
Chemikalien der PFAS-Gruppe werden an zahlreichen Chemiestandorten in Deutschland hergestellt und eingesetzt. (Bild: Chemiepark Gendorf / Sergej Shimanovich – stock.adobe.com)
Den Vorschlag zum Verbot von PFAS haben verschiedene europäische Behörden, darunter auch das deutsche Umweltbundesamt sowie niederländische und skandinavische Behörden, im Januar bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) eingereicht. Grund dafür sind mögliche umwelt- und gesundheitsschädliche Wirkungen der Chemikalien. Ein Verbot der PFAS würde chemikalienrechtlich als Beschränkung im Rahmen der europäischen Chemiekalienverordnung Reach in Kraft treten. Das PFAS-Verbot wäre eine der umfangreichsten Änderungen dieser Verordnung seit ihrem Inkrafttreten 2007. Im März hat die ECHA Konsultationen zu einem möglichen Verbot gestartet. Betroffene Akteure können bis September ihre Informationen und Bedenken einbringen, unter anderem zu Risiken und Alternativstoffen.
Was sind PFAS?
PFAS steht für eine Gruppe von mehreren tausend einzelnen Chemikalien. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie sehr stabil, sowie wasser-, schmutz-, und fettabweisend sind. Wegen dieser Eigenschaften kommen die Chemikalien in verschiedensten Produkten wie Outdoor-Kleidung, Kochgeschirr, schmutzabweisenden Teppichen oder Nahrungsmittelverpackungen zum Einsatz. Zudem finden sie in einer Vielzahl von industriellen Prozessen Verwendung. Eine umfassende Übersicht, welche Produkte von einem PFAS-Verbot noch betroffen wären, finden Sie bei unseren Kollegen vom Fachmagazin Plastverarbeiter.
Die besonderen Eigenschaften der PFAS-Chemikalien führen aber auch zu Nachteilen: PFAS sind so stabil, dass sie lange in der Umwelt verbleiben und sich in Nahrungsketten anreichern können.
An welchen Industriestandorten sind PFAS im Einsatz?
Nach Recherchen der Zeitung Le Monde und 17 weiteren Partnern kommen PFAS in Deutschland bei Unternehmen an mindestens 134 Standorten zum Einsatz. Produziert werden PFAS an sechs Standorten: von Lanxess in Leverkusen, Solvay in Bad Wimpfen, Daikin in Frankfurt am Main sowie von gleich drei Unternehmen im bayerischen Chemiepark Gendorf (Dyneon, W.L. Gore und Anchroma). Die Dyneon-Produktion will der Mutterkonzern 3M auch aufgrund des drohenden Verbots bis Ende 2025 schließen.
Alle Produktions- und Einsatz-Standorte in Deutschland zeigt unsere interaktive Karte:
Produktions- und Einsatzstandorte von PFAS in Deutschland
Was ist das Problem mit PFAS?
PFAS werden durch ihre Stabilität weltweit in Gewässern, Luft und Böden nachgewiesen. Im „Forever Pollution Project“ haben führende Medien, darunter die Süddeutsche Zeitung, Le Monde und The Guardian, mehr als 17.000 Orte mit relevanter PFAS-Verschmutzung recherchiert, 2.000 davon mit besonders hoher Konzentration.
Neben der Umwelt konnten PFAS mittlerweile auch im Blutserum von Menschen nachgewiesen werden. Gut untersuchte PFAS, wie PFOA und PFOS, werden dabei mit verschiedenen Gesundheitsproblemen in Verbindung gebracht, darunter Leberschäden, Störungen der Schilddrüsenfunktion oder Krebserkrankungen und unterliegen der Regulierung. Viele der „neueren“ Chemikalien sind noch nicht umfassend auf ihre umwelt- und gesundheitsschädliche Wirkung untersucht.
Wie kann man PFAS in Lieferketten ersetzen?
