Das IPCEI Wasserstoff ist ein europäisches Projekt, an dem insgesamt 24 Mitgliedstaaten und Norwegen beteiligt sind. Während staatliche Beihilfen für Unternehmen nach europäischen Recht sonst nicht ohne Weiteres möglich sind, dürfen die dort ausgewählten Projekte offiziell gefördert werden. In Deutschland stehen für das Projekt in Summe über 8 Mrd. Euro an Fördermitteln zur Verfügung, bereitgestellt durch Bund und Länder.
Das IPCEI gliedert sich in verschiedene Bereiche, sogenannte Wellen. Die erste Welle "Hy2Tech" umfasst Technologien und Verfahren, die über den derzeit auf dem Markt verfügbaren Stand hinausgehen, und sie große Verbesserungen hinsichtlich Leistung, Sicherheit und Umweltschutz ermöglichen sollen. Die Hy2Infra-Welle ergänzt die Technologie- und Endnutzerprojekte durch die Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff und den Aufbau von Transport- und Speicherinfrastruktur. An der zweiten Welle, Hy2Use, ist Deutschland nicht beteiligt.
Hier finden Sie die Übersicht zu den geförderten deutschen Projekten im IPCEI Wasserstoff:
Die geförderten Projekte umfassen die gesamte Wertschöpfungskette des Wasserstoffs. Allein die dritte Welle enthält Projekte für die Produktion von grünem Wasserstoff durch Elektrolyseure mit bis zu 1,4 GW Wasserstofferzeugungskapazität, die mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Hinzu kommen Speicherlösungen für Wasserstoff, für eine effiziente und sichere Lagerung von bis zu 370 GWh. Außerdem geht es um leitungsgebundene Infrastruktur von bis zu 2000 km Länge, um den Transport und die Verfügbarkeit von Wasserstoff zu ermöglichen. Außerdem umfasst die Welle die Nutzung von flüssigen organischen Wasserstoffträgern (sogenannte "Liquid Organic Hydrogen Carriers" (LOHC) für den Transport von etwa 1.800 t Wasserstoff pro Jahr.
Die IPCEI-Leitungsprojekte sind ein wichtiger Baustein für das Wasserstoff-Kernnetz, mit dem ein zügiger und kosteneffizienter Aufbau des Wasserstoff-Transportnetzes in Deutschland bis 2032 erfolgt. Mehr zu den Plänen zum Aufbau eines Wasserstoff-Netzes in Deutschland und Europa lesen Sie hier.
Ein besonderer Fokus im IPCEI liegt zudem auf dem Zusammenwirken einzelner Projekte. So bilden gleich mehrere Vorhaben bundesländerübergreifende Cluster aus Leitungs-, Speicher- und Erzeugungsinfrastruktur mit Anbindung an industrielle Abnehmer in energieintensiven Bereichen, wie der Stahl- und Chemieindustrie. Weitere Projekte sollen durch die Leitungsanbindung von Nachbarländern (wie den Niederlanden) künftig Pipeline-basierte Wasserstoffimporte nach Deutschland ermöglichen. Im Folgenden stellen wir verschiedene Groß- und Verbundprojekte näher vor:
Get H2 – Ausgangsbasis für ein europäisches Wasserstoffnetz
Sieben Unternehmen aus der Initiative Get H2 wollen zeigen, wie rasant sich die Planung der nationalen und europäischen Wasserstoffwirtschaft entwickelt. Das Konsortium plant, eine grenzüberschreitende Infrastruktur für Wasserstoff aufzubauen – angefangen bei der Erzeugung von grünem Wasserstoff über den Transport bis hin zur industriellen Nutzung. Von Lingen (Emsland) bis nach Gelsenkirchen und von der niederländischen Grenze bis nach Salzgitter sollen Erzeugung, Transport, Speicherung und industrielle Abnahme von grünem Wasserstoff in mehreren Schritten zwischen 2024 und 2030 unter dem Dach des Gesamtprojektes verbunden werden. Im Einzelnen haben sich die Unternehmen BP, Evonik, Nowega, OGE, RWE, Salzgitter Flachstahl und Thyssengas, die alle Partner der Wasserstoffinitiative Get H2 sind, folgendes vorgenommen: In Lingen (Emsland) erzeugt RWE über eine Elektrolyse grünen Wasserstoff. Ab 2024 wird damit die BP-Raffinerie in Gelsenkirchen versorgt. Der Transport erfolgt größtenteils über bestehende Leitungen des Gasnetzes, die auf Wasserstofftransport umgestellt werden. 2025 ist die Erweiterung des Netzes bis zur niederländischen Grenze geplant, 2026 soll durch RWE ein Kavernenspeicher in Gronau-Epe integriert werden. Bis 2030 soll das Netz bis zum Stahlwerk Salzgitter ausgebaut sein und ggf. an weitere Netze anknüpfen. Das Netz soll den Ausgangspunkt für ein größeres deutsches und europäisches Wasserstoff-Netz bilden.
Clean Hydrogen Coastline – Windkraft zu Wasserstoff
Auch das Projekt Clean Hydrogen Coastline ein Verbund aus Partnern der gesamten Wertschöpfungskette: Zusammengeschlossen haben sich im Nordwesten Deutschlands Arcelor Mittal Bremen, EWE, Faun, Gasunie, SWB und Tennet. Ihr Ziel: Eine marktrelevante Integration und Skalierung der Wasserstoff-Technologie in das deutsche und europäische Energiesystem. Bis zum Jahr 2026 wollen die Partner bis zu 400 MW Elektrolysekapazität mit entsprechender Speicherung von Wasserstoff zielgerichtet ins Energiesystem bringen.
