Dyneon-Standort im Chemiepark Gendorf

Die Fluorpolymer-Produktion von Dyneon im Chemiepark Gendorf sollte eigentlich bis 2025 geschlossen werden. (Bild: 3M)

Update vom 3. August 2023: Das Stiftungskonzept (siehe Originalmeldung unten) hätte die Fortführung der Fluorpolymer-Produktion mit ca. 700 Arbeitsplätzen sowie die Lösung der PFAS-Altlastenproblematik ermöglichen sollen. Wie das Landratsamt Altötting mitteilte, hat die Geschäftsleitung von 3M Deutschland diese Lösung nun abgelehnt. Eine Fortführung des Betriebs in Gendorf „durch 3M oder einen Dritten“ stimme „nicht mit unserem geplanten Ausstieg aus der PFAS-Produktion übereinstimmt“, erklärte 3M gegenüber dem Bayerischen Rundfunk.

Landrat Erwin Schneider, der die Idee zusammen mit dem Bundestagsabgeordneten Stephan Mayer im April bei 3M vorgestellt hatte, zeigt sich enttäuscht: „Dass 3M diese Win-Win-Situation für alle Beteiligten ausschlägt und damit die Abwicklung der Fa. Dyneon endgültig besiegelt, ist für mich unverständlich“. Der Landkreis hat nach der Absage durch 3M zwischenzeitlich „eine renommierte Anwaltskanzlei“ mit der Prüfung und Geltendmachung von Ansprüchen aus Verursacherhaftung für die jahrzehntelange, großflächige und tiefgründige PFAS-Verunreinigung in Boden und Grundwasser beauftragt.

Originalmeldung vom 6. Juli 2023:

Für das Bayerische Chemiedreieck war es alles andere als ein Geschenk: Kurz vor Weihnachten 2022 hatte der US-amerikanische 3M-Konzern angekündigt, bis 2025 komplett aus der Produktion von per- und polyfluorierten Alkylverbindungen, sogenannten PFAS, aussteigen zu wollen. Dies bedeutete auch das drohende Aus für die Tochtergesellschaft Dyneon, die im Chemiepark Gendorf Fluorpolymere produziert, die zur PFAS-Gruppe gehören. Denn der Mutterkonzern entschied sich statt für einen Verkauf für eine komplette Schließung des Werkes mit seinen knapp 700 Mitarbeitern.

Hintergrund der Entscheidung war unter anderem das drohende Verbot von PFAS durch die EU-Kommission. Auch in den USA sind die Chemikalien zunehmend unter Beobachtung durch die Behörden. Erst im Juni hat 3M zugestimmt, zur Beilegung verschiedener Rechtsstreits bezüglich möglicher PFAS-Verunreinigungen mehr als 10 Mrd. US-Dollar an Wasserversorger in den Vereinigten Staaten zu bezahlen.

Was ist das mögliche Problem mit PFAS?

PFAS-Polymere haben wegen ihrer Beständigkeit unter extremen Bedingungen und ihrem besonderen Eigenschaftsportfolio in vielen Anwendungen und industriellen Produkten, Maschinen und Anlagen Einzug gehalten und sind heute nahezu allgegenwärtig. Im Kontext mit Kunststoff-, Elastomer- und Gummi-Anwendungen werden PFAS-Polymere beispielsweise in Dichtungen, Kabeln und Beschichtungen eingesetzt. Aufgrund ihrer hohen Beständigkeit sind PFAS jedoch bioakkumulativ und können für die Umwelt eine Gefahr darstellen. Außerdem stehen manche Substanzen im Verdacht verantwortlich für Gesundheitsschäden zu sein.

Stiftung soll Dyneon-Produktion übernehmen

Es verwundert also kaum, dass sich der Konzern aus der PFAS-Produktion zurückziehen will. Doch die Schließung des Standortes in Burgkirchen hätte nicht nur Auswirkungen auf Dyneon selbst. Im Verbund des Bayerischen Chemiedreiecks sind viele weitere Produktionen von den Dyneon-Vorprodukten abhängig. „Eine moderne Industriegesellschaft ist ohne Fluorpolymere heute nicht möglich – vielleicht in 50 Jahren, aber nicht aktuell“, erklärte Dr. Bernhard Langhammer, Sprecher der Initiative Chemdelta Bavaria gegenüber dem BR.

Im Chemiedreieck regt sich daher Widerstand gegen die Dyneon-Schließung – und dieser erhält Unterstützung der Lokalpolitik. So hat der örtliche Landkreis Altötting vorgeschlagen, eine eigene Stiftung zu gründen. Diese könnte die Dyneon-Produktion weiterführen und somit die Arbeitsplätze sowie den Chemieverbund sichern. Nach dem Vorbild der Ruhrkohle (RAG-Stiftung) in Nordrhein-Westfalen könnte die Stiftung darüber hinaus – nach einer Entschädigungszahlung durch 3M/Dyneon sowie weiterer früherer PFAS-Produzenten  – auch für die Aufarbeitung der Umweltschäden verantwortlich zeichnen. „Die Stiftung trägt dann die Ewigkeitskosten“, erklärte Landrat Erwin Schneider.

Politik sieht positive Zeichen für Weiterproduktion

Dies könnte, so die Hoffnung der Initiatoren, auch für 3M eine attraktive Lösung darstellen und den Konzern davon überzeugen, die Produktion doch in andere Hände zu geben und nicht zu schließen. Nach eigener Auskunft hat Landrat Schneider zusammen mit Stephan Mayer, Bundestagsabgeordneter im Wahlkreis, die Idee bereits im April bei 3M in Washington präsentiert – eine Antwort steht bislang noch aus. Schneider gibt sich aber positiv: „Ich kann mir momentan nicht vorstellen, warum man das nicht machen sollte“, sagte er der Passauer Neuen Presse.

Voraussetzung für die Weiterführung der Dyneon-Produktion ist freilich außerdem, dass das PFAS-Verbot nicht in der geplanten Form zustande kommt. Hier laufen derzeit Konsultationen der EU-Chemikalienbehörde ECHA. Dr. Robert Müller, der sich beim Landratsamt um die juristische Ausgestaltung der Stiftungsidee kümmert, sieht hier positive Zeichen. Gegenüber der Passauer Neuen Presse zeigte sich der Jurist überzeugt, das Verbot „nicht so stehen bleiben“ werde, wie ursprünglich geplant.

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