Faire Wettbewerbsbedingungen und bezahlbare Energie

EU-Kommission legt Aktionsplan für Chemieindustrie vor

Die Europäische Kommission will den Chemiesektor wettbewerbsfähiger machen. Dazu hat sie einen Aktionsplan vorgelegt, der Maßnahmen zum Senken der Energie- und Rohstoffkosten sowie steuerliche Anreize zum Fördern der Dekarbonisierung enthält.

Europafahne
Die europäische Chemieindustrie hat viel über hohe Energiekosten in Europa geklagt – wurde sie nun von der EU-Kommission erhört?

Mit ihrem Aktionsplan für die chemische Industrie will die Europäische Kommission für faire Wettbewerbsbedingungen, bezahlbare Energie und Nachhaltigkeit sorgen. Dazu gehört auch, die wichtigsten EU-Rechtsvorschriften für Chemikalien weiter zu straffen und zu vereinfachen. Dafür hat die Kommission ein Vereinfachungs-Omnibuspaket angenommen, das den Verwaltungsaufwand und die Kosten für die chemische Industrie verringern und gleichzeitig Gesundheit und Umwelt schützen soll.

Was ist eine Omnibuspaket?

Mit einem Omnibusverfahren ist ein Initiative gemeint, die parallel an mehreren Gesetzen gleichzeitig Änderungen vornehmen soll. Ziel davon ist auch, mögliche sich überlappende Berichtspflichten durch verschiedene Regelwerke aufzudecken.

Im Aktionsplan sind folgende Maßnahmen festgelegt:

  • Vereinfachungs-Omnibuspaket: Es umfasst die Überarbeitung der Kennzeichnungsvorschriften für gefährliche Chemikalien, eine klarere Formulierung der EU-Vorgaben für Kosmetikprodukte sowie eine erleichterte Registrierung von EU-Düngemitteln. Letzteres soll gelingen, indem die Informationsanforderungen stärker an die Standardvorgaben der REACH-Verordnung angepasst werden. Durch diese Maßnahmen erwartet die Kommission eine jährliche Entlastung der Industrie in Höhe von mindestens 363 Mio. Euro.
  • Resilienz und gleiche Wettbewerbsbedingungen: Um die Versorgung mit wichtigen chemischen Stoffen zu sichern und faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, will die Kommission gemeinsam mit den Mitgliedstaaten und relevanten Akteuren eine Allianz für kritische Chemikalien gründen. Diese Initiative soll gefährdete Produktionsstandorte identifizieren, politische Unterstützung bündeln und sich mit Herausforderungen entlang der Lieferketten befassen. Dazu zählen etwa Handelsabhängigkeiten oder Marktverzerrungen. Auch Schutzmaßnahmen im internationalen Handel sollen rasch ergriffen werden. Das Überwachen der Chemikalienimporte durch eine bestehende Taskforce wird ausgeweitet, während gleichzeitig Investitionsprioritäten abgestimmt und EU-weite (IPCEI) sowie nationale Förderprojekte koordiniert werden.
  • Bezahlbare Energie und Dekarbonisierung: Hierzu wurden bereits Vorschriften für kohlenstoffarmen Wasserstoff veröffentlicht. Zudem will die Kommission bis Jahresende die Beihilferegeln überarbeiten, um die Stromkosten für chemische Unternehmen zu senken. Ergänzend fördert sie den Einsatz alternativer Kohlenstoffquellen wie CO2-Abscheidung, Biomasse oder Abfallstoffe. Auch die Nutzung erneuerbarer Energien wird weiter ausgebaut. Um das chemische Recycling weiterzuentwickeln, hat die Kommission eine öffentliche Konsultation gestartet.
  • Leitmärkte und Innovation: Steuerliche Anreize sowie regulatorische Maßnahmen sollen die Nachfrage nach sauberen, nachhaltigen Chemikalien erhöhen. Ein geplantes Gesetz zur schnelleren Dekarbonisierung der Industrie wird Anforderungen zur Produktnachhaltigkeit und Herkunft definieren, um Investitionen in saubere Technologien zu erleichtern. Die kommende Bioökonomie-Strategie sowie ein neues Kreislaufwirtschaftsgesetz sollen dabei helfen, Ressourcen effizienter zu nutzen und das Recycling chemischer Stoffe zu verbessern. Zugleich will die Kommission europäische Innovations- und Substitutionszentren einrichten und EU-Forschungsmittel aus dem Programm „Horizont Europa“ gezielt für sichere chemische Alternativen einsetzen.
  • Maßnahmen gegen per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS): Im Bereich der PFAS bekräftigt der Aktionsplan das Ziel, deren Emissionen durch wissenschaftlich fundierte und strenge Beschränkungen deutlich zu reduzieren. Gleichzeitig soll ein weiteres Verwenden in kritischen Anwendungen erlaubt bleiben, wenn keine Ersatzstoffe verfügbar sind und strenge Bedingungen eingehalten werden. Konkrete Vorschläge hierzu sollen zeitnah nach der Stellungnahme der ECHA folgen. Darüber hinaus plant die Kommission Investitionen in die Förderung von Sanierungsmaßnahmen nach dem Verursacherprinzip sowie die beschleunigte Entwicklung sicherer Alternativen.

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(Bild: Corona Borealis – stock.adobe.com)

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VCI meint, der Anfang ist gemacht

Für den Verband der Chemischen Industrie (VCI) markiert der Aktionsplan der EU-Kommission nicht nur einen politischen Wendepunkt, sondern enthält zugleich konkrete Maßnahmen, um die Branche zu entlasten und zu stärken. VCI-Präsident Markus Steilemann erklärt: „Der Aktionsplan macht deutlich: Die chemische Industrie ist unverzichtbar für Europas industrielle Zukunft. Ohne Chemie gibt es keine Resilienz, keine Energiewende und keine nachhaltige Wertschöpfung.“ Gleichzeitig offenbart der Plan, wie groß die politischen Versäumnisse der Vergangenheit waren. „Jahrelang wurden dem Sektor regulatorische Knüppel zwischen die Beine geworfen. Der Omnibus räumt nun erste Probleme aus dem Weg. Der Anfang ist gemacht“, findet Steilemann.

Ein Beispiel: die vorgesehene Rücknahme der jüngst geänderten Vorgaben zur Schriftgröße auf Verpackungen, die sonst Hunderte Millionen Euro an unnötigen Mehrkosten verursacht hätte. Der VCI fordert, dass in einem nächsten Schritt Gesetze zu Genehmigungsverfahren, zum Emissionshandel oder zur Abwasserregulierung rasch und entschlossen angepasst werden.

„Angesichts der geopolitischen Herausforderungen ist die Stärkung des Wirtschaftsstandorts das Gebot der Stunde. Deshalb darf dieser Aktionsplan kein Intermezzo bleiben. Die kommenden Monate entscheiden, ob aus dem Auftakt ein kraftvoller Reformpfad wird. Der VCI hat über 50 konkrete Vorschläge für Bürokratieabbau und Investitionserleichterungen eingebracht. Wir engagieren uns mit ganzer Kraft, damit der Aufbruch nicht im Klein-Klein versandet“, betont Markus Steilemann.

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