Elektrische Begleitheizsysteme in der Verfahrenstechnik
Präzise Temperierung bei gleichzeitig hoher Energieeffizienz gehören zu den größten Herausforderungen in der Verfahrenstechnik. Beide Anforderungen lassen sich durch elektrische Begleitheizungssysteme lösen.
Julia Kowal, Redakteurin, WordfinderJulia Kowal, Redakteurin,Wordfinder
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Präzise Temperierung bei wirtschaftlicher Effizienz ist eine der großen Herausforderungen für die chemische Verfahrenstechnik.(Bild: iStock)
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Sowohl bei der Verarbeitung als auch beim Transport sind die Anforderungen an eine präzise Temperaturregelung hoch – um Rohmaterialien und Basisstoffe in verarbeitbarem Zustand zu halten und gezielte Reaktionen bei gleichzeitiger Anforderung zum Ex-Schutz hervorzurufen. Enge Temperaturfenster müssen präzise eingehalten werden. Zugleich steigt die Bedeutung, verantwortungsvoll mit energetischen Ressourcen umzugehen. Heizsysteme, die sich mit erneuerbaren Energien betreiben lassen, werden damit immer wichtiger und gefragter.
Für Unternehmen ist die Begleitheizung im komplexen Anlagenbau eher eine Randerscheinung, der sie oftmals wenig Aufmerksamkeit schenken. Dabei ist die Temperaturkontrolle in vielen chemischen Prozessen oberstes Gebot, weil sie die Prozesse sicherstellt. Abweichungen von den vorgesehenen Temperaturen können chemische Reaktionen beeinflussen, zu unkontrollierten Druckanstiegen führen oder die Bildung kritischer Gase begünstigen. Um diesen Gefahren entgegenzuwirken und die Sicherheit – insbesondere beim Explosionsschutz – zu gewährleisten, kommt es im Wesentlichen auf Begleitheizsysteme an, die die Rohstoffe auf der gewünschten Temperatur halten und dabei absolute Zuverlässigkeit garantieren müssen.
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Denn die gasförmigen, flüssigen oder festen Stoffe entfalten ihre besonderen Eigenschaften nur bei bestimmten Temperaturen, und die gewünschten Reaktionen lassen sich nur bei einer gewissen Prozesswärme hervorrufen. Wie hier die Anforderungen an Begleitheizungen in der Verfahrenstechnik sind, weiß Thomas Stuff, Head of CES beim Heizungsspezialisten Eltherm. Das 1991 gegründete, weltweit agierende Unternehmen mit Sitz im Siegerland entwickelt elektrische Begleitheizlösungen und bietet maßgeschneiderte Lösungen für eine Vielzahl von Anwendungen, von Frostschutz und Temperaturhaltung bis hin zur Beheizung ganzer Chemieanlagen. Der Anbieter stellt seine Begleitheizsysteme in Deutschland her und ist unter anderem Systemlieferant für die Verfahrenstechnik. Stuff erklärt: „Bei sensiblen Stoffen haben wir ein Temperaturfenster von +/-1 Kelvin. Wird dieses nicht eingehalten, ist das Medium oftmals nicht mehr zu verwenden.“ Die genaue Temperierung ist dabei über die gesamte Prozesskette relevant und streng reglementiert: von der Reaktion der Medien über die Herstellung, Zwischenlagerung, den Transport zum Beispiel in Tankcontainern bis hin zu Verladeeinrichtungen beim Endkunden.
Heizkreise in der chemischen Industrie können routinemäßig eine Gesamtlänge von 50 km erreichen.(Bild: Eltherm)
Komplexität der Begleitheizsysteme liegt im Engineering
Ein Großteil der Rohrleitungen in Chemieanlagen wird beheizt, wobei die Beheizung zumeist von außen erfolgt. Diese Begleitheizungen müssen dabei Temperaturen garantieren können, die vom Frostschutz bis zu 700 °C reichen. Neben den Leitungen müssen sie auch Behälter und Armaturen beheizen. Die Komplexität der Begleitheizsysteme liegt dabei nicht im Heizkreis als solchem: „Für Hersteller ist das sehr rudimentär: Ein Heizkreis ist immer einfach ein Heizkreis. Das Knowhow zeigt sich in der Zusammenführung, Anordnung und Regelung der Heizkreise“, erklärt Stuff. 1.000 Heizkreise mit insgesamt 50 km langen Heizleitungen sind in Chemiebetrieben absolut üblich, die Komplexität lässt sich auf das Engineering runterbrechen und ist in jedem Betrieb eine andere. „Das Engineering ist nie von der Stange“, so Stuff, „die Begleitheizsysteme sind immer Sonderanfertigungen.“
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Ausgerichtet wird die Planung von Begleitheizlösungen an den individuellen Anforderungen der einzelnen Kunden und Märkte. Je nach Werksstandort sind gewisse Produkte ohnehin vorgegeben, zusätzlich stellen sich in den Betrieben Spezifikationen an Temperaturen und Normen. Anhand dieser Vorgaben entwickeln Hersteller passgenaue Lösungen und konzipieren individuelle Systeme aus ihrem Portfolio, das Heizleitungen, Heizschläuche, Heizmatten, Heizmanschetten und Sonderbeheizungen umfasst. Heizleitungen und Heizbänder zum Beispiel kommen bei Temperaturen bis 700 °C zum Einsatz, Heizschläuche bis 260 °C, Heizmatten und -manschetten bis 450 °C. Je nach Rohstoffen und erforderlicher Prozesswärme werden in den Betrieben unterschiedliche Temperaturfenster benötigt, um Medien zu verarbeiten und förderfähig zu halten.
Zudem spielt der Explosionsschutz in der Chemie eine übergeordnete Rolle: In Ex-Zonen dürfen bestimmte Temperaturgrenzen (T-Klassen) auf keinen Fall überschritten werden. Die eingebauten Heizprodukte müssen deshalb absolut zuverlässig und für den Ex-Bereich zertifiziert sein, um Katastrophen zu verhindern. Bei der Auswahl des Heizsystemherstellers sollte auch darauf geachtet werden, dass die vorgegebenen Produktschulungen für den Ex-Bereich angeboten werden, um zum Beispiel den Kunden für die Montage der jeweiligen Produkte zu qualifizieren.
Elektrische Begleitheizungen lassen sich effizient regeln
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Neben dem Ex-Schutz wird bei Heizsystemen auch die Energieeffizienz immer relevanter. „Früher wurde darauf weniger Wert gelegt“, beschreibt Stuff, „heute hat sich der Fokus nicht zuletzt wegen der steigenden Energiekosten verschoben.“ Deshalb werden elektrische Begleitheizlösungen zunehmend wichtiger, weil sie jedwede zur Verfügung stehende Energie nutzen können – auch nachhaltige, erneuerbare Energie. Da chemische Erzeugnisse mit einem Anteil von rund 42 % den Hauptanteil des Energieverbrauchs im verarbeitenden Gewerbe halten, ist die Verantwortung, Prozesse effizienter zu gestalten, hier besonders groß.
Moderne, elektrische Begleitheizungen lassen sich überdies intelligent steuern: Über Leistungssteller kann die Kapazität der elektrischen Begleitheizung auf den Bedarf optimal angepasst werden. Gepaart mit einer Rampenfunktion kann auch Energie in den Prozess eingebracht werden, die sich allmählich entfaltet. Bei Bedarf wird viel Energie eingebracht, wenn möglich aber nur wenig und mitunter auch solche, die sich allmählich entfaltet. Elektrische Begleitheizungen verbrauchen so nur die tatsächlich benötigte Energie.
Erneuern lassen sich Begleitheizsysteme in bestehenden Chemiebetrieben aufgrund der festgelegten Abstellungen nur sukzessive. Die Installation einer Neuanlage mit bis zu 1.000 Heizkreisen ist in einer Abstellung nicht möglich. Solche Projekte gehen meist nur mit dem Neubau einer Anlage einher“, weiß Stuff. Punktuelle Erneuerungen und Modifikationen hingegen lassen sich teilweise sogar im laufenden Betrieb vornehmen. Wichtig ist, dass Systemanbieter einen umfassenden Service bieten und bei Bedarf – wenn zum Beispiel Defekte auftreten sollten – schnell zur Stelle sind: Von Vorteil ist, wenn Hersteller Auslegung, Fertigungstiefe, Montage, Wartung und Instandsetzung aus einer Hand anbieten und möglichst vor Ort ansässig sind. „In Deutschland zu produzieren und daher schnell liefern zu können, stellt sich als großer Vorteil dar“, unterstreicht Thomas Stuff. Steht eine Anlage nämlich aufgrund einer defekten Begleitheizung, entsteht in den Betrieben schnell ein hoher, finanzieller Schaden. Thomas Stuff: „Da können schnell Kosten in Höhe eines sechsstelligen Betrags entstehen. Dank der Produktion in Deutschland und unserer schnellen Reaktionsfähigkeit sind wir bei Eltherm in der Lage, dies abzuwenden.“