„In Nordwest-Deutschland ist es aufgrund hoher Erzeugungskapazitäten von erneuerbaren Energien möglich, Elektrolyseanlagen auch im großen Maßstab systemdienlich einzubinden“, sagt Tim Meyerjürgens, Geschäftsführer des Übertragungsnetzbetreibers Tennet. Die Grundlage einer nachhaltigen Wasserstoffwirtschaft ist in den Augen der Projektpartner aber auch ein gesicherter Absatzmarkt von grünem Wasserstoff, zum Beispiel in Industrieanwendungen. Hier bietet der Stahlstandort Bremen großes Potenzial. „Das Projekt Clean Hydrogen Coastline ist für uns ein wichtiger Startpunkt für die klimaneutrale Herstellung von Stahl“, sagt Reiner Blascheck, Vorstandsvorsitzender von Arcelor Mittal Bremen. Bis zum Jahr 2026 beabsichtigt der Stahlhersteller am Standort den Bau einer Eisenerz-Direktreduktionsanlage und eines Elektrolichtbogenofens, um damit im ersten Ausbauschritt 1,5 Mio. t Rohstahl mit deutlich geringeren CO2-Emissionen herzustellen. Im Bereich Verkehr ist unter anderem der Aufbau eines dezentralen Tankstellennetzes für Wasserstoff geplant. Mehr zur Nutzung von Wasserstoff in der Stahlindustrie und der Mobilität finden Sie in unserem Spezialartikel dazu.
Doing Hydrogen – Wasserstoff-Hub für Ostdeutschland
Vom Nordwesten in den Osten Deutschlands: Die beiden Ferngasnetzbetreiber Gascade und Ontras planen mit dem Projekt Doing Hydrogen eine starke Plattform für die Wasserstoffwirtschaft in Ostdeutschland. Das Projekt soll die deutsche Wasserstoffwirtschaft unterstützen und ist nach Angaben der Partner das bislang größte geplante Wasserstoffprojekt in Ostdeutschland. Es bildet eine Plattform, über die Projekte innovativer Produzenten, Ferngasnetzbetreiber und großer Verbraucher verbunden sind. Ab 2026 soll ein Hub für klimaneutralen Wasserstoff (H2) in Ostdeutschland entstehen. Dabei dient das H2-Transportsystem, das Gascade und Ontras errichten wollen, als verbindendes Element. Dieses Transportsystem wird nach den Planungen zu etwa zwei Dritteln durch die Umstellung bestehender Erdgasinfrastruktur und zu einem Drittel durch Neubau ergänzender H2-Leitungen gebildet. So soll ein Startnetz von insgesamt 475 km Länge entstehen, das Produktions- und Verbrauchspunkte in Mecklenburg- Vorpommern, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Berlin miteinander verbindet.
Wasserstoffverbund Hamburg – Hafen als besondere Wasserstoff-Plattform
In Hamburg wiederum haben die Unternehmen Airbus, Arcelor Mittal, Gasnetz Hamburg, GreenPlug, Hamburger Hafen und Logistik, Hamburg Port Authority, HADAG Seetouristik und Fährdienst sowie die Stadtreinigung zusammen mit dem Hamburg Green Hydrogen Hub (bestehend aus Shell, Vattenfall, Mitsubishi Heavy Industries und Wärme Hamburg) – den Wasserstoffverbund Hamburg gebildet. Die Verbundprojekte zur Erzeugung, Verteilung und Nutzung von Wasserstoff soll zur Minderung von Treibhausgasen entscheidend beitragen. Schon 2026 könnten die Verbundpartner durch ihre Anwendungsprojekte die CO2-Emissionen in Hamburg um 170.000 t/a senken. Durch den Einsatz von Wasserstoff mittels Elektrolyse vor Ort, seeseitigen Importen und Anschluss an das europäische Wasserstoffnetz bietet das Verbundprojekt nach Angaben der Partner das Potenzial, dass bis 2030 jährlich mehr als 1 Mio. der aktuell rund 16 Mio. t CO2-Emissionen in Hamburg eingespart werden können.
Geplant ist unter anderem Umwandlung eines Kohlekraftwerks in Hamburg-Moorburg in eine skalierbare 100-Megawatt-Elektrolyseanlage zur Erzeugung von grünem Wasserstoff aus erneuerbaren Energien. Damit soll der Grundstein gelegt werden, um eine vollständige Wasserstoff-Wertschöpfungskette in Hamburg aufzubauen. Der Hafen bildet mit seinem umfangreichen Netz an potenziellen Industrieanwendungen und Dienstleistungspartnern dafür eine besonders geeignete standortspezifische Plattform.
CT-Fokusthema Wasserstoff
In unserem Fokusthema informieren wir Sie zu allen Aspekten rund um das Trendthema Wasserstoff.
- Einen Überblick über die ausgewählten Artikel zu einzelnen Fragestellungen – von der Herstellung über den Transport bis zum Einsatz von Wasserstoff – finden Sie hier.
- Einen ersten Startpunkt ins Thema bildet unser Grundlagenartikel.