Blick auf Schreibtisch auf an dem Personen sitzen mit Laptop und Papieren darauf

Deutschland hat durchaus eine Start-up-Szene, aber in dieser tun sich junge Unternehmen der Chemiebranche schwer. (Bild: SFIO CRACHO - stock.adobe.com)

Dr. Christian Rammer, Wissenschaftler im ZEW-Forschungsbereich „Innovationsökonomik und Unternehmensdynamik“ und Autor der Studie, sieht den Grund in den Besonderheiten der Branche: „Chemie-Start-ups haben lange Investitionsphasen von fünf bis zehn Jahren, die Investitionsmittel von häufig mehr als einer Million Euro je Start-up sind zudem höher als in anderen Branchen. Hinzu kommen begrenzte Exit-Optionen sowie Zielmärkte, auf denen bereits oft Unternehmen tätig sind und die somit meist nur beschränkte kurzfristige Wachstumsperspektiven bieten.“

Welche Branchen erhalten das meiste Wagniskapital?

Doch wohin fließt das Wagniskapital, wenn nicht in Chemie-Start-ups? Mit 53 % fließt über die Hälfte in Start-ups aus dem IT-Bereich, der zweitgrößte Anteil geht mit etwa 14 % in die Biotechnologie- und Gesundheitsbranche. Sowohl IT- als auch Biotechnologie-Start-ups haben im Gegensatz zu den Chemieunternehmen geringere Investitionskosten. Um Prototypen oder Laboranwendungen auch in großem Umfang produzieren zu können, brauchen Chemie-Start-ups oft kostspielige technische Anlagen und qualifizierte Mitarbeitende. Hinzu kommen hohe regulatorische Anforderungen, wenn Anlagen und Produkte genehmigt werden sollen.

Gerd Romanowski, VCI-Geschäftsführer Wissenschaft, Technik und Umwelt, meint: „Auch Planungs- und Genehmigungsverfahren behindern die Arbeit junger Hightech-Firmen. Für jedes dritte Chemie-Start-up sind die Genehmigungsprozesse ein Hemmnis. Vor allem lange dauernde Verfahren und der hohe Verwaltungsaufwand für Anträge und Dokumentationen belasten die Chemie-Start-ups.“

Warum sollten Chemie-Start-ups vermehrt finanziert werden?

Für mehr als ein Drittel der Chemie-Start-ups sind ökologische Fragen zentral für ihr Geschäftsmodell. Darüber hinaus bietet knapp die Hälfte einzelne nachhaltige Produkte und Dienstleistungen an oder beschäftigt sich damit, welche zu implementieren. Jungunternehmen können vor dem Hintergrund der Finanzknappheit ihr Wachstumspotenzial nicht voll ausschöpfen. Das wäre aber laut der ZWE-Studie notwendig, um die hohe Nachfrage nach klimafreundlichen Lösungen zu bedienen.

Wie kann die Finanzierung von Chemie-Start-ups verbessert werden?

Die Studie im Auftrag des VCI zeigt mehrere Lösungsmöglichkeiten für den Finanzierungsengpass junger Chemieunternehmen auf. Die Start-up-Strategie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz müsse bei den staatlichen VC-Finanzierungsinstrumenten berücksichtigen, dass sich Chemie-Start-ups in anspruchsvolleren Ausgangssituationen befinden. Für Anschubfinanzierer sind sie deshalb häufig unattraktiv. Christian Remmer findet: „Aber erfolgreicher Klimaschutz muss auch durch langfristige Investitionen in Märkte mit Wachstumsperspektiven forciert werden.“ Gerd Romanowski ergänzt, dass die aufwendigen Zulassungs- und Genehmigungsverfahren so weit wie möglich abgebaut werden müssten.

Wie viele Chemie-Start-ups gibt es in Deutschland?

Im Moment haben sich rund 350 junge Unternehmen in Deutschland angesiedelt, die auf Basis von chemischem Wissen und chemischen Technologien Produkte und Dienstleistungen anbieten. Pro Jahr werden in Deutschland zwischen 25 und 30 neue Chemie-Start-ups gegründet.

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