Peter Altmaier

Nach mehreren Spitzentreffen zwischen Bundeswirtschaftsminister Altmaier und den Spitzenorganisationen der Chemieindustrie wurde der Handlungspakt für die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der drittgrößten Branche in Deutschland beschlossen. (Bild: BMWi/Andreas Mertens)

Bundeswirtschaftsminister Altmaier und die Spitzenorganisationen der chemisch-pharmazeutischen Industrie – VCI, IG BCE und BAVC – hatten an dem Papier in einem intensiven Arbeitsgruppenprozess und mehreren Spitzentreffen gearbeitet. Beschlossen wurden nun die zentralen Handlungsfelder für die Transformation der Branche. Die Unterstützung von Bundesminister Altmaier bei den Herausforderungen der Branche sei „ein ermutigendes Signal“, freute sich etwa VCI-Präsident Christian Kullmann.  

Die wichtigsten Punkte im Handlungspakt Chemie- und Pharmastandort Deutschland:

  • Standortpolitik: Die Partner verständigten sich auf einen Anstieg der Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) auf 3,5 % des Bruttoinlandsproduktes sowie auf eine Bildungs- und Qualifizierungsoffensive, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Genehmigungsverfahren sollen erheblich beschleunigt werden, die Steuer- und Abgabenbelastung der Unternehmen soll „auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau“ kommen.
  • Transformation: Der European Green Deal und die Europäische Industriestrategie sollen miteinander verbunden und marktwirtschaftlich umgesetzt werden. Die Projektförderung für Schlüsseltechnologien, wie die Biotechnologie, Advanced Materials and Manufacturing, die Elektromobilität und chemisches Recycling soll intensiviert werden.
  • Klimaschutz: Die Partner VCI, IG BCE und BAVC und das Wirtschaftsministerium betonen im Handlungspakt die Schlüsselrolle der Chemieindustrie für eine treibhausgasneutrale Wirtschaft. Dafür brauche es aber insbesondere wettbewerbsfähige Strompreise. Ziel soll es daher unter anderem sein, dass die EEG-Umlage in den nächsten fünf Jahren schrittweise abgesenkt und schließlich ganz abgeschafft wird.
  • Chemikalienpolitik: Die EU-Chemikalienstrategie stellt die Industrie vor große Herausforderungen. Verschiedene Maßnahmen sollen daher die Strategie und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Industrie miteinander vereinbar machen.
  • Pharmapolitik: Die Partner wollen Deutschland als Pharmastandort stärken und Abhängigkeiten in diesem Bereich verringern. Eine Maßnahme dafür: Die freie Marktpreisbildung im ersten Jahr soll erhalten und die Vertraulichkeit der Erstattungsbeträge hergestellt werden.
  • Governance: Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften sollen weiter im Dialog bleiben. Das Wirtschaftsministerium soll daher künftig in regelmäßigen Abständen Monitoringbericht zur industriellen Entwicklung und industriepolitischen Maßnahmen sowie Handlungsempfehlungen herausgeben.

Das komplette Konzept gibt es hier zum Abruf.

Die Stimmen zum Handlungspakt

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier: „Die Herausforderungen für die Chemie und Pharmaindustrie sind gewaltig. Gleichzeitig hat die Branche in der Pandemie, zum Beispiel bei Impfstoffen, Desinfektionsmitteln und Medizinprodukten gezeigt, welche große Lösungskompetenz in ihr steckt. Die Branche geht auch die Transformation hin zur CO2-Neutralität engagiert und in einer beispiellosen, gelebten Sozialpartnerschaft an. Wirtschaft, Politik, Gewerkschaften und Wissenschaft müssen hier eng zusammenarbeiten, wenn wir die industrielle und technologische Souveränität in Deutschland sichern und die Rahmenbedingungen für Schlüsseltechnologien und Basisinnovationen weiter verbessern wollen. Das Wirtschaftsministerium wird diesen Weg der Branche unterstützen. Dafür setze ich mich mit Nachdruck ein."

Auch VCI-Präsident Christian Kullmann betonte die Bedeutung des Handlungspaktes Chemie und Pharma für die politischen Weichenstellungen zum Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit der Branche: „Die Chemie- und Pharmaindustrie entwickelt Lösungen für die Herausforderungen der Zukunft. Dazu gehören zum Beispiel Klimaschutz, Mobilität, industrielle Gesundheitswirtschaft und Ernährung. Unsere Branche ist der Schlüssel für die Transformationsaufgabe zur Klimaneutralität. Wir werden sie nur bestehen, wenn wir riesige Mengen erneuerbarer Energie zu günstigen Preisen bekommen, den Mittelstand mit Bürokratieabbau und Planungsbeschleunigung mitnehmen und auch die Pharmaunternehmen und die industrielle Gesundheitswirtschaft stark bleiben. Auch in Europa brauchen wir eine gemeinsame Stimme angesichts vor uns liegender Herausforderungen wie der Europäischen Chemikalienstrategie. Die Unterstützung von Bundesminister Altmaier dafür ist ein ermutigendes Signal. Der Handlungspakt setzt den Rahmen für unsere Industrie, den eine künftige Bundesregierung unbedingt aufgreifen sollte.” 

Der IG-BCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis sagte: „Die Transformation der Industrie werden wir in den kommenden Jahrzehnten nur mit einem gesamtgesellschaftlichen Kraftakt erfolgreich gestalten können. Erforderlich sind die Solidarität und Kooperationsbereitschaft aller Spieler auf dem Feld. Deshalb ist es wichtig, dass Politik, Wirtschaft und Gewerkschaft in der chemisch-pharmazeutischen Industrie vormachen, wie ein enger Schulterschluss aussehen kann. Das gilt nicht nur für Deutschland, sondern auch mit Blick auf Europa. Hier müssen wir gemeinsam eine Sprache sprechen: zur EU-Chemikalienstrategie, Energie- und Klimapolitik sowie zur Stärkung des kontinentalen Pharmanetzwerks – damit wir den Green Deal auch sozial und wirtschaftlich nachhaltig machen und europäische Wertschöpfungsketten sichern. Jetzt gilt es, den Wandel voranzutreiben und die Branche als Garant für Wohlstand und Gute Arbeit weiterzuentwickeln. Unser gemeinsamer Handlungspakt legt den Grundstein dafür.“

BAVC-Präsident Kai Beckmann bekräftigte die Notwendigkeit für eine auf Wettbewerbsfähigkeit und Innovation ausgerichtete Branchenstrategie: „In Deutschland haben wir beste Voraussetzungen, um ein Gewinner der Transformation zu werden. Wir haben kluge Köpfe, innovative Unternehmen und eine eingespielte Sozialpartnerschaft. Aber wir haben auch zu viele Baustellen: Wir müssen Nachhaltigkeit dreidimensional denken – ökologisch, sozial und ökonomisch. Wir müssen Staat, Wirtschaft und Gesellschaft umfassend digitalisieren und weiße Flecken bei der Netzinfrastruktur eliminieren. Auch der Trend zu mehr Staat und mehr Regulierung ist nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems. Unser gemeinsamer Handlungspakt zeigt auf, wo wir besser werden müssen. Jetzt kommt es darauf an, dass Politik, Unternehmen und Sozialpartner an einem Strang ziehen.“

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