Podium des Weltklimagipfels in Glasgow

Der 26. UN-Weltklimagipfen in Glasgow hat einen Durchbruch in der internationalen Klimaschutz-Finanzierung erreicht. (Bild: UNCCC)

Während Umweltschützer die Ergebnisse dees 26. Klimagipfels der Vereinten Nationen in Glasgow als ungenügend und unbefriedigend kritisieren, lohnt sich ein Blick auf das "Kleingedruckte" der Abschlusserklärung. Die umstrittene Formulierungsänderung im Hinblick auf den Einsatz von Kohle als Energieträger überschattet medial den Blick auf die Einzelheiten. Auf Druck von Indien und China wurde der Kohleausstiege ("phase out") auf ein deutlich schwächeres "phase down" umformuliert.

Doch wesentlich für konkrete Maßnahmen ist die Formulierung, dass für das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels ein schnelleres und entschiedeneres Handeln notwendig ist, und dass dafür die Kohlendioxid-Emissionen bis 2030 gegenüber dem Status Quo halbiert werden müssen. Zudem haben sich in Glasgow 190 Staaten, Regionen und Organisationen dazu bekannt, aus der Kohleverstromung aussteigen zu wollen.

Wichtig ist zudem der in Glasgow beschlossene Pakt zur Reduzierung von Methan-Emissionen. Die Initiative, der sich fast 100 Staaten auf Initiative der EU und der USA angeschlossen haben, sieht vor bis 2030 30 % der Methanemissionen zu reduzieren. Methan hat über einen Zeitraum von 100 Jahren ein um den Faktor 28 bis 34 höheres Treibhausgas-Potenzial als Kohlendioxid. Die CH4-Emissionen entstehen beim Abbau fossiler Brennstoffe, z.B. durch Lecks an Pipelines und Gasanlagen. Aber auch Mülldeponien und Klärwerke emittieren viel Methan. An zweiter Stelle als Verursacher von Methan-Emissionen steht die Massentierhaltung.

Finanzierung von Klimamaßnahmen - fossile Projekte schwieriger zu finanzieren

Wesentliche Impulse für den Klimaschutz könnten von den Aussagen zur Finanzierung von Klimaprojekten und dem Erschweren von Projektfinanzierungen für fossil befeuerte Kraftwerke ausgehen. So machte beispielsweise die Finanzwirtschaft in Glasgow deutlich, dass sie den Bau von Kohlekraftwerken künftig entweder gar nicht mehr oder nur noch mit hohen Risiko-Aufschlägen finanzieren wird. Auch soll die Subvention von fossilen Energieen künftig zurückgefahren werden - wobei der Passus im Abschlusstext ("Abbau ineffizienter Subventionen") Raum für Ausweichmanöver läst. Immerhin rund 40 Länder wollen die Finanzierung fossiler Energieträger im Ausland beenden. Im September hatte beispielsweise der chinesische Staatspräsident Xi Jinping im Rahmen der Uno-Vollversammlung erklärt, dass China den Bau von Kohlekraftwerken im Ausland in Zukunft nicht mehr finanzieren wird (siehe CT-Bericht vom 22.9.21). Laut einem Spiegel-Bericht ist zudem Deutschland einer Staaten-Allianz beigetreten, die sich dazu verpflichtet hat, nach dem Ende des nächsten Jahres nicht mehr in fossile Energien im Ausland investieren zu wollen. Allerdings sei diese Zusage an die Bestätigung der Runde gekoppelt, dass in Einzelfällen weiterhin Investitionen in Gasinfrastruktur möglich seien.

Beschlossen wurde in Glasgow zudem eine höhere und verbindlichere finanzielle Unterstützung der Industriestaaten für Entwicklungs- und Schwellenländer, die vom Klimawandel besonders stark betroffen sind. So wurde die bereits vorher getroffene Zusage der Industrieländer, ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar für die Entwicklungsländer bereitzustellen, erneut bekräftigt. Denn diese hatten ihr Versprechen bislang nicht eingelöst. Außerdem wurde ein Prozess zur Festlegung eines neuen globalen Finanzierungsziels eingeleitet.

Ein wichtiges Ergebnis ist außerdem der Abschluss des sogenannten Pariser Regelwerks. Es wurde eine Einigung über die grundlegenden Normen im Zusammenhang mit Artikel 6 über Kohlenstoffmärkte erzielt, die das Pariser Abkommen voll funktionsfähig machen sollen. Dies soll sowohl den marktwirtschaftlichen als auch den nicht-marktwirtschaftlichen Ansätzen zur Unterstützung von Abschwächung und Anpassung Sicherheit und Vorhersehbarkeit verleihen. Beobachter schätzen, dass dies insbesondere in Schwellen- und Entwicklungsländern zu mehr Investitionen in Klimaschutz-Maßnahmen führen wird. Außerdem wurden die Verhandlungen über den erweiterten Transparenzrahmen abgeschlossen, der vereinbarte Tabellen und Formate für die Rechenschaftslegung und Berichterstattung über Ziele und Emissionen vorsieht.

Verbände kritisieren Ambitionsgefälle zwischen den Staaten

Der Maschinenbau-Verband VDMA kritisierte die Vereinbarung zum Verbrennerausstieg bei PKW: "Statt 'Zero-Emission‘ vorzugeben, wäre ,Carbon-neutral‘ besser gewesen. Denn die Klimabilanz ist entscheidend, nicht der Auspuff", sagt VDMA-Präsident Karl Haeusgen. Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie, BDI, kritisiert die Ergebnisse: "Das Ambitionsgefälle zwischen den Staaten ist weiterhin sehr groß", sagt BDI Präsidend Siegfried Russwurm: "Dies verlagert die Emissionen in Länder mit weniger strengen Klimaschutzmaßnahmen und belastet einseitig Unternehmen, die, etwa in der EU, bereits große finanzielle Belastungen stemmen müssen."

Wolfgang Große Entrup, Hauptgeschäftsführer im Verband der Chemischen Industrie, VCI, empfiehlt: "Um auch international voranzukommen, sollte die EU jetzt zwei Dinge tun: Die eigenen Ambitionen mit einer Klimadiplomatie flankieren und einen „Klimaclub der Willigen“ mit belastbaren Minderungszusagen auf G20-Ebene gründen. Und sie muss dringend sicherstellen, dass die heimische Industrie während der Transformation nicht unter die Räder kommt." Ein wichtiger Ansatzpunkt wäre, so Große Entrup, ein globaler Emissionshandel gemeinsam mit Partnern außerhalb der EU: "Die Spielregeln dafür sind in Glasgow zwar besser definiert worden, konkret wurde man aber nicht. Ein weltweiter Standard für die Bepreisung von CO2 würde dem Klimaschutz massiv helfen."

Sie möchten gerne weiterlesen?