Bislang gibt es nur wenig Möglichkeiten, PFAS zu umgehen. Die Chemikalien kommen unter anderem in Pflanzenschutz- und Feuerschlöschmitteln sowie zur Oberflächenbehandlung von Metallen, Kunststoffen, Papier oder Textilien zum Einsatz. Und viele Produkte, in denen sie enthalten sind, sind für die industrielle Produktion hochrelevant, und werden zum Teil bereits weit in der vorgelagerten Lieferkette hergestellt. Ein Verbot von PFAS würde daher zahlreiche Industrie-Unternehmen würde vor Probleme stellen. In Fällen, in denen Unternehmen nicht wissen, ob und wo Zulieferer PFAS-Chemikalien einsetzen, entsteht ein bedeutsames operatives Risiko, worauf der Lieferketten-Experte Marcus Schneider des Unternehmens Assent hinweist. Einen ausführlichen Kommentar von Marcus Schneider lesen Sie hier.
Die PFAS-Lieferketten sind international stark vernetzt. Unsere zweite Karte zeigt die PFAS-Standorte in ganz Europa, erneut auf Basis der Daten des Forever Pollution Project:
PFAS-Standorte in Europa
Es gibt bereits Versuche, PFAS zu ersetzen. Bei Bekleidung wie Outdoorjacken gibt es bereits entsprechend beworbene Produkte. Statt einer beschichteten Pfanne funktioniert auch eine Eisen- oder Emaillepfanne. Diese sind sogar länger haltbar, weil sie kratzfest sind. Und Mehrweggeschirr aus Glas oder Porzellan statt beschichteter Einmal-Pappbecher ist ohnehin besser für die Umwelt. Auch bei Imprägniermitteln kann man anstelle PFAS-basierter Sprays auf natürliche Fette und Wachse zurückgreifen; bei Teppichen statt auf PFAS-Beschichtung auf die natürliche Schmutzabweisung von Wolle. In vielen Anwendungen ist der Ersatz von PFAS jedoch noch völlig ungeklärt.
Um die Substitution von PFAS zu untersuchen, hat das Fraunhofer LBF im Juni ein neues Projekt ins Leben gerufen. Es soll betroffene Unternehmen aus der Industrie dabei unterstützen, die individuellen Herausforderungen und Risiken im Falle eines PFAS-Verbots besser einschätzen zu können.
Auswirkungen des PFAS-Verbots
Ein PFAS-Verbot hätte Auswirkungen auf viele verschiedene Branchen. Gemeinsam mit den Fachmagazinen Plastverarbeiter und KGK Rubberpoint haben wir verschiedene Schwerpunkt-Artikel zusammengestellt:
- Der Lieferketten-Experte Marcus Schneider schildert die Auswirkungen auf die Chemie-Lieferkette
- Vor den Folgen insbesondere auf die Herstellung der Elastomerwerkstoffe FKM und FFKM warnt Dr. H.-Martin Issel, Vorsitzender des Vorstands der Deutschen Kautschuk Gesellschaft
- Wie wichtig PFAS auch im Maschinen- und Anlagenbau sind, zeigen Dr. Sarah Brückner und Thorsten Kühmann vom VDMA
- Auch die Medizintechnik-Branche ist auf die Polymere angewiesen, zeigt Redakteurin Simone Fischer...
- ... genauso wie viele Technologien zur klimaneutralen Transformation
Was Sie über PFAS wissen müssen

Fluorpolymere und weitere fluorhaltige Substanzen sollen verboten werden. Eine ihrer herausragenden Eigenschaften – die Beständigkeit – könnte ihr Verbot bedeuten. Für Sie haben wir das Thema PFAS aus verschiedenen Blickwinkeln während der Widerspruchsfrist beleuchtet und halten Sie künftig zu PFAS-Alternativen auf dem Laufenden. Alles, was Sie zum Thema wissen sollten, erfahren Sie hier.