Palettenfüll­roboter

Der Palettenfüll­roboter wurde in einer Spezialausführung geliefert. (Bild: Feige Filling)

  • Im Chemielogistik-Zentrum von RSA-Talke in Dubai werden gefährliche flüssige Chemikalien abgefüllt und kommissioniert.
  • Für hohe Sicherheit bei gleichzeitig großer Effizienz sorgt neuerdings ein maßgeschneiderter Abfüllroboter.
  • Sowohl die Spezialausführung als auch die Corona-Pandemie stellten die Unternehmen vor große Herausforderungen.
Paletten in der geschlossenen Füllkabine
Sicheres und sauberes Befüllen von kritischen Produkten und Verschließen von Stahlfässern auf Paletten in der geschlossenen Füllkabine.

In der Jebel Ali Free Zone in Dubai betreibt das Joint-Venture RSA-Talke ein großes Chemielogistik-Zentrum, in dem flüssige chemische Gefahrenstoffe kommissioniert und für den Endkunden abgefüllt werden: Produkte wie Methylendiphenylisocyanat (MDI), Toluoldiisocyanat (TDI) sowie diverse andere Chemikalien mit unterschiedlichen Eigenschaften. Im Mittelpunkt stehen dabei sowohl eine hohe Sicherheit als auch Effizienz.

Um das Angebot weiterzuentwickeln und zu verbessern, hat das Unternehmen nun in noch höhere Sicherheitsstandards investiert. Dabei entschied man sich für eine Lösung eines Anbieters, den der Joint-Venture-Partner Talke schon aus vorherigen Projekten kannte: Feige Filling. Mit dem vollautomatischen, komplett gekapselten Abfüllroboter Integra 71 ist das Abfüllen chemischer Gefahrengüter in kleinere Gebinde nun noch risikoärmer.

Auch in Sachen Effizienz lohnt sich die Automatisierung: Am Logistik-Standort in Dubai ist neben dem neuen Abfüllroboter bereits eine halbautomatische Paletten-Abfüllanlage desselben Herstellers in Betrieb. Jetzt können bis zu 110.000 t/a hochgefährliche flüssige Chemikalien verarbeitet und damit an einem Standort angenommen, abgefüllt und gelagert werden. Auch das Reinigen der leeren Tankcontainer oder Straßentankwagen und der Ausrüstung geschieht vor Ort, damit alles für den nächsten Auftrag bereitsteht und Ausfallzeiten so gering wie möglich bleiben. „Das System vervollständigt unsere integrierte Lösung an unserem Standort in der Jebel Ali Free Zone“, betont Markus Koepsel, General Manager von RSA-Talke.

Spezialausführung für besondere Anforderungen

Die Ingenieure des Anlagenbauers aus Bad Oldesloe haben nach Dubai in enger Abstimmung mit dem Anwender eine Spezialausführung des Abfüllroboters geliefert, die genau auf die Anforderungen vor Ort zugeschnitten ist. Diese haben das Projekt besonders knifflig gemacht: Die Ausstattung ist sehr viel umfangreicher als bei anderen Maschinen dieses Typs. Der Abfüllroboter kann ganz verschiedene Chemikalien, auch besonders aggressive oder brennbare Stoffe, in unterschiedliche Gebinde wie Kunststoff- und Stahlfässer sowie IBC füllen.

Die Anlage in Edelstahlausführung ist extra für den Einsatz im explosionsgefährdeten Bereich der Atex-Zone 1 konzipiert. Sie ist vollständig gekapselt und mit automatischen Hubtoren sowie einer Absaugung ausgestattet: So ist auch der Umgang mit Produkten, die gefährliche Gase entwickeln, vollkommen sicher. Außerdem schützt die geschlossene Einhausung die Kernmaschine vor Schäden, auch vor möglicherweise eindringenden Sand bei geöffneten Hallentoren. „Ich kann mich nicht erinnern, jemals zuvor eine derartige Vielzahl von Funktionen in einer Maschine kombiniert zu haben“, berichtet Feige-Projektmanager Martin Rose.

So funktioniert der vollautomatische Abfüllprozess

Maschine und Zubehör
Maschine und Zubehör – gut 18 t brutto – wurden in insgesamt sieben Kisten von Bad Oldesloe nach Dubai gebracht.

