Verbände zur Einigung im Zollstreit mit USA

Eskalation vermieden, niemand zufrieden

EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen und US-Präsident Trump haben eine Eskalation im Zollstreit vorerst abgewendet. Die Reaktionen der Industrieverbände sind jedoch verhalten: Für Chemieindustrie und Anlagenbau ist der Trost schwach.

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„Wer mit einem Hurrikan rechnet, ist für ein Unwetter dankbar“, kommentierte VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup die geschlossene Einigung. Zwar sei die Gefahr eines Handelskrieges vorerst abgewendet und eine weitere Eskalation vermieden, aber „trotzdem ist der Preis für beide Seiten hoch.“

Die getroffene Grundsatzvereinbarung zwischen EU und USA sieht der Verband der deutschen Chemieindustrie lediglich als „Basis für einen Prozess zur Stärkung der transatlantischen Beziehungen“. Dabei seien die vereinbarten wechselseitigen Zölle jedoch noch viel zu hoch. Vorteilhaft sei nur, dass noch höhere Zölle vermieden wurden. „Jetzt muss die Bundesregierung noch konsequenter agieren, um diesen zusätzlichen Ballast zu kompensieren“, fordert Große Entrup. Um die Industrie auf beiden Seiten des Atlantiks wieder anzutreiben, müssten die Chemiezölle sowohl in den USA als auch der EU in weiteren Verhandlungen weiter gesenkt werden.

„Kehrtwende weg von der Sackgasse eskalierender Zölle“

Ähnlich zweischneidig äußerte sich VDMA-Präsident Bertram Kawlath: "Es ist gut und wichtig, dass die Europäische Kommission mit der Trump-Regierung eine Einigung im Zollstreit erzielt hat, die kurzfristig Planungssicherheit schafft und einen unkalkulierbaren Handelskrieg abwendet. Denn die völlige Unvorhersehbarkeit der vergangenen Monate hat zu einer weit verbreiteten Zurückhaltung auf dem US-Markt und weltweit für europäische Maschinen geführt." Aber auch für den Maschinen- und Anlagenbau sind die verbleibenden Zölle zu hoch: "Dennoch ist ein pauschaler Zollsatz von 15 Prozent für Maschinenimporte in die Vereinigten Staaten eine bedauerliche Entwicklung, die insbesondere die amerikanischen Hersteller belasten wird - also genau jene Akteure, die die Trump-Regierung eigentlich fördern möchte“, so Kawlath.

Auch der VDMA „fordert die EU und die Vereinigten Staaten nachdrücklich auf, dieses Abkommen nicht als 'neue Normalität' zu betrachten, sondern als Kehrtwende weg von der Sackgasse eskalierender Zölle und Handelsbarrieren, die den Wohlstand untergraben und Innovationen behindern.“ Der Verbandspräsident bezeichnete das Abkommen als asymmetrisch, es spiegele aktuelle Machtverhältnisse und Abhängigkeiten wider. Die EU müsse darum ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken und „sich als offenen Wirtschaftsraum des Rechts unter Gleichen behaupten“. Auch Handelsabkommen mit neuen Partnern seien Teil davon.

Von „Schadensbegrenzung“ spricht auch die Industriegewerkschaft IGBCE, sowohl in ökonomischer als auch politischer Hinsicht: „In der EU kann niemand mit diesem Ergebnis glücklich sein, nur weniger unglücklich – angesichts der von Trump ursprünglich in Aussicht gestellten Zölle“, so der Gewerkschaftsvorsitzende Michael Vassiliadis. Er äußerte Unverständnis gegenüber der US-Administration und ihrer Vorgehensweise. „Wenn der Deal etwas Gutes hat, dann, dass er – sofern das bei Trump möglich ist – Planungssicherheit bringt“, so Vassiliadis. Gleichzeitig bestehe die Gefahr, dass die USA aufgrund ihrer hohen Verschuldung langfristig auf die zusätzlichen Einnahmen aus den Zöllen angewiesen seien, und daher Entlastungen bei den Zöllen in naher Zukunft nicht zu erwarten seien. Eine Verdreifachung des Basiszolls werde negative Auswirkungen auf beiden Seiten des Atlantiks haben und Arbeitsplätze kosten. „Europas Wohlstandsmotor befindet sich bereits im Zangengriff aus Absatzschwäche, hohen Energie- und CO2-Kosten und Dumping-Importen aus China“, fasste Vassiliadis zusammen. „Der Deal mit den USA wird den Turnaround nochmals erschweren.“