Wasser

(Bild: magewriter, Meth Mehr, eyetronic – AdobeStock )

Der Wasserverbrauch der deutschen Industrie ist seit über drei Jahrzehnten rückläufig. Entnahmen Bergbau und Verarbeitendes Gewerbe 2016 in Summe noch rund 5,8 Mrd. m³, waren es 2019 nur noch 4,7 Mrd. m³. Die Fortsetzung dieses Trends ist auch in Zukunft richtig und wichtig, denn durch sich häufende Dürreperioden kann das blaue Gold in manchen Regionen des an sich wasserreichen Deutschlands zu einem knappen Gut werden. „Vor dem Hintergrund der sich dadurch abzeichnenden zukünftig verstärkten Nutzungskonflikte liegt es im eigenen Interesse der Wirtschaft, noch intensiver über den richtigen Umgang mit Wasser nachzudenken“, betont Uli Paetzel. Laut dem Präsidenten der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) könnten die Unternehmen zum Beispiel wassersparende Technologien, Regenwasser oder gereinigtes Abwasser noch konsequenter nutzen.

Technologisch schon lange machbar

Zumindest theoretisch ist das Maximalziel dabei eine gänzlich abwasserfreie Produktion. Technologisch ist diese schon lange keine Zukunftsvision mehr. So ging bereits im Jahr 2016 in San José Chiapa/Mexiko ein Audi-Werk in Betrieb, das diese Leistung für sich beansprucht. Dort werden nach Firmenangaben 100 % des entstehenden Abwassers aufbereitet und anschließend als Betriebswasser, in der Produktion und zum Bewässern der Grünflächen des Werksgeländes eingesetzt. Neben vielen weiteren schon realisierten Lösungen in diversen Branchen werden immer neue Anwendungsfelder für Zero Liquid Discharge (ZLD) erschlossen. So will aktuell ein Konsortium, an dem sich unter anderem die Technische Universität Dresden beteiligt, in dem vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekt „Med-zero Solvent“ innovative, energieeffiziente Methoden für eine abwasserfreie Herstellung von Dialysemembranen entwickeln. Bei deren Produktion fallen stark belastete Prozesswässer an.

Wann sich abwasserfreie Produktion lohnt

Messe München
(Bild: Messe München)

„Wirtschaftlich lohnt sich die Installation einer abwasserfreien Lösung allerdings nur unter bestimmten Rahmenbedingungen“, unterstreicht Elmar Billenkamp, Abteilungsleiter Projektierung & Vertrieb bei Envirochemie. Die Firma aus Rossdorf ist ein international agierender Systemanbieter für industrielle Wasseraufbereitung und -behandlung. Laut dem Experten gehört Wasserknappheit zu den möglichen unternehmerischen Triebfedern. „Wo Wasser günstig und gut verfügbar ist, spielt ZLD in der Regel keine Rolle. In Regionen, in denen Wasser Mangelware ist, kann es sich hingegen häufig lohnen, den Wasserkreislauf zu schließen“, so Billenkamp. Als Beispiel führt er einen Hersteller von Solarpanels in Katar an, in der salzhaltige Abwässer so aufbereitet werden, dass sie wieder in den Wasserkreislauf der Produktion eingespeist werden können.

Ein weiterer Anlass für eine aufwendige betriebsinterne Abwasseraufbereitung sind Probleme mit dem örtlichen Kanalanschluss – sei es durch behördliche Beschränkungen bei der Einleitung oder weil an der Produktionsstätte die entsprechende Infrastruktur ungenügend ist oder gänzlich fehlt. „ZLD ist auch eine Chance, sich von administrativen Entscheidungen unabhängig zu machen. So hat sich ein Automobilhersteller in seinem Motorenwerk in Kasachstan für seine ölhaltigen Abwässer für eine Zero-Liquid-Discharge-Lösung entschieden, weil er die Kosten der Abwasserbehandlung unter Kontrolle halten wollte“, berichtet Elmar Billenkamp.

Hinzu kommt der Trend, dass sich vor allem große Unternehmen zunehmend eigene Umweltziele setzen, die sie im Rahmen von Nachhaltigkeitsstrategien erreichen wollen. Dabei kann ZLD eine wichtige Rolle spielen. „Deutsche Automobilhersteller gehören hier zu den Vorreitern, die sich oftmals sehr strikte Vorgaben für die Entsorgungsmengen ihrer industriellen Abwässer auferlegen“, schildert Thomas Dotterweich, Senior Projektingenieur Vertrieb bei dem auf die Aufbereitung von Industrieabwasser spezialisierten Unternehmen H2O aus Steinen.

Je nach Inhaltsstoffen des behandelten Abwasserstroms können durch ZLD-Verfahren außerdem konzentrierte Feststoffe, Schlämme und Flüssigkeiten entstehen, die sich nicht nur sicher entsorgen, sondern unter Umständen mit einem wirtschaftlichen Vorteil verwenden oder verkaufen lassen. „Beispielsweise ist es bei Salzbadhärtereien möglich, das Konzentrat einer Vakuumdestillationsanlage erneut im Produktionsprozess einzubinden, sodass wertvolle Rohstoffe eingespart werden“, beschreibt Dotterweich. Ein anderes, besonders wirtschaftliches Konzept realisierte ein Automobilzulieferer in Mexiko. Die dort über ZLD anfallenden, hoch ölhaltigen Konzentrate lassen sich zur Energieerzeugung verbrennen, sodass das Unternehmen mit dem Verkauf der Konzentrate sogar noch Geld verdienen kann.

Über solche und ähnliche Themen und Projekte können sich Anwender auf der diesjährigen Ifat in München wieder informieren. Insgesamt zählen Wasseraufbereitung und Abwasserbehandlung zu den größten Ausstellungsbereichen der Messe. Nicht nur an vielen Firmenständen, sondern auch im umfangreichen Vortrags- und Diskussionsprogramm wird die Kreislaufführung von Wasser bei industriellen Produktionsvorgängen – bis hin zu Zero Liquid Discharge – zu den Kernthemen zählen.

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