierte zu gleichen Teilen aus dem Mengenwachstum und gestiegenen Preisen. Die Resilienz der Branche ging laut Zobel sowohl auf die Möglichkeit zurück, Preissteigerungen aufgrund der hohen Nachfrage teilweise weitergeben zu können, als auch auf die Flexibilität der Unternehmen – etwa über Umstellungen ihrer Kunden auf Kunststoffe, die eine höhere Liefersicherheit hatten oder mit externen Zukäufen von Vorprodukten, die üblicherweise intern hergestellt werden.

Pandemie und Ukraine-Konflikt nicht vergleichbar

Dabei machte Zobel deutlich, dass die wirtschaftliche Volatilität der Pandemiezeit nicht mit den Herausforderungen und Auswirkungen des Ukraine-Krieges in 2022 vergleichbar sei. So gefährde der russische Angriffskrieg in Osteuropa die Rohstoffsicherheit, verteure die Energie maßgeblich und störe oder unterbreche Transportwege sogar komplett. Insgesamt drohe aufgrund deutlich höherer Produktionskosten in Kombination mit einer eingetrübten Weltkonjunktur ein Einbruch bei Kaufkraft und Nachfrage. Inwiefern Kunststofferzeuger in diesem Umfeld Preissteigerungen weitergeben können wie noch in 2021 sei laut Zobel fraglich. Außerdem nahm Dr. Zobel Bezug auf die Debatte rund um das Thema Erdgas-Embargo: „Gut 44 % des gesamten Energieverbrauchs der Kunststofferzeuger entfallen auf Erdgas, vor allem als Energieträger für Großanlagen. Bei einem Gasembargo würden Teile der Produktion zum Stillstand kommen, da unsere Unternehmen diese Großanlagen abschalten müssten – und diese können nicht einfach mal aus- und wieder eingeschaltet werden. Daher ist unsere Haltung ein klares Nein zu einem Gasembargo“.

Grüne Transformation hat „höchste Dringlichkeit“

Im Anschluss sprach Ingemar Bühler, Hauptgeschäftsführer von Plastics Europe Deutschland, zu den anstehenden, entscheidenden Weichenstellungen für die Kunststoffbranche. Es sei eine politische Neupriorisierung erforderlich, welche die aktuelle Situation ganzheitlich denke: „Wir müssen in die Sicherung unserer akuten Handlungsfähigkeit investieren, aber ebenso die grüne Transformation unserer Branche mit höchster Dringlichkeit umsetzen“. So sei es Priorität, unmittelbar sicherzustellen, dass die benötigte Energie verfügbar und bezahlbar sei. Hier müsse die Politik pragmatisch umsteuern und tue dies bereits in weiten Teilen. Gleichzeitig sollte laut Bühler mehr dafür getan werden, das 1,5-Grad-Ziel von Paris zu erreichen und irreversible Auswirkungen auf das Klima zu vermeiden – mit mehr Kreislaufwirtschaft, nachwachsenden Rohstoffen und Erneuerbaren Energien. Bei all diesen Aufgaben benötigten die Kunststofferzeuger starke Partner in der Wertschöpfungskette, so Bühler, die im Bündnis „Wir sind Kunststoff“ bereits zusammengefunden hätten, um künftige Herausforderungen gemeinsam zu meistern. Auch deshalb blicke Plastics Europe Deutschland mit Vorfreude und Zuversicht auf die Weltleitmesse K in Düsseldorf im Oktober, wo exklusive Innovationen der Branche präsentiert werden.

Bildergalerie: Die Klimaziele großer Chemiekonzerne

EU-Parlament
Die EU hat ihre bis 2050 geplanten Klimaziele verschärft. Der im April 2021 verabschiedete neue Beschluss sieht vor, bis 2030 die emittierten Treibhausgase um 55% im Vergleich zu 1990 zu senken.
Bayer-Fabrik
Bereits Ende 2019 hat Bayer ein Paket an Maßnahmen und neuen Nachhaltigkeitszielen ab 2020 bekanntgegeben. Das Unternehmen strebt an, bis 2050 unter Einbezug der gesamten Wertschöpfungskette klimaneutral zu werden. Das bedeutet, dass der Pharma- und Chemiekonzern bis 2030 an seinen eigenen Standorten klimaneutral sein will und bis 2029 den CO2-Ausstoß bei Abnehmern sowie der Lieferkette um 12,3 % verringern will. Bis 2030 plant Bayer außerdem, 100 % des Stroms aus erneuerbaren Quellen zu beziehen.
Lanxess-Klimagrafik
Fast gleichzeitig zur ehemaligen Mutter hat sich der Spezialchemie-Konzern Lanxess ein Klimaschutzziel gesetzt: Bis 2040 will der Konzern klimaneutral werden und seine Treibhausgas-Emissionen von derzeit rund 3,2 Mio. Tonnen CO2-Äquvivalent abbauen.
Dow
Das Chemieunternehmen Dow hat sich dasselbe Jahr der Klimaneutralität gesetzt wie die EU – 2050. Bis zum Etappenziel 2030 will der Konzern seine Netto-Kohlenstoffemissionen um 5 Mio. t/a verringern, im Vergleich zu 2020. Außerdem plant er bis 2030 insgesamt 1 Mio. t Kunststoff zu sammeln, wiederzuverwenden oder zu recyceln.
BASF
Auch der Chemie-Riese BASF hat sich als Netto Null Jahr 2050 gesetzt. Bis 2030 will das Unternehmen seine weltweit emittierten Treibhausgase im Vergleich zu 2018 um 25 % senken. Außerdem will der Konzern fossile Energieträger gegen Strom aus erneuerbaren Quellen austauschen.
Merck-Zentrale
Ein anderer Chemie- und Pharmakonzern nimmt sich nur bis 2040 Zeit: Merck hat im November 2020 seine neue Nachhaltigkeitsstrategie vorgestellt. Das Unternehmen hat sich 2030 als Etappenziel gesetzt bis zu dem es seine Treibhausgas-Emissionen um 50 % reduzieren (Vergleich 2020) und 80 % seines Stroms aus erneuerbaren Quellen beziehen will. Um Emissionen einzusparen plant Merck, bis 2023 90 % seiner Healthcare Produkte mit dem Schiff, anstelle des Flugzeugs zu transportieren.
Lyondellbasell
Der Kunststoffhersteller Lyondellbasell gibt kein konkretes Jahr an, bis zu dem er klimaneutral handeln will. Jedoch plant das Unternehmen, bis 2030 2 Mio. t/a recycelte Polymere zu produzieren. Dafür will es sowohl das mechanische, als auch das molekulare Recycling vorantreiben. Weiterhin will der Konzern bis 2030 die CO2-Äquivalente pro Tonne Produkt im Vergleich zu 2015 um 15 % reduzieren.
Henkel
Der Konsumgüter-Hersteller Henkel will bis 2040 nicht nur klimaneutral, sondern klimapositiv sein. Also neben dem Ausgleich der eigenen Emissionen, zusätzlich einen Beitrag gegen den Klimawandel leisten. Dafür plant das Unternehmen, bis 2030 den CO2-Fußabdruck seiner Produktion um 75 % im Vergleich zu 2010 zu senken. Außerdem möchte der Konzern, für denselben Zeitraum seinen Energieverbrauch pro Tonne Produkt um 50 % senken und 100 % seines Stroms aus erneuerbaren Quellen beziehen.
Anlagenbau einer Düngemittel-Anlage
Und auch im Anlagenbau führt kein Weg an Klimaschutz vorbei: Thyssenkrupp will ab 2050 klimaneutral sein. Bereits 2030 möchte der Konzern rund 30 % bei den Emissionen aus eigener Produktion und bezogener Energie einsparen. Dabei orientiert sich Thyssenkrupp mit seiner im Sommer 2019 vorgestellten Klimastrategie am Pariser Klimaabkommen von 2015.
Linde
Der Gaskonzern Linde plant bis 2028 seine Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 2018, um 35% zu reduzieren. Außerdem will das Unternehmen 1 Mrd. US-Dollar in Dekarbonisierungsprojekte investieren und den Kauf von CO2-armen Energien verdoppeln.

Düssel neuer Vorsitzender von Plastics Europe Deutschland

Neben der Jahresbilanz wurde auf der Mitgliederversammlung von Plastics Europe Deutschland Dr. Ralf Düssel als Nachfolger von Dr. Michael Zobel zum neue Vorsitzende des Verbandes der Kunststofferzeuger in Deutschland gewählt. Düssel begann seine berufliche Laufbahn 1996 bei der Degussa Marl & Hanau. 2001 wurde er Standortleiter bei Degussa Waterford in den USA, ehe er 2005 zu Evonik nach Essen wechselte. Nach mehreren Führungspositionen innerhalb des Unternehmens verantwortet Düssel seit Februar 2018 bei Evonik von Marl aus das globale Geschäft der Hochleistungspolymere. Er ist zudem Mitglied des Steering Boards des pan-europäischen Verbandes Plastics Europe in Brüssel.

Ralf Düssel
Dr. Ralf Düssel, der neue Vorsitzende des Verbandes der Kunststofferzeuger in Deutschland.

„Unsere Branche befindet sich im Wandel hin zu einer zirkulären und klimaneutralen Industrie. Mit klimafreundlichen Lösungen oder dem Einsatz alternativer Rohstoffe treiben wir diese wichtige Transformation aktiv voran – und das in einem zunehmend volatileren Marktumfeld», erklärte Dr. Düssel nach seiner Wahl. Fakt ist: Gerade erfolgen die entscheidenden Weichenstellungen für die Zukunft unserer Industrie, und ich freue mich darauf, an vorderster Stelle mit anpacken zu dürfen“.