Vom Leeren bis zum Befüllten und verschlossenen Gebinde läuft der Abfüllprozess mit dem Abfüllroboter komplett automatisch: Die Paletten mit leeren Gebinden fahren über ein Fördersystem zur Waage, wobei das System die Höhe je nach Gebinde automatisch einstellt. Ein hochauflösendes Kamerasystem scannt die Oberfläche und erkennt automatisch die Einfüllöffnungen. Zugleich überprüft das System die Lage der Öffnungen auf Plausibilität. Dann werden Stickstoffvorfüllung, Fülleinheit, Schrauber und Siegelkappen-Clincher entsprechend positioniert. Sollten sich die Einfüllöffnungen während des Füllvorgangs verschieben, justiert das System automatisch nach.

Nun werden die Gebinde automatisch mit einem IBC- bzw. Servo-Fass-Schraubsystem mit integrierter Einschraubüberwachung geöffnet und das Abfüllen kann beginnen. Für ein sicheres Befüllen sorgen neben der Inertisierung und der überwachten Gebinde-Erdung auch eine Spundlochabsaugung, die eventuelle Füllgase sicher entfernt, sowie eine Tropfenfangeinrichtung. Beides ist in einer Edelstahl-Schutzkabine mit Auffangwanne untergebracht, die über eine Überfüllsicherung verfügt. Wechselfüllventile erlauben eine sortenreine Abfüllung. Zudem ist die Anlage mit einer produktspezifischen Füllventilcodierung zum kontaminationsfreien Abfüllen ausgestattet. Komplettiert wird das System durch eine Protokollierung von Produkt- und Prozessdaten mit automatischer Barcodeerkennung.

Nach dem Befüllen werden die Gebinde automatisch wieder verschlossen und auf Wunsch verclincht. Steuerung und Bedienung der Maschine erfolgen bequem über ein Touchpanel mit integrierter Waagenanzeige in einem Edelstahlschrank am Füllroboter. Von Tara- und Durchflusskontrolle bis zu Dosierzeitüberwachung hat der Bediener alles im Blick.

Corona zwang die Techniker ins „Homeoffice“

Feige Filling
Sobald das Reisen möglich war, konnte ein erfahrener Techniker aus Deutschland die Inbetriebnahme vor Ort begleiten. (Bild: Feige Filling)

Konstruktion und Bau des maßgeschneiderten Roboters waren jedoch nicht die einzigen Herausforderungen. Im nächsten Schritt galt es, den kleinen Koloss nach Dubai zu verschiffen. Maschine und Zubehör wurden in sieben Kisten verstaut – insgesamt gut 18 t brutto brachten sie auf die Waage. In Containern verladen, startete die Fracht dann vom nahe gelegenen Hamburger Hafen Richtung Dubai, um nach rund vier Wochen auf See am Zielort anzukommen.

Den Aufbau der Anlage in der Jebel Ali Free Zone hat Feige Filling zusammen mit anderen Schwesterunternehmen innerhalb der Unternehmensgruppe Haver & Boecker realisiert. Während die Schwesterfirma Sommer für die Lieferung von Pumpen, Rohrleitungssystemen und Ventilen zur Tankwagenentleerung und Abfüllung zuständig war, hat Haver & Boecker Middle East Montage und Inbetriebnahme der Anlage vor Ort in die Hand genommen: Corona-bedingt war der Einsatz der Techniker aus Bad Oldesloe zunächst nicht möglich – sie mussten die Arbeiten aus der Heimat, sozusagen aus dem deutschen „Homeoffice“, unterstützen. Da die Kollegen vor Ort also wenig Erfahrung mit dem Maschinentyp hatten, tauschten sie sich fast täglich per Remote Service oder Telefon mit Deutschland aus. Sobald das Reisen wieder möglich war, ist ein erfahrener Techniker aus Deutschland nach Dubai gereist, um vor Ort die Montage und Inbetriebnahme zu begleiten.

Gelohnt hat sich für das Joint-Venture RSA-Talke die Investition auch deshalb, da sie die ersten und bisher einzigen sind, die diese neue Technologie in der Region anbieten können. So betont denn auch Vorstandsmitglied Alex Herreboudt: „Diese neu hinzugekommene Möglichkeit, flüssige Chemikalien als Bulkware zu versenden und dann in verpackte Ware umzuladen, bietet unseren globalen Kunden neue Möglichkeiten, Dubai als strategischen Hub in der Region zu nutzen.“

Sie möchten gerne weiterlesen?