Luftbild des Chemieparks Gendorf, das ansässige Unternehmen Dyneon ist durch Schließung durch den Mutterkonzern 3M bedroht.

Luftbild des Chemieparks Gendorf, das ansässige Unternehmen Dyneon ist durch Schließung durch den Mutterkonzern 3M bedroht. (Bild: Chemiedelta Bavaria)

Dyneon stellt am Standort Gendorf Fluorpolymere her, die von weiteren Unternehmen am Verbundstandort und in der Region des bayerischen Chemiedreiecks als Rohstoffe genutzt werden. Die Produkte gehören jedoch zur umstrittenen Klasse der Polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) Der Dyneon-Mutterkonzern bereitet sich mit dem geplanten Ausstieg aus der PFAS-Produktion auf ein mögliches Verbot dieser Substanzen vor. Anstatt Dyneon zu verkaufen, hat der Konzern die Standortschließung für Ende 2025 angekündigt. Direkt betroffen davon wären rund 700 Mitarbeiter. Durch den Wegfall von Vorprodukten könnten rund 300 weitere Jobs bei Verbundpartnern auf dem Spiel stehen.

Risiken für die Verbundpartner

Dieses Verbundsystem hob auch Chemdelta Bavaria, die Gemeinschaftsinitiative von 18 ansässigen Chemieunternehmen im Chemiedreieck Bayern, hervor: „Eingriffe in dieses sensible System bergen immer auch Risiken für die Verbundpartner, sei es in Form von Versorgungsausfällen oder aber durch Kostensteigerungen infolge von Kostenprogressionen bzw. der Übernahme bestehender Fixkosten“, heißt es in einer Stellungnahme der Initiative. „Damit könnte sich – zusätzlich zu den bereits hohen Energiekosten und weiteren Standortnachteilen – die Wettbewerbsfähigkeit der Region weiter verschlechtern, so dass diese unter Umständen einen Kipppunkt erreicht.“

Was sind PFAS?

PFAS steht für Poly- oder Per-Fluorierte AlkylSubstanzen, also Kohlenwasserstoff-Ketten, in denen der Wasserstoff weitgehend oder vollständig durch Fluoratome ersetzt ist. Es handelt sich also um langkettige Verwandte des PTFE, also Teflon. Diese Verbindungen sind chemisch sehr widerstandsfähig und inert, damit aber auch besonders langlebig. Sie können sich in der Umwelt sowie in lebenden Organismen anreichern, beim Menschen besonders in der Leber. PFAS gelten als leberschädigend und krebserregend. Wegen ihrer Stabilität sowie ihrer gleichermaßen fett- und wasserabweisenden Eigenschaften kommen sie in sehr vielen Bereichen in Industrie nd Haushalt zum Einsatz, etwa in Schmier- und Reinigungsmitteln, aber auch zahlreichen Beschichtungen für Oberflächen. Diese weite Verbreitung trägt zur Anreicherung über die Nahrungskette bei.

Am Donnerstag, 9.2.2023, machten sich Bayerns Ministerpräsident Söder und Landeswirtschaftsminister Aiwanger vor Ort ein Bild der Lage und sprachen mit Vertretern der betroffenen Unternehmen im Chemiepark Gendorf. Die Chemieindustrie ist wichtiger Arbeitgeber und Wirtschaftsfaktor in der Region. Die Politiker versprachen, sowohl beim Mutterkonzern 3M als auch bei der deutschen Bundesregierung auf einen Erhalt des Unternehmens hinzuwirken. Aiwanger hatte zu diesem Zweck bereits Anfang Februar einen Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, EU-Binnenmarkt-Kommissar Thierry Breton und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck geschrieben.

Aiwanger kritisierte darüber hinaus die Einschränkungen für die Anwendung ganzer Stoffgruppen wie PFAS. Letztere seien beispielsweise wichtig für die Herstellung vom Membranen, wie sie in Elektrolyseuren, Brennstoffzellen, Windrädern und Lithium-Akkus gebraucht werden. Dyneon ist mit rund 17.000 Tonnen Jahresproduktion bei den Fluorpolymer-Spezialitäten Marktführer in Europa und deckt knapp die Hälfte des europäischen Gesamtbedarfs ab. "Wir lehnen eine derartig breite Regulierung ganzer Stoffgruppen ab, weil wir diese Chemikalien derzeit noch zur Dekarbonisierung der Industrie brauchen", so Aiwanger. Das Ziel müsse es sein, „einen angemessenen Interessensausgleich in Europa zu finden, um einen Verlust an heimischer Produktion und damit auch an Resilienz zu verhindern."

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