Flugzeug über Sonnenblume

(Bild: Eisenhans – Adobe Stock)

Bei den aktuellen Initiativen zur Schaffung nachhaltiger Raffinerie- und Petrochemie-Produkte spielt die Luftfahrtindustrie eine wesentliche Rolle. Markt und Gesetzgebung verlangen zunehmend nach nachhaltigem Kerosin. Der Bedarf an Kohlenwasserstoff-basiertem Flugkraftstoff, derzeit fast noch ausschließlich konventionell aus Rohöl hergestellt (Jet A1), wird in den nächsten Jahren aufgrund des weiter zunehmenden Flugbetriebs deutlich ansteigen. Gleichzeitig besteht im Bereich der Großraumflugzeuge nur sehr wenig Potential für andere Substitute wie z.B. Wasserstoffantriebe oder batteriebetriebene Flugzeuge.

100 % statt 50 % nachhaltig

Mögliche Alternativen sind nachhaltige Flugkraftstoffe (Sustainable Aviation Fuels, kurz SAF), die ohne große Modifikationen der Antriebe und der Infrastruktur als drop-in Kraftstoffe Anwendung finden. Hier existieren seit Jahren zahlreiche Technologien auf Basis von nachwachsenden oder synthetischen CO2-basierten Rohstoffquellen. Allen derzeitigen SAFs ist gemeinsam, dass sie in einer Mischung mit konventionellem Jet Fuel verwendet werden, je nach Herstellungsroute bis zu einer Menge von max. 50%.

Mit dem Projekt-Konsortium M2SAF haben sich Unternehmen mit dem Ziel zusammengetan, ein Verfahren zu entwickeln, das neben der Herstellung eines 100% drop-in fähigen SAF auch die dafür eingesetzte Prozessroute möglichst selektiv, mit minimalen zusätzlichen CO2 Emissionen und mit einem hohen Grad der Integrierbarkeit in bestehende Strukturen oder Neu-Installationen ermöglicht. Das auf 2,5 Jahre ausgelegte Entwicklungsprojekt wird vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) mit einer Gesamtsumme von ca. 5,2 Mio. Euro gefördert. Erfolgreich gestartet wurden die Aktivitäten im August 2022. Das Projekt umfasst neben der Katalysatorentwicklung, der Verfahrensentwicklung, der Anlagenintegration und der Auslegung einer Demo-Anlage auch die techno-ökonomische und ökologische Analyse sowie begleitende Unterstützung bei der Zertifizierung und Analyse der neuen Flugkraftstoffe.

Die Zusammensetzung des Konsortiums vereint dabei unterschiedlichste und sich ergänzende industrielle und akademische Expertisen:

BASF Process Catalysts entwickelt als weltweit führender Hersteller innovative Chemie- und Raffinerie-Katalysatoren, die sich an den Bedürfnissen ihrer Kunden orientieren. Im M2SAF-Projekt übernimmt BASF Process Catalysts die Katalysatorentwicklung und -bereitstellung. Dabei greift BASF Process Catalysts auf das breite Portfolio kommerzieller Katalysatoren zurück und erarbeitet zudem mit der Forschung und Entwicklung neue und innovative Lösungen für die M2SAF-Wertschöpfungskette.

thyssenkrupp Uhde verfügt als international tätiger Anlagenbauer über umfangreiche Engineering- und Kommerzialisierungs-Kompetenz und ist darüber hinaus als Verfahrensgeber zahlreicher nachhaltiger Technologien aktiv. Im M2SAF Projekt übernimmt thyssenkrupp Uhde die Entwicklung der Technologie, die Optimierung der Prozessschritte bezüglich Reaktionsführung und Effizienz, die Integration der Einzelprozesse in ein ökonomisches und nachhaltiges Gesamtverfahren sowie das Design der Demoanlage einschließlich der Kostenermittlung einer kommerziellen Anlage.

Die OMV Deutschland als Raffinerie- und Spezialchemie-Standort verfügt über langjährige Erfahrung in der Entwicklung und Umsetzung innovativer Produktionstechnologien. Die Herstellung und Vermarktung von Kerosin (ca. 700 kt/a), unter anderem mit einer eigenen Pipelineanbindung zum Flughafen München, gehört neben der Petrochemie zu den Kerngeschäftsbereichen am Standort Burghausen und im Konzern. Mit ihrem Know-how zum Thema SAF und bei der Entwicklung und dem Bau flexibler Pilotanlagen – und insbesondere deren Integration in bestehende Anlagenstrukturen bis hin zur Skalierung auf großindustrielle Produktion - leistet die OMV einen wertvollen Beitrag im M2SAF Entwicklungsteam.

Das DLR verfügt im Bereich der Bewertung synthetischer Luftfahrttreibstoffe über vielfältige Erfahrungen, Methoden und internationale Netzwerke. Als Mitglied der ASTM unterstützt das DLR die Gestaltung neuer Normen (z.B. eines 100% SAFs). Für die Zulassung neuer Treibstoffe ist das DLR Ansprechpartner für das Treibstoff-Prescreening. In M2SAF bewertet das DLR die Zulassungsfähigkeit der erzeugten Treibstoffe mittels fortschrittlicher Machine-Learning Modelle sowie das Herstellungsverfahren mittels techno-ökonomischer und ökologischer Analyse.

ASG ist ein durch die DAkkS zertifiziertes Prüflabor für Analytik von Kraftstoffen und beschäftigt sich mit Standard- und Spezialanalytik für flüssige, feste und gasförmige Kraft- und Brennstoffe. Dabei stehen neben fossilen vor allem regenerative Kraftstoffe im Fokus, für deren spezifische Analyse die ASG in der Lage ist, Verfahren wie die zweidimensionale Gaschromatographie zu adaptieren. Für das M2SAF-Projekt werden diese Methoden mit neuartigen Detektoren kombiniert, um zusammen mit etablierten Methoden die vollständige Charakterisierung der komplexen Stoffgemische einschließlich Spurenbestandteilen zu ermöglichen. Zur Umsetzung der Ergebnisse in allgemein verfügbare Kraftstoffnormen verfügt ASG zudem über jahrelange Expertise in nationalen und internationalen Normungsgremien